Die Anwälte streiten weiter
Nach dem Tod von Heribert Fastenmeier werfen sich dessen Verteidiger und das Krankenhaus gegenseitig falsche Informationen und Interpretationen vor. Endgültige Antworten wird es wohl aber nicht mehr geben
Ingolstadt Die Gerichte werden nicht mehr klären können, was genau dran ist an den Vorwürfen gegen den wegen Untreue, Vorteilsannahme und Bestechlichkeit angeklagten ehemaligen Klinikums-Chef Heribert Fastenmeier. Nach seinem Suizid in der Untersuchungshaft in Gablingen wird es keinen Strafprozess gegen ihn geben.
Drei Wochen sind seit dem Tod des 63-Jährigen vergangen und seitdem konfrontieren sich sein Verteidiger André Szesny sowie die Anwälte des Klinikums gegenseitig mit Vorwürfen. Dabei geht es weniger um die Anschuldigungen gegen Fastenmeier in der sogenannten Klinikumsaffäre, sondern vor allem um die Umstände von Fastenmeiers achtmonatiger Untersuchungshaft und um die Umstände eines sogenannten dinglichen Arrests. Damit waren Konten Fastenmeiers kurz vor Weihnachten eingefroren worden. Vorsorglich, wie es heißt. Damit der inhaftierte Fastenmeier keine größeren Geldsummen mehr hätte beiseiteschaffen können, wie das Klinikum befürchtet hatte.
Szesny kritisiert nicht nur den Zeitpunkt, zu dem Fastenmeier davon erfahren hat (vier Tage vor Weihnachten), er wirft dem Klinikum auch vor, „dass die Anwälte Herrn Fastenmeiers bewusst außen vor gelassen werden sollten“, da sie keine Kopie des Schreibens erhalten hätten. Szesny argumentiert, er als für den dinglichen Arrest nicht zuständiger Strafverteidiger habe bei einem nur zufälligen Gefängnisbesuch zwei Tage vor Weihnachten von dem Erlass erfahren. Und von diesem Besuch habe man im Klinikum nichts gewusst und erst später erfahren. Zudem sei er allein im Gefängnis gewesen und nicht „Anwälte“, wie das Klinikum schreibt. Das wiederum argumentiert im Kern: Die für den dinglichen Arrest zuständigen Anwälte Fastenmeiers hätten keine generelle Vollmacht gehabt, Schreiben ihres Mandaten entgegenzunehmen. Und nach Zustellung an Fastenmeier hätten sie ja noch am 22. Dezember eine Kopie anfordern können.
Zum Hintergrund: Der Aufsichtsrat des Klinikums, dessen Vorsitzender Oberbürgermeister Christian Lösel ist, hatte Ende November mit einem einstimmigen Beschluss der Geschäftsführung des Krankenhauses ermöglicht, beim Landgericht einen dinglichen Arrest zu beantragen. Wie die Anwälte des Klinikums in einem Gespräch Anfang Januar erklärten, gab es Befürchtungen, Fastenmeier könnte eine größere Summe Geld beiseiteschaffen. Schließlich stand zum 1. Januar die Auszahlung einer Altersvorsorge an. Diese Angelegenheit solle er laut Klinikum bei einem Besuch seines Finanzberaters im Gefängnis besprochen haben. Die Befürchtungen der Geschäftsführung seien dadurch gewachsen, dass Fastenmeier angeblich Immobilien an seine Söhne übertragen haben soll, als bereits gegen ihn ermittelt worden sei. Deshalb sei schnelles Handeln nötig gewesen – trotz des Wissens, dass Fastenmeier kurz Weihnachten von der Sperrung seiner Konten bis zu einer Höhe von 600 000 Euro erfahren würde. So lautet die Version des Krankenhauses. Mit dem Arrest wollte sich das Klinikum pflichtgemäß und vorsorglich für einen Rechtsstreit wappnen, bei dem es um finanzielle Forderungen ging. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll der Schaden, der dem Klinikum entstanden sein soll, bei einer einstelligen Millionensumme liegen. Die wollte sich das Krankenhaus zurückholen.
André Szesny stellt – nach (teilweise anonym gegenüber der Presse getätigten) Äußerungen von Aufsichtsratmitgliedern – nicht nur erneut infrage, ob der Aufsichtsrat genügend informiert wurde, um mit Sachkenntnis über das Einfrieren der Konten entscheiden zu können (was der Aufsichtsrat gestern vehement mit einer eigenen Erklärung zurückgewiesen hat). Szesny betont zudem erneut, eine Vermögensverschiebung sei nicht absehbar gewesen. Die Verkäufe der Wohnungen an seine Söhne habe zwar im April und Juni 2016 stattgefunden – einer Zeit, in der Fastenmeier von den Ermittlungen gegen ihn erfahren habe. Doch der Entschluss sei lange vorher – bereits Mitte 2015 – gefasst und notariell vorbereitet worden. In den eineinhalb Jahren danach habe der 63-Jährige laut Szesny kein Vermögen oder Immobilien übertragen, „obwohl er dies hätte tun können“. Laut Szesny hatte Fastenmeier vor, mit der Altersvorsorge Darlehen zu tilgen. Während das Klinikum davon spricht, „dass dieser Betrag dann nicht mehr zur Deckung der Ansprüche der Klinikum Ingolstadt GmbH zur Verfügung gestanden wäre“, bezeichnet Szesny diese Behauptung als „falsch“: „Das Klinikum hätte damit auf geringer oder gar nicht mehr belastete Immobilien zugreifen können.“Morgen befasst sich der Krankenhauszweckverband mit dem Thema, am Freitag ist eine Sondersitzung des Stadtrats angesetzt.