Elektronische Tafeln und fliegende Finger
Die 5a der Mädchenrealschule Maria Ward ist Teil eines Reformpädagogik-Testlaufs. Das Konzept des vernetzten Unterrichts kommt an, auch wenn die Arbeit dadurch nicht weniger wird
Neuburg „Wer möchte Wasser holen?“, fragt die Lehrerin, und schon melden sich fünf Schülerinnen der Klasse 5a der Maria-Ward-Schule. Immerhin muss man dafür bis ans Ende des Gangs laufen, denn im historischen Schulzimmer, in dem man eine schöne Aussicht auf die Altstadt hat und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm seine Spuren an der Decke hinterlassen hat, gibt es keinen Wasseranschluss. Dafür aber eine elektronische Tafel, die nicht nur den Vorteil hat, dass sie nicht geputzt werden muss, sondern auch: einen Anschluss ans Internet.
Im Unterricht von Marion Baierl fliegen die Finger oft in die Luft – nicht nur, weil heute jemand von der Zeitung da ist, sondern weil die Lehrerin nett und der Unterricht spannend sei, so die Kinder. Am Mittwochmorgen geht es um die Frage „Wann ist etwas ein Lebewesen und was braucht’s dazu?“Um das herauszufinden, hat die Lehrerin Kresse-Samen mitgebracht, die später in einen Plastikbecher mit Erde gesät werden. In der Raummitte breitet sie eine Decke dafür aus und am Ende räumen alle die wie selbstverständlich wieder auf.
Ein Porträt wird auf jeden Versuchsbecher aufgeklebt, damit jede weiß, um welches Lebewesen sie sich kümmern muss. Natürlich wissen die Schülerinnen, dass Licht und Wasser nötig sein werden, um am Ende Kresse ernten zu können. Baierl will es aber genauer wissen, und spornt den Forschergeist der Klasse an. Jede Schülerin muss auch zuhause eine Kresse-Versuchsreihe durchführen: mit und ohne Licht, mit und ohne Erde – und was den Schülerinnen sonst noch einfällt. Wächst Kresse auch mit Cola oder mit Salzwasser? „Über die Erkenntnisse wird am Ende ein Versuchsprotokoll angefertigt, aber wenn’s geht, ohne Rechtschreibfehler“, verlangt Baierl.
Nur die 5a der Mädchenrealschule Maria Ward wird in diesem Schuljahr nach den reformpädagogischen Leitlinien des „Marchtaler Plans“unterrichtet. Sechs Schwerpunkte sind über das Jahr verteilt geplant: Heimat, Zeit, Vergangenheit, Körper, Gott und Welt. Fächer wie Biologie, Chemie und Religion können dabei vernetzt unterrichtet werden. In den ThemenschwerÜberreste punkten kann jedes Fach enthalten sein, Mathe, Deutsch und Englisch sind jedoch davon nicht betroffen. Im vernetzten Unterricht gibt es immer einen gemeinsamen Morgenkreis und freie Stillarbeit, bei der jede Schülerin ihre Herangehensweise und ihr Tempo selbst bestimmt. Vorbereitete Aufgaben können individuell gelöst werden.
Vernetzter Unterricht heißt nicht nur mehr Freiheit, sondern auch: mehr Experimente, mehr Projekte, mehr Ausflüge. Beim Thema Heimat etwa besuchten die Schülerinnen ihre Heimatorte mit dem Bus. Vier Monate nach der Einführung fällt das Feedback positiv aus. „Ich bin begeistert davon“, sagt Marion Baierl. Sie und ihr Kollege Christian Sänger haben sich für die neue Unterrichtsform entschieden und eine einjährige Zusatzausbildung „Reformpädagogik“an der Uni Eichstätt gemacht. Der Versuchsbetrieb soll erst einmal in den Klassen fünf und sechs durchgeführt werden, dann „schau’n wir mal, wie es weitergeht“sagt Rektor Heribert Kaiser.