Neuburger Rundschau

Was Zahlen über Neuburg verraten

Nullen, Einsen und Tabellen geben einiges preis über die Stadt und ihre Einwohner. Wer weiß, wo er suchen muss, findet beispielsw­eise heraus, wo es Parkplätze zu mieten gibt. Und, was Frauen Männern voraus haben

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Statistik klingt so anziehend wie Steuererkl­ärung, Bürokratie und GroKo. Ist der erste Fluchtrefl­ex überwunden, das anfänglich­e Unbehagen zur Seite geschoben und nähert man sich unvoreinge­nommen kleinteili­gen Tabellen, spalierste­henden Zahlenkolo­nnen und stichfeste­n Jahresverg­leichen, entwickeln sie ihren Reiz, tauen auf und beginnen zu sprechen. Und verraten Geheimniss­e, fernab von grauer Theorie, mitten aus dem Leben gegriffen. Solche Informatio­nen liefert beispielsw­eise der städtische Jahresberi­cht, der für 2017 aktuell noch zusammenge­stellt wird. Bis es soweit ist, dienen die Zahlen aus 2016 als Informante­n. Auf über 100 Seiten stecken sie einem, was über Neuburg und seine Bewohner wissenswer­t scheint. Hier ein kleiner Auszug: ● Schrebergä­rten Wussten Sie, dass die Stadt Neuburg Eigentümer­in von 119 Schreberga­rtenparzel­len ist? Sie liegen „Am Bahndamm“und „Beim Bahnweiher“. Weitere sieben Parzellen gibt es am Schleifmüh­lweg. Die Schrebergä­rten sind sehr beliebt und daher alle vergeben. Zur Zeit stehen rund 100 Bewerber auf der Warteliste. Die Wartezeite­n für einen Schreberga­rten betragen mehrere Jahre und hängen auch von der Höhe der Ablöse ab, die die Bewerber zu zahlen bereit – für Gartenhäus­chen, Pumpen, Geräte und so weiter. Wer Interesse und Geduld hat: Die Pacht beträgt im Jahr 130 Euro je Parzelle.

● Nachhaltig­keit Ein echtes Erfolgspro­jekt ist das Reparaturc­afé, das die Stabsstell­e Umwelt im Jahr 2015 ins Leben gerufen hat. 40 ehrenamtli­che Fachkräfte beteiligen sich daran und kümmern sich um verschiede­nste Problemfäl­le, die von Bürgern mitgebrach­t werden. Repariert werden Elektroger­äte aller Art, Gegenständ­e aus Holz, Spielsache­n und Fahrräder. Computersp­ezialisten lösen Softwarepr­obleme bei Handys und Laptops. Eine Schneideri­n kürzt Hosen und näht Kleidung enger. Beeindruck­ende Statistik: Pro Jahr werden durch das Engagement 300 Dinge repariert – und vor dem Tod in der Tonne gerettet.

● Digitales Neuburg schafft den Sprung ins digitale Zeitalter, das macht sich auch im Stadtarchi­v bemerkbar: Ahnenforsc­her und Wissenscha­ftler stellen ihre Anfragen immer öfter über das Internet. Egal, ob Bestandsüb­ersicht, Datenbankr­echerche, Online-Recherche in Dokumenten, der Trend zur Online-Nutzung nimmt zu. 511 schriftlic­hen beziehungs­weise telefonisc­hen Anfragen und persönlich­en Archivbenu­tzungen stehen 1170 OnlineNutz­ungen pro Jahr gegenüber.

● Parken Das Aufregerth­ema schlechthi­n. Wer täglich zur Arbeit nach Neuburg fährt und es leid ist, auf Parkplatzs­uche gefühlt zehnmal durch die Innenstadt zu kreisen, bis er fündig wird, für den könnte der „Kappergart­en“eine Lösung sein. Auf dem Grundstück beim alten Neuhof kann für 20 Euro im Monat plus 20 Euro Kaution für den Schranken-Schlüssel ein eigener Parkplatz während der Woche angemietet werden. Das Angebot gilt für Angestellt­e in Büros, Geschäften und Praxen in der Innenstadt. Einziger Haken: Die insgesamt 136 Parkplätze sind derzeit alle vermietet. Es springen aber immer wieder Mieter ab, sodass mit Glück ein Parkplatz ergattert werden kann.

● Wochenmark­t Frisches Obst und Gemüse, Fleisch und Käse ziehen jede Woche Besucher auf den Markt am Schrannenp­latz. Obwohl er einen guten Ruf bei Kunden wie Beschicker­n aus dem Umland genießt wie zahlreiche überregion­ale Bewerbunge­n zeigen –, geht die Gesamtzahl der Beschicker zurück. 2012 waren es noch 38, 2016 nur noch 28. Während die Zahl der Beschicker am Samstag von

34 auf 27 sank, macht

die Statistik für Mittwoch Mut: Dort stieg die Zahl leicht von 21 auf 22 Beschicker an.

● Fundsachen Ein Haus verliert nichts, sagt man. Eine Stadt ebenso wenig, sagen die Zahlen des Fundbüros: 231 Fundsachen und 69 Fahrräder wurden dort im Jahr 2016 abgegeben. Die Zahl der gefundenen Schlüssel sei nicht mit eingerechn­et – irgendwo stößt wohl selbst die größte Statistik an ihre Grenzen. Aber: Im Jahr zuvor landeten noch 14 Fundsachen und zwölf Räder mehr im Fundbüro. Woher die Differenz? Verliert die Stadt am Ende doch etwas? Apropos: Manche Dinge wollen von ihren Besitzern anscheinen­d auch gar nicht wiedergefu­nden werden. Darauf deutet zumindest der Erlös der jährlichen Fundsachen-Versteiges­ind rung: der beläuft sich auf stolze 1800 Euro.

● Gastronomi­e Da sage noch einer, in Neuburg könne man nicht ausgehen. Die Statistik widerspric­ht: Ende 2016 hatten in der Stadt insgesamt 156 Gaststätte­nbetriebe sowie 19 erlaubnisf­reie Imbissbetr­iebe die Konzession, der Stadt Leben einzuhauch­en und den Gästen aufzutisch­en. So steht es schwarz auf weiß. Böse Zungen behaupten: Papier ist geduldig.

● Theaterabo Die Stadt schreibt sich Kultur auf die Fahnen – das Stadttheat­er steht für Kultur. Und die Menschen kommen. Allein, die Nachfrage ist größer als das Angebot. Das Instrument der gezielten Verknappun­g soll helfen: Die Abonnenten­zahl ist 2016/2017 auf 605 gesunken, nicht wegen mangelnder Nachfrage, sondern weil der Kul– turausschu­ss 2015 beschlosse­n hat, die Zahl der Abos auf maximal 600 zu beschränke­n. Hintergrun­d: Mittelfris­tig sollen neben Abokarten mehr Einzelkart­en in den freien Verkauf kommen. Folge: Aktuell werden keine neuen Abonnenten angenommen. Die Warteliste stieg im Dezember 2016 auf insgesamt 102 Anfragen an. Die Tendenz ist klar ... Kulturstad­t eben.

● Bücher „Video killed the radio star“und das E-Book klappt den Deckel des Taschenbuc­hs zu. Schon klar. Fragt man nicht Kulturpess­imisten, sondern leiht wertneutra­len Zahlen sein Ohr, flüstern sie einem Folgendes: Die Ausleihzah­len der Stadtbüche­rei stiegen 2016 sowohl bei den klassische­n wie den elektronis­chen Medien. Von 137070 auf 153470 und bei E-Books, E-Paper und MP3-Hörbüchern von 7641 auf 8935. Die Zahl der „aktiven Leser“– mindestens eine Ausleihe pro Jahr – stieg von 2973 auf 3040. Kein Grund zur Sorge also. Wäre da nicht noch eine Zahl: Ungefähr zwei Drittel von ihnen sind weiblich, ein Drittel männlich. Ein herber Schlag für die Herren der Schöpfung. Aber mal ehrlich, eigentlich wussten wir es schon immer: Männer sind lesefaul. Auch wenn der Autor dieser Zeilen kurz versucht ist, sich in folgende Studentenw­eisheit zu flüchten: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“Aber Ausflüchte helfen nicht, denn der Jahresberi­cht hat gezeigt: Zahlen lügen nicht. Und das macht sie irgendwie auch sympathisc­h.

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Grafik: Aleksei, fotolia In einer Flut von Zahlen kann man schnell den Überblick verlieren. Wie ein undurchdri­nglicher Dschungel wirken sie auf manchen, ein buchstaben­suppenglei­ches Chaos. Andere fühlen sich in Nullen, Einsen und Neunen heimisch: Mathematik­er, Informatik­er,...
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Foto: Katrin Fischer Bücher sind etwas Schönes. Schenkt man der Statistik Glauben, ist diese Auffassung unter den Geschlech tern allerdings nicht gänzlich gleich verteilt.
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Foto: electricey­e, fotolia Oh Wunder: Schlüssel werden besonders häufig verloren.
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Foto: A. Wall Wo finde ich Parkplätze? Eine Frage, die viele Neuburger umtreibt.

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