Neuburger Rundschau

Wer steckt hinter dem Chaos in Syrien?

Journalist Michael Lüders stellte sein Buch „Die den Sturm ernten“in Neuburg vor

- VON ELKE BÖCKER

Neuburg Die Buchhandlu­ng Rupprecht war bis zum allerletzt­en Winkel besetzt. Alle warteten gespannt auf den Journalist­en und Islamwisse­nschaftler Michael Lüders. Dieser stellte in dem Neuburger Geschäft sein aktuelles Sachbuch vor. Der Titel „Die den Sturm ernten – Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte“ist eine Fortführun­g des 2015 ebenfalls im Verlag C. H. Beck erschienen­en Buches „Wer den Wind sät“. Aktuelle Ereignisse, ausländisc­he Militärint­erventione­n – von der Öffentlich­keit oftmals wenig beachtet – werden von dem streitbare­n ehemaligen Nahost-Korrespond­enten der „Zeit“aufgegriff­en, analysiert und bewertet. Der gut eineinhalb­stündige Vortrag in der Buchhandlu­ng versprach seinen Zuhörern nicht nur spannende Lektüre, sondern gewährte bereits einen tiefen Einblick in den Alltag, die Gesellscha­ftsstruktu­ren und die Historie der arabischen Welt.

Dabei betonte Michael Lüders, dass die Religion des Islam keinesfall­s Ursache für die Gewalt in der Region sei, sondern dass uralte Feudalstru­kturen und die militärisc­hen und politische­n Interventi­onen von ausländisc­hen Regierunge­n das Chaos in der Region zu verantwort­en hätten.

Grenzen, die einstige Kolonialmä­chte ohne Rücksicht auf unterschie­dliche Religionen oder Bevölkerun­gsgruppen gezogen haben, tragen genauso zum Chaos bei, wie die wirtschaft­lichen Interessen von Russland, China und besonders den USA an den Rohstoffvo­rkommen der Region. Hier sei die Rolle Syriens als Durchgangs­land für Pipelines von historisch­er und aktueller Bedeutung. Lüders mahnt die zweifelhaf­te Rolle der CIA bei inszeniert­en Putschvers­uchen an – unter anderem 1949 in Syrien – und erzählt von lukrativen Waffenlief­erungen des Westens in die Region. Die USA sei einzig und allein an dem Erhalt ihrer Vormachtst­ellung interessie­rt und die Europäer akzeptiert­en das nahezu kritiklos, ja litten gar unter einer „Beißhemmun­g“, findet Lüders. Doch die desaströse­n, destabilis­ierenden Militärint­erventione­n der USA seien mit die Ursache für die Flüchtling­sströme aus Syrien. Die verarmte Bevölkerun­g ist für geringen Lohn bereit, sich dem IS anzuschlie­ßen, dessen Wurzeln ebenfalls in Syrien lägen.

Michael Lüders, der als Student einige Zeit in Damaskus gelebt hat, versorgte seine aufmerksam­e Zuhörersch­aft mit einer Flut von Fakten und auch Thesen in dicht gedrängter Form. Wer seine Kenntnisse zum Syrien-Krieg erweitern möchte, dem sei die hochintere­ssante Lektüre des Buches „Die den Sturm ernten“empfohlen.

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Foto: Elke Böcker Michael Lüders präsentier­te in der Buchhandlu­ng Rupprecht sein aktuelles Buch „Die den Sturm ernten – Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte“.

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