Vom Brandstifter zum Beinahe Mörder?
Ein älteres Ehepaar hat offenbar Rattengift gegessen. Der Sohn des Paares macht sich schon bald verdächtig, streitet aber alles ab. Erklären kann er sich das Drama aber auch nicht
Ingolstadt Was hat der Angeklagte, ein Landwirt aus dem Kreis Eichstätt, tatsächlich damit zu tun, dass drei Menschen fast gestorben wären?
Nichts, wie er selbst sagt. Oder doch jede Menge, wovon Staatsanwältin Sandra von Dahl ausgeht. Seine ehemalige Lebensgefährtin, damals 49 Jahre alt, und seine Eltern wären fast innerlich verblutet, die Ursache für die schweren Erkrankungen war vermutlich Rattengift. Doch die Aussagen der wichtigsten Zeugen – der drei mutmaßlichen Opfer – gab es erst gar nicht oder sie fand hinter verschlossenen Türen statt. Die Eltern hatten noch am ersten Verhandlungstag von ihrem Zeugnisverweigerungsgericht Gebrauch gemacht. Gestern nun wurde die ehemalige Lebensgefährtin vernommen, allerdings ohne Zuschau- er. Denn es ging zu sehr in die Intimsphäre der Frau, um ihre Beziehung zum Angeklagten und auch um ihre schwere Erkrankung und die gravierende Operation, die sie über sich ergehen lassen musste.
Jedoch hatte eine Ärztin, die die Frau im Mai 2015 behandelt hatte, berichtet, dass bei ihr damals bereits die Vermutung, es könnte Rattengift im Spiel sein, aufgekommen sei. Zwar sei die Situation der Frau, die zunächst mit dem Verdacht auf einen Harnwegsinfekt ins Krankenhaus gekommen war, nicht akut lebensbedrohlich gewesen und mit der Gabe von Vitamin K hätte sich ihr Zustand schnell verbessert. Doch wäre die Frau gestürzt, hätte sie sich eine blutende Wunde zugezogen, dann hätte die Situation schnell dramatisch werden können. Kurz nach der Behandlung in der Klinik musste die Frau noch eine schwere Operation im Bauchraum über sich ergehen lassen, als Spätfolge der Vergiftung.
Der Angeklagte streitet einen Anschlag auf die Frau ab. Was habe er auch für ein Motiv haben sollen, ließ er über seine Verteidigerin Alexandra Gutmeyr fragen. Für eine mögliche Giftattacke auf seine Eltern eineinhalb Jahre später hat die Staatsanwaltschaft aber ein Motiv ausgemacht: Habgier. Der Mann habe sich die gesamte Hofstelle sichern wollen und große Pläne gehabt. Von einem Altenheim, einem Fitnessstudio oder auch Wohnungen auf dem Grundstück war die Rede. Der 53-Jährige jedoch hat gleich zu Prozessbeginn versucht, den Verdacht auf seine Schwester zu lenken. Immerhin sei sie oft zu Besuch bei den Eltern gewesen und habe hin und wieder auch „Snacks“mitgebracht.
Als die Eltern im Krankenhaus lagen und ein Polizist den 53-Jährigen vernommen hatte, sprach der von einem „guten Verhältnis“zu den Eltern. Streitigkeiten habe es nicht gegeben. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, könne er sich nicht erklären. Allerdings kam es dem Polizisten seltsam vor, dass der Mann zunächst bestritten hatte, einen Schlüssel für das benachbarte Haus der Eltern zu besitzen – genau ein solcher war dann aber aufgetaucht. Der Mann habe dann „komisch reagiert“, so der Polizist. Für den Beamten war der Landwirt kein Unbekannter. 2013 gab es ein Feuer in dem Haus, das der Mann damals noch nicht bewohnt hatte. Es war schnell klar, dass der Brand vorsätzlich gelegt worden war. Schon bald tauchte der Landwirt bei der Polizei auf und gestand die Tat. Als Motiv nannte er, dass er mit dem Gebäude überfordert gewesen sei. „Ich wollte das Haus weghaben“, soll er damals gesagt haben.