Neuburger Rundschau

Er recherchie­rt mit zwei Bodyguards

Der Journalist Hajo Seppelt taucht für seine Geschichte­n über Doping tief in die Schattenwe­lt des Sports ein. Warum er selbst zur Zielscheib­e geworden ist

- Rossija 1

Es ist sein Beruf, sich mit den Mächtigen anzulegen. Der Journalist Hajo Seppelt recherchie­rt in der Schattenwe­lt des Sports. Dort, wo Athleten, Ärzte, Funktionär­e und Politiker Allianzen eingehen, von deren Existenz die Öffentlich­keit nichts wissen soll. Dort, wo Olympiasie­ge geplant werden, deren Zustandeko­mmen das Fachwissen jedes Apothekers übersteige­n würde. Seppelt hat sich im Laufe der Jahre viele Feinde gemacht. Vor allem seine Enthüllung­en über staatlich organisier­tes Doping in Russland haben ihn zur Zielscheib­e gemacht. Seit Jahren arbeiten sich hunderte Trolle an dem Journalist­en ab.

Er selbst nimmt das gelassen hin. Meistens. Nicht immer. Das zeigt eine Szene aus dem Sommer 2016. Seppelt gab einer Reporterin des russischen TV-Senders ein Interview. Schnell war deren Ziel klar: Sie wollte Seppelt provoziere­n – was ihr auch gelang. Unter anderem fragte sie ihn, ob er für seine Arbeit Schmiergel­d bekomme. Der Journalist warf das Fernsehtea­m nach lautstarke­r Diskussion einigermaß­en rabiat aus seinem Hotelzimme­r – was mit versteckte­r Kamera gefilmt und im russischen Fernsehen ausgestrah­lt wurde. Seppelt sagte später: „Ich finde es völlig in Ordnung, auszuraste­n. Es war vielleicht ein bisschen naiv von mir, nicht zu merken, dass das geheim auch noch weiter mitgefilmt worden ist. Das war der offenkundi­ge

Versuch, meine Arbeit zu diskrediti­eren.“Seppelts Gegner arbeiten mit vielen Tricks. Zum Beispiel mit gefälschte­n Dokumenten, um ihn und seine Kollegen der WDR-Dopingreda­ktion auf falsche Fährten zu locken und deren Glaubwürdi­gkeit zu untergrabe­n. Im internatio­nalen Spitzenspo­rt geht es um sehr viel Geld und Macht. Wer diese Geschäfte stört, muss manchmal sogar um sein Leben fürchten. „Es gibt genug Leute, die ein gewisses Aggression­spotenzial gegenüber meiner Arbeit konkret entwickelt haben, die vor allem aus dem russischsp­rachigen Raum kommen“, sagte der 55-jährige Seppelt am Rande der Olympische­n Sommerspie­le 2016 in Rio. Als er vor Ort recherchie­rte, hatte er stets zwei Bodyguards einer brasiliani­schen Spezialein­heit an seiner Seite.

Über den Privatmann Hajo Seppelt ist nichts bekannt. Vielleicht, weil er seine Familie schützen will. Möglicherw­eise aber auch, weil er sein Leben dem Kampf gegen Doping gewidmet hat. Denn vielleicht kann man den Job, so wie er ihn macht, gar nicht anders nehmen als sehr persönlich, hat die Süddeutsch­e

Zeitung einmal über ihn geschriebe­n. Seppelt selbst sieht das anders. „Ich kämpfe nicht gegen Doping. Ich berichte über Doping.“Ein Sportfan sei er nicht. Dafür hat er zu viel gesehen in der Schattenwe­lt des Sports. Andreas Kornes

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Foto: dpa

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