Cosmopolitan oder Weißbier
Ein verschmitztes Lächeln zeichnet sich auf seinen Lippen ab, als er auf den Stein springt. Oben trägt er einen Trachtenjanker, dunkelgrün, unten die schwarzglänzende Lederhose eines alternden Rockers. Aus der Hosentasche zieht er eine faschingsrote Clownsnase und legt schon beim Überstülpen auf den kantigen Zinken los: „Ja, warum denn nicht?! Der Landrat ist doch ein freier Mensch und wenn er nicht im amtsträchtigen bis sterilen Landratsamt verkünden will, dass er sein Glück in München sucht, ja dann kann’s doch genau so gut ein Ort der Freude, des Genusses, des Rausches sein. Zerreißt ihr euch nur euer Maul! Ich finde die Idee prächtig: Pressekonferenz zur Vorstellung des Direktkandidaten der Freien Wähler im Stimmkreis 124 – in der Texmex-Bar.“Kaum zu übersehen: Der Mann mit der roten Nase ist betrunken. „Ich war auch da, in der Bar am Huber-Eck. Prächtig war’s, süffig auch, Stimmung am Anschlag – nur ein bisschen wenig los. Reingeschlichen hab ich mich. Ich wär auch länger geblieben. Nur irgendwann hat die Partycrew gemerkt, dass ich weder Journalist noch Hubert Aiwanger bin. Da war die Party schon am Laufen.“
Er sammelt sich: „Passt auf, so war’s: Landrat vorneweg, Journalisten hinterher, zwei Drinks zur Auswahl: Cosmopolitan und Weißbier. Der Landrat hat sich Cosmopolitan bestellt. Ich muss ja für München trainieren, hat er gesagt, Schickeria und so. Ich hab mir beides bestellt in mein dunkles Eck. Der Landrat, sag ich euch, war bestens gelaunt. Er hat das goldschwarze Monatsprogramm der Kellerbar in der Hand und beginnt vorzulesen: BOSS CLUBBING. Na, des muss ich nimmer haben, immer der Boss sein, hat er gesagt. Lassigny hier, Realschule da. In München kann er notfalls alles auf den Hubsi schieben, hat er gesagt. Nix mehr Neuburger Sandkasten mit Berni um Förmchen und Grundstücke streiten, sagt er zu einem der beiden Journalisten – wenn alles klappt. Ich bin in der Zwischenzeit bei der dritten Runde Cosmopolitan und Weißbier angekommen. Alles kostenlos.“
Er hätte noch Stunden lauschen können, sagt der Mann. „Dann haben sie mich enttarnt. Der Landrat hat mir noch seinen Janker gegeben, weil ich meine Jacke nicht finden konnte. Wir bleiben ja eh länger, hat er gesagt. Heute Abend sei Ladies Night. Ich habe noch eine Runde durch die Obere Altstadt gedreht und es war schon seltsam. Auch aus dem Rathaus hörte ich laute Stimmen und Gelächter. Dann ein Knall – und aus dem ersten Stock schoss direkt vor meine Füße – ein Champagnerkorken.“