Neuburger Rundschau

Zu wenige Blüten und zu viel Gift

Bauernhöfe werden immer weniger und Bienen sind ernsthaft vom Aussterben bedroht. Was jetzt zu tun ist

- VON ANNEMARIE MEILINGER

Kleinhohen­ried Bauern und Bienen, das sollte eigentlich zusammenpa­ssen. Früher gehörten zu Bauernhöfe­n auch Bienenstöc­ke, schon deshalb, weil die fleißigen Insekten für die Bestäubung von Obstbäumen unverzicht­bar waren. Heute eint Bauern und Bienen das gemeinsame Sterben, Bauernhöfe werden immer weniger, und Bienen sind ernsthaft vom Aussterben bedroht. Viele Wildbienen­arten sind schon ausgestorb­en und die Honigbiene ist seit Jahren bedroht, von der VarroaMilb­e, von der Agrarchemi­e und auch vom Flächenfra­ß, der immer mehr Blühfläche­n verschwind­en lässt.

Der Kreisimker­verband und das Haus im Moos haben schon im vergangene­n Jahr wegen der akuten Gefahr einen „Bauern-Bienen-Dialog“gestartet. Am Donnerstag­abend fand dazu eine Podiumsdis­kussion statt, die über 130 vorwiegend Imker und Bauern ins Haus im Moos lockte. Landrat Roland Weigert begrüßte das sechsköpfi­ge Podium sowie den Moderator Dieter Distl.

Peter Maske vom deutschen Imkerbund brachte die Krefelder Studie in die Diskussion, die von einem dramatisch­en Insektenrü­ckgang um 75 Prozent ausgeht. Dabei stünden wir in Deutschlan­d noch gut da, in Japan würde beispielsw­eise Obst schon vielerorts von Hand bestäubt. „Soweit darf es bei uns nicht kommen“, erwiderte Kreisrat und Bauernverb­andsobmann Ludwig Bayer. Dass die Produktion­sbedingung­en für Landwirte immer härter würden, sei der Grund, dass Imker einen größeren Stellenwer­t bekämen. „Die Bauern wollen aber einen Dialog, keine Ächtung“, stellte Martin Gruber vom Landwirtsc­haftsamt Pfaffenhof­en klar. Was zwischen gesetzlich­e Regelungen und freiwillig­e Maßnahmen für die Natur möglich sei, würde an der Landwirtsc­haftsschul­e unterricht­et.

Peter Maske ist dies jedoch zu wenig: „Die Imkerei muss mehr Raum in der Ausbildung der Landwirte bekommen“, forderte er. Oft würde durch Unwissenhe­it über Insektizid­e während der Bienenflug­zeit direkt auf blühende Flächen gespritzt. Dass dies gängige Praxis ist, bestätigte­n auch der Landkreisv­orsitzende der Imker, Michael Tyroller, und zwei Imker aus dem Publikum.

Dr. Annette Freibauer, die Leiterin des Instituts für Ökologisch­en Landbau, Bodenkultu­r und Ressourcen­schutz an der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft (LfL) in Freising berichtete von zahlreiche­n Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Artenvielf­alt. Sieben verschiede­ne Samenmisch­ungen für Blühfläche­n habe man entwickelt und diese seien im Rahmen des Förderprog­ramms „Kulap“schon seit einigen Jahren im Einsatz. „Was uns am meisten fehlt, ist ein bisschen mehr Unordnung in der Landschaft, damit Insekten zu allen Jahreszeit­en genügend Nahrung finden.“In den kommenden drei Jahren sei auch ein Forschungs­projekt geplant, um den Artenschwu­nd zu untersuche­n und Maßnahmen dagegen zu entwickeln. Imkerpräsi­dent Peter Maske will verstärkt „Naturschut­z durch Nutzung sehen, anstatt Stilllegun­gsflächen, die verfilzen und artenmäßig verarmen“. Mit der „durchwachs­enen Silphie“als Beikraut zu Mais und Leindotter als Untersaat zu Roggen hätte man zwei Arten entdeckt, die nicht nur den Boden verbessert­en, sondern auch als Bienenweid­e wertvoll seien.

Eckard Döring, Gutsverwal­ter des Moy’schen Guts Dittenfeld und zwei weiteren Standorten, berichtete aus seiner Praxis im Pflanzenba­u. Seit 15 Jahren wirtschaft­e er pfluglos, mit Mulchsaate­n und blühender Zwischenfr­ucht. Im Maisanbau arbeite er seit zwei Jahren ohne Herbizide, seit vier Jahren wird kein Glyphosat mehr verwendet. Mit Flächenver­größerung Erträge steigern, sei nach seiner Erfahrung nicht immer ein guter Rat an Landwirte. Die Umstellung von Raps auf den weniger ertragreic­hen Senf hätte auf den von ihm bewirtscha­fteten Flächen genau das Gegenteil bewiesen. Der Agraringen­ieur, der demnächst auf biologisch­e Landwirtsc­haft umstellen will, empfiehlt Kurse von Bioland und der IG Gesunder Boden, „um eine bessere Sicht auf gesündere Böden zu bekommen.“

Das Problem ist „zu wenig Blüten und zu viel Gift“– darüber war man sich auf dem Podium wie im Publikum einig. Politik und Forschung hätten die Problemati­k erfasst, so Maske, „jetzt muss ein Lernprozes­s einsetzen“. Dass Bauern und Imker in Kontakt bleiben sollten, wenn für beide etwas verbessert werden soll, empfahl auch der BBV Obmann Ludwig Bayer. Die Schuld an der Artenschwu­ndmisere hätten aber nur zu einem kleinen Teil die Landwirte. Sie würden ja nur das verwenden, was zugelassen sei, und das produziere­n, was die Verbrauche­r wollten – jedenfalls die meisten von ihnen.

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Fotos: Annemarie Meilinger Auf großes Interesse stieß die Podiumsdis­kussion mit dem Thema „Bauern und Bie nen“im Haus im Moos.
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Ein Imker zeigt Interessen­ten Bienenwa ben.

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