Räumchen wechsel dich
Das „Werkfach Project“zieht von der Blumenstraße in die Innenstadt. Auch an anderen Stellen stehen Geschäftsräume leer – und es wird nicht einfacher, sie zu füllen
Neuburg Nach einem Wasserschaden im vergangenen Sommer und mehrmonatiger Pause hatte das Werkfach Project in der Blumenstraße erst im November wieder eröffnet. Nun steht abermals eine Wiedereröffnung an: Am 8. März, diesmal in neuen Räumlichkeiten in der Schrannenstraße 54, unweit des Schrannenplatzes. Damit wird an dieser Stelle ein Leerstand geschlossen und in der Blumenstraße entsteht ein neuer. Es ist nicht der einzige in der Innenstadt.
Der Umzug des Werkfach Projects habe nichts mit dem Wasserschaden zu tun, sagt Inhaberin Melanie Strauß. Allerdings habe die Großbaustelle direkt nebenan Auswirkungen auf die Laufkundschaft gehabt. Unabhängig davon habe sie sich immer wieder nach neuen Räumen umgesehen, bis es in der Schrannenstraße schließlich gepasst habe. Mit 140 Quadratmetern stehen dem Werkfach Project an seinem neuen Standort, dort wo früher das Berufsfortbildungszentrum untergebracht war, 30 Quadratmeter mehr zur Verfügung als zuvor.
Neben dem bewährten Konzept aus Mittagstisch, einem Café und Mietregalen, in denen regionale Künstler ihre Produkte anbieten können, soll künftig Kleinkunst Ein- zug in das Werkfach Project halten. Dazu hat sich Melanie Strauß mit der Neuburger Künstlerin und Schauspielerin Vicky Müller-Toùssa zusammengetan, die zu 50 Prozent als Partnerin in das Projekt einsteigt. Mehrmals im Monat will sie das Café in eine Kleinkunstbühne verwandeln: Auf einem Podest, in dem tagsüber Gäste ihren Kaffee genießen, will sie zuerst Kinder- und später auch Erwachsenentheaterstücke präsentieren. Auch Vorträge und Konzerte sind geplant.
Ab April wird es außerdem einmal im Monat einen Sonntagsbrunch geben sowie einmal in der Woche ein Familiencafé, das sich speziell an Eltern mit Kindern richtet. Wenn alles nach Plan läuft, möchten die Inhaberinnen – selbst Mütter – neben den Kindergeburtstagen, die bereits in der Vergangenheit im Werkfach ausgerichtet wurden, ihr Angebot der Kinderbetreuung ausweiten. Dafür steht ihnen in der Schrannenstraße ein eigener Raum zur Verfügung, in dem auch Kreativkurse wie Töpfern oder Nähen stattfinden werden.
An anderer Stelle ist es weniger leicht, Leerstände mit Leben zu füllen, weiß die Geschäftsführerin des Stadtmarketings Neuburg, Vanessa Korn. Ein Beispiel ist das ehemalige Farbengeschäft Flamuco in der Färberstraße, das seit Jahren leer steht. „Es soll verkauft und wieder als Ge- werbefläche genutzt werden“, sagt sie. Wie lange das noch dauert, sei allerdings offen. Stillstand herrscht seit Jahren auch im ehemaligen Frischemarkt Steiner am Oswaldplatz. Dort sei die Bausubstanz schuld, sagt Korn: „Der Zustand des Gebäudes ist schlecht.“Bevor an dieser Stelle jemand einziehe, müsse erst kostenintensiv saniert werden.
Sichtbare Lücken klaffen außerdem im ehemaligen Schuhhaus Stigelmair in der Rosenstraße und im großen Gebäudekomplex der VRBank direkt am Schrannenplatz. „Das sind Leerstände, die auffallen“, bedauert Korn. Sie würde gerne wissen, wie es an diesen Standorten weitergeht, könne dazu allerdings keine Auskunft geben. Immerhin für die Räume des vormaligen Wollgeschäfts Häusler in der Schießhausstraße hätten sich bereits zwei Interessenten gemeldet.
Einer, der persönlich von der Schließung seines Geschäfts betroffen ist, ist Josef Kober vom gleichnamigen Keramikladen am Schlagbrückchen. Er nennt zwei Gründe für die vielen Leerstände: Zum einen „die Geiz-ist-Geil-Mentalität“vieler Kunden. Anstatt Qualität „made in Germany“würden sie auf Billigware aus Fernost zurückgreifen. Zum anderen die hohen Kaltmieten: 15 Euro pro Quadratmeter seien in der Neuburger Innenstadt keine Seltenheit. „Das sind Münchner Verhältnisse – da braucht sich keiner wundern, wenn reihenweise Läden leer stehen.“Er schlägt vor, die Mieten für Gewerbetreibende in den ersten Jahren zu subventionieren, nur so könne verhindert werden, dass dauerhaft inhabergeführte Geschäfte von großen Filialisten verdrängt würden.
Entsprechende Förderprogramme der Regierung existierten bereits, allerdings noch nicht in Neuburg, sagt Korn. Sie stehe diesbezüglich im Austausch mit der Städtebauförderung und möchte dem Stadtrat noch in diesem Jahr einen diesbezüglichen Vorschlag vorlegen. Was es bereits gebe, sei ein sogenanntes Ansiedlungsdarlehen. Bis zu 15000 Euro in Form eines zinsfreien Darlehens soll verwaisten Geschäften entgegenwirken und Gewerbetreibende motivieren, in Neuburg die Lücken zu füllen.
Leerstände hätten in der Vergangenheit zugenommen – ja –, allerdings stünde Neuburg im Vergleich mit anderen Städten noch gut da, betont Korn. Dennoch wisse sie, dass das kein Selbstläufer sei. „Noch fünf Leerstände mehr, dann kann die Situation schnell kippen.“Das zu verhindern sei eine Gemeinschaftsaufgabe von Stadtmarketing, Stadtverwaltung, Einzelhändlern und nicht zuletzt den Kunden, die mit jedem Einkauf darüber mitentscheiden würden, wie sich die Stadt entwickelt.