Raues Klima zwischen Gegnern und Befürwortern
Kommunalpolitik Diverse Aktionen im Hintergrund begleiten das derzeit laufende Bürgerbegehren „Stoppt den Ziegelmoos-Kreisverkehr“. Dessen Initiatoren klären nochmals darüber auf, worum es ihnen im Detail geht
Rain Die Unterschriften-Aktion zum Bürgerbegehren „Stoppt den Ziegelmoos-Kreisverkehr“ist beendet. Heute mussten die Listen bei den Verantwortlichen abgegeben werden. Derweilen wird das Klima zwischen Befürwortern und Gegnern spürbar rauer. Das Thema bekommt eine Form von Eigendynamik, die nicht nur Vertreter von Stadtratsfraktionen betroffen macht, sondern auch die Mitglieder der Bürgerinitiative. Von persönlichen Anfeindungen ist die Rede, die die BI ausdrücklich ablehnt. „Wir haben bisher und werden auch in Zukunft seriös handeln und argumentieren, auf ein anderes Niveau wollen wir uns nicht einlassen“, stellen ihre Vertreter fest. „Mit dem Bürgerbegehren nehmen wir lediglich unser demokratisches Grundrecht auf Meinungsfreiheit und -bildung wahr.“
Um sich Rückendeckung zu holen, hat die Bürgerinitiative unter anderem mit dem bayerischen Verein „Mehr Demokratie“Kontakt aufgenommen und mit einem Politiker auf Landesebene. Aber auch Privatleute außerhalb der BI sind tätig geworden und haben den Ziegelmoos-Kreisel überregional zur Kenntnis gebracht. Sie haben an die TV-Sendungen „Quer“(Bayerisches Fernsehen) und „Mario Barth deckt auf“(RTL) sowie an den Bund der Steuerzahler geschrieben. Letzterer hat eine Stellungnahme von Bürgermeister Martin erbeten.
Befürworter des Kreisverkehrs indes ebenfalls aktiv. Die Stadtratsfraktionen, die hinter diesem Projekt stehen, sind mit einer eigenen Liste unterwegs. Sie wollen Aufklärungsarbeit leisten und bitten gleichzeitig um Unterschriften zur Verwirklichung des Projekts.
Ergänzend zu all diesen Begleiterscheinungen macht in Rain ein Gesprächsstoff die Runde, der unserer Zeitung ebenfalls zugetragen wurde und auch bei Bürgermeister Gerhard Martin angekommen ist. Demnach habe Zweiter Bürgermeister Leo Meier einen ortsansässigen Geschäftsmann angerufen und sei in diesem Telefonat auf Konfrontation gegangen. Dieser Geschäftsmann hatte in seinem Laden eine Unterschriftenliste des Bürgerbegehrens ausgelegt, weshalb Leo Meier ihm Konsequenzen angekündigt habe, heißt es. Der Geschäftsmann hat den Vorfall so gegenüber unserer Zeitung bestätigt. Leo Meier hingegen verwahrt sich ausdrücklich dagegen. Das Telefonat habe zwar stattgefunden und sei eine „inhaltlich harte Auseinandersetzung beider Seiten“gewesen. Von Konsequenzen sei aber nicht die Rede gewesen. „Ich habe ihm im Gegenteil wiederholt gesagt, es sei absolut sein gutes Recht, eine solche Liste auszulegen“, sagt Meier im Gespräch mit unserer Zeitung.
Angesichts sämtlicher unerfreulicher Begleitumstände des Bürgerbegehrens ist es dessen Initiatoren wichtig, nochmals sachliche Argumente in die Diskussion zu bringen. In einer Pressemitteilung stellen sie ausdrücklich klar, dass sie keine grundsätzliche Kritik an Bürgermeister Martin und dem Stadtrat üben. Im Gegenteil erkennen sie an, dass diese viel zur Entwicklung Rains getan haben. Ihr Protest richte sich allein gegen den ZiegelmoosKreisel und die „damit verbundenen exorbitanten Kosten“. Im Einzelnen argumentieren sie folgendermaßen:
● Transparenz: Eine für den Bürger transparente Planung habe trotz zehnjähriger Vorbereitungszeit nicht stattgefunden. Das ursprüngliche Volumen (120 000 Euro im Jahr 2008) habe sich mittlerweile vervierfacht. Das Ergebnis des Stadtratsbeschlusses mit derzeit 480000 Euro sei erst am 27. Januar durch die öffentlich bekannt geworden. Ob es bei dieser Summe bleibt, hält die BI für fraglich.
● Kreisel Effekt: Der geplante Minikreisel entspricht nach Kenntnis der BI nicht den aktuellen Verkehrsrichtlinien – zum Beispiel den Erfordernissen in Bezug auf Durchmesser und Anzahl der durchlaufenden Fahrzeuge. Durch seine Überfahrbarkeit stelle er grundsätzlich den Sinn eines Kreisverkehrs infrage.
● Sicherheit: Die BI versteht das grundsätzliche Bedürfnis der Bürger nach Sicherheit. Doch sei diese schon jetzt gewährleistet. Latente Gefährdung ergebe sich sicher dann, wenn Verkehrsteilnehmer, von der Münchner Straße kommend, die Kurve Richtung Dehner (Lerchenweg) schneiden. Dieser Verkehr sei vorfahrtsberechtigt, der von links kommende Verkehr aus der Ziegelwurden moosstraße sei wartepflichtig – die BI bezieht sich da auf die Straßenverkehrsordnung.
Als einfache Abhilfe schlägt sie vor: Durchgezogene Linie, Haltelinie und ein Stoppschild. Außerdem stellt sich für die BI generell die Frage, wieso der Lerchenweg als einzige Straße im Ziegelmoos keine Tempo-30-Zone ist. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens verstehen nicht, „weshalb es versäumt wurde, solche marginalen und preiswerten Verkehrshilfen“in den vergangenen zehn Jahren anzubringen. Sie haben einen Ausschuss gegründet, der mit einem Spezialisten kostengünstigere Lösungen erarbeitet.
● Querungshilfe: Die geplante Querungshilfe für Fußgänger und Radler – östlich vor dem Kreisel – sei „gerade für Radfahrer vollkommen praxisfremd“, findet die BI. Sie zweifelt an, ob ein aus der Ziegelmoosstraße kommender, links in die Lerchenstraße abbiegender Radler der Verkehrsführung des Kreisverkehrs folgt, und vermutet, dass dieser unzulässigerweise gleich links abkürzt.
Auch für den Schulweg sei eine solche Querungshilfe nicht relevant, so die BI. Sie hat am 8. Februar zwischen 7.15 und 7.45 Uhr den Verkehr beobachtet und berichtet über das Ergebnis: „Fünf Schüler haben die Kreuzung überquert. In diesen Momenten war jeweils kein Fahrzeug in Sicht. Es wurden sieben Radfahrer und 71 Pkw registriert – kein einziger Lkw. Sicher ist diese Schau nicht repräsentativ, aber die Zahlen sprechen für sich.“Die weitaus größere mögliche Gefährdung von Schulkindern sehen die BI-Vertreter beim Überqueren der Hauptstraße.
● Kosten: Der BI ist bewusst, dass zum jetzigen Projektstand den Bürgern erhebliche Kosten entstanden sind. Sie geht davon aus, dass es Alternativen gibt, die deutlich günstiger sind als ein Kreisverkehr und strebt solche Alternativen an.
● Verkehrsaufkommen: Unverständlich ist der BI, weshalb die Stadt annimmt, dass der Verkehr künftig zunimmt. Schließlich sei die teure Südumgehung Rains gebaut worden, um den Verkehr in der Innenstadt und gerade auch im Ziegelmoos zu verringern. Zudem seien firmeneigene Parkplätze von Dehner an die Donauwörther Straße und an den Südring verlagert worden, was auch zu einer Entlastung beigetragen habe.
● Gesamtkonzept: Die BI vertritt die Meinung, für Rain sei mit Blick auf die weitere Entwicklung ein gesamtheitliches Verkehrskonzept nötig mit einer Prioritätenliste. Sie hält beispielsweise den Ausbau der Preußenallee für dringlicher.
● Meinungsbild: Im Zuge der Unterschriftensammlung hat die BI im Ziegelmoos bisher 43 Haushalte aufgesucht, wobei ihr die Gesamtanzahl der Haushalte dort unbekannt ist. 63 Bürger schlossen sich der Meinung der BI bisher an, vier verhielten sich neutral. Vier weitere befürworten den Bau des Kreisverkehrs. Die Zahl der Unterschriften im ganzen Stadtgebiet beträgt derzeit um die 1350.