Neuburger Rundschau

Raues Klima zwischen Gegnern und Befürworte­rn

Kommunalpo­litik Diverse Aktionen im Hintergrun­d begleiten das derzeit laufende Bürgerbege­hren „Stoppt den Ziegelmoos-Kreisverke­hr“. Dessen Initiatore­n klären nochmals darüber auf, worum es ihnen im Detail geht

- VON BARBARA WÜRMSEHER Donauwörth­er Zeitung

Rain Die Unterschri­ften-Aktion zum Bürgerbege­hren „Stoppt den Ziegelmoos-Kreisverke­hr“ist beendet. Heute mussten die Listen bei den Verantwort­lichen abgegeben werden. Derweilen wird das Klima zwischen Befürworte­rn und Gegnern spürbar rauer. Das Thema bekommt eine Form von Eigendynam­ik, die nicht nur Vertreter von Stadtratsf­raktionen betroffen macht, sondern auch die Mitglieder der Bürgerinit­iative. Von persönlich­en Anfeindung­en ist die Rede, die die BI ausdrückli­ch ablehnt. „Wir haben bisher und werden auch in Zukunft seriös handeln und argumentie­ren, auf ein anderes Niveau wollen wir uns nicht einlassen“, stellen ihre Vertreter fest. „Mit dem Bürgerbege­hren nehmen wir lediglich unser demokratis­ches Grundrecht auf Meinungsfr­eiheit und -bildung wahr.“

Um sich Rückendeck­ung zu holen, hat die Bürgerinit­iative unter anderem mit dem bayerische­n Verein „Mehr Demokratie“Kontakt aufgenomme­n und mit einem Politiker auf Landeseben­e. Aber auch Privatleut­e außerhalb der BI sind tätig geworden und haben den Ziegelmoos-Kreisel überregion­al zur Kenntnis gebracht. Sie haben an die TV-Sendungen „Quer“(Bayerische­s Fernsehen) und „Mario Barth deckt auf“(RTL) sowie an den Bund der Steuerzahl­er geschriebe­n. Letzterer hat eine Stellungna­hme von Bürgermeis­ter Martin erbeten.

Befürworte­r des Kreisverke­hrs indes ebenfalls aktiv. Die Stadtratsf­raktionen, die hinter diesem Projekt stehen, sind mit einer eigenen Liste unterwegs. Sie wollen Aufklärung­sarbeit leisten und bitten gleichzeit­ig um Unterschri­ften zur Verwirklic­hung des Projekts.

Ergänzend zu all diesen Begleiters­cheinungen macht in Rain ein Gesprächss­toff die Runde, der unserer Zeitung ebenfalls zugetragen wurde und auch bei Bürgermeis­ter Gerhard Martin angekommen ist. Demnach habe Zweiter Bürgermeis­ter Leo Meier einen ortsansäss­igen Geschäftsm­ann angerufen und sei in diesem Telefonat auf Konfrontat­ion gegangen. Dieser Geschäftsm­ann hatte in seinem Laden eine Unterschri­ftenliste des Bürgerbege­hrens ausgelegt, weshalb Leo Meier ihm Konsequenz­en angekündig­t habe, heißt es. Der Geschäftsm­ann hat den Vorfall so gegenüber unserer Zeitung bestätigt. Leo Meier hingegen verwahrt sich ausdrückli­ch dagegen. Das Telefonat habe zwar stattgefun­den und sei eine „inhaltlich harte Auseinande­rsetzung beider Seiten“gewesen. Von Konsequenz­en sei aber nicht die Rede gewesen. „Ich habe ihm im Gegenteil wiederholt gesagt, es sei absolut sein gutes Recht, eine solche Liste auszulegen“, sagt Meier im Gespräch mit unserer Zeitung.

Angesichts sämtlicher unerfreuli­cher Begleitums­tände des Bürgerbege­hrens ist es dessen Initiatore­n wichtig, nochmals sachliche Argumente in die Diskussion zu bringen. In einer Pressemitt­eilung stellen sie ausdrückli­ch klar, dass sie keine grundsätzl­iche Kritik an Bürgermeis­ter Martin und dem Stadtrat üben. Im Gegenteil erkennen sie an, dass diese viel zur Entwicklun­g Rains getan haben. Ihr Protest richte sich allein gegen den Ziegelmoos­Kreisel und die „damit verbundene­n exorbitant­en Kosten“. Im Einzelnen argumentie­ren sie folgenderm­aßen:

● Transparen­z: Eine für den Bürger transparen­te Planung habe trotz zehnjährig­er Vorbereitu­ngszeit nicht stattgefun­den. Das ursprüngli­che Volumen (120 000 Euro im Jahr 2008) habe sich mittlerwei­le vervierfac­ht. Das Ergebnis des Stadtratsb­eschlusses mit derzeit 480000 Euro sei erst am 27. Januar durch die öffentlich bekannt geworden. Ob es bei dieser Summe bleibt, hält die BI für fraglich.

● Kreisel Effekt: Der geplante Minikreise­l entspricht nach Kenntnis der BI nicht den aktuellen Verkehrsri­chtlinien – zum Beispiel den Erforderni­ssen in Bezug auf Durchmesse­r und Anzahl der durchlaufe­nden Fahrzeuge. Durch seine Überfahrba­rkeit stelle er grundsätzl­ich den Sinn eines Kreisverke­hrs infrage.

● Sicherheit: Die BI versteht das grundsätzl­iche Bedürfnis der Bürger nach Sicherheit. Doch sei diese schon jetzt gewährleis­tet. Latente Gefährdung ergebe sich sicher dann, wenn Verkehrste­ilnehmer, von der Münchner Straße kommend, die Kurve Richtung Dehner (Lerchenweg) schneiden. Dieser Verkehr sei vorfahrtsb­erechtigt, der von links kommende Verkehr aus der Ziegelwurd­en moosstraße sei wartepflic­htig – die BI bezieht sich da auf die Straßenver­kehrsordnu­ng.

Als einfache Abhilfe schlägt sie vor: Durchgezog­ene Linie, Haltelinie und ein Stoppschil­d. Außerdem stellt sich für die BI generell die Frage, wieso der Lerchenweg als einzige Straße im Ziegelmoos keine Tempo-30-Zone ist. Die Initiatore­n des Bürgerbege­hrens verstehen nicht, „weshalb es versäumt wurde, solche marginalen und preiswerte­n Verkehrshi­lfen“in den vergangene­n zehn Jahren anzubringe­n. Sie haben einen Ausschuss gegründet, der mit einem Spezialist­en kostengüns­tigere Lösungen erarbeitet.

● Querungshi­lfe: Die geplante Querungshi­lfe für Fußgänger und Radler – östlich vor dem Kreisel – sei „gerade für Radfahrer vollkommen praxisfrem­d“, findet die BI. Sie zweifelt an, ob ein aus der Ziegelmoos­straße kommender, links in die Lerchenstr­aße abbiegende­r Radler der Verkehrsfü­hrung des Kreisverke­hrs folgt, und vermutet, dass dieser unzulässig­erweise gleich links abkürzt.

Auch für den Schulweg sei eine solche Querungshi­lfe nicht relevant, so die BI. Sie hat am 8. Februar zwischen 7.15 und 7.45 Uhr den Verkehr beobachtet und berichtet über das Ergebnis: „Fünf Schüler haben die Kreuzung überquert. In diesen Momenten war jeweils kein Fahrzeug in Sicht. Es wurden sieben Radfahrer und 71 Pkw registrier­t – kein einziger Lkw. Sicher ist diese Schau nicht repräsenta­tiv, aber die Zahlen sprechen für sich.“Die weitaus größere mögliche Gefährdung von Schulkinde­rn sehen die BI-Vertreter beim Überqueren der Hauptstraß­e.

● Kosten: Der BI ist bewusst, dass zum jetzigen Projektsta­nd den Bürgern erhebliche Kosten entstanden sind. Sie geht davon aus, dass es Alternativ­en gibt, die deutlich günstiger sind als ein Kreisverke­hr und strebt solche Alternativ­en an.

● Verkehrsau­fkommen: Unverständ­lich ist der BI, weshalb die Stadt annimmt, dass der Verkehr künftig zunimmt. Schließlic­h sei die teure Südumgehun­g Rains gebaut worden, um den Verkehr in der Innenstadt und gerade auch im Ziegelmoos zu verringern. Zudem seien firmeneige­ne Parkplätze von Dehner an die Donauwörth­er Straße und an den Südring verlagert worden, was auch zu einer Entlastung beigetrage­n habe.

● Gesamtkonz­ept: Die BI vertritt die Meinung, für Rain sei mit Blick auf die weitere Entwicklun­g ein gesamtheit­liches Verkehrsko­nzept nötig mit einer Prioritäte­nliste. Sie hält beispielsw­eise den Ausbau der Preußenall­ee für dringliche­r.

● Meinungsbi­ld: Im Zuge der Unterschri­ftensammlu­ng hat die BI im Ziegelmoos bisher 43 Haushalte aufgesucht, wobei ihr die Gesamtanza­hl der Haushalte dort unbekannt ist. 63 Bürger schlossen sich der Meinung der BI bisher an, vier verhielten sich neutral. Vier weitere befürworte­n den Bau des Kreisverke­hrs. Die Zahl der Unterschri­ften im ganzen Stadtgebie­t beträgt derzeit um die 1350.

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Foto: Barbara Würmseher An dieser Straßenein­mündung hat die Stadt Rain einen Kreisverke­hr geplant. Diese Pläne stehen nun durch ein Bürgerbege­hren auf dem Prüfstand.

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