Anhänger für die GroKo gesucht
Ab heute stimmen SPD-Mitglieder bis zum 2. März über den Koalitionsvertrag mit der Union ab. An der Basis im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab
Neuburg Schrobenhausen Auf 20,5 Prozent kam die SPD bei den Bundestagswahlen vergangenen September. Nach diesem Debakel haben die Sozialdemokraten zunächst über den Gang in die Opposition diskutiert, um nach dem Platzen einer sogenannten „Jamaika-Koalition“erfolgreich mit der Union über eine Wiederauflage der GroKo zu verhandeln. In den Umfragen rasseln die Genossen nichtsdestotrotz beständig nach unten. Zuletzt ermittelte Infratest Dimap für den ARD-Deutschlandtrend nur noch 16 Prozent, das ist der schlechteste, jemals ermittelte Wert für die SPD in einer Umfrage. Über den Eintritt in eine Regierungskoalition mit der Union soll ein Mitgliederentscheid entscheiden, der heute startet und bis zum 2. März läuft. Das meinen Basis und Mandatsträger im Landkreis:
● Andreas Fischer, Landtagkandidat und Vorsitzender der Neuburger Jusos: „Ich möchte vorab nicht sagen, wie ich abstimmen werde, denn ich möchte als Kandidat niemanden beeinflussen. Ich sehe aber mehr, das für eine Zustimmung zum Koalitionsvertrag spricht. Es wird massiv Geld in die Hand genommen, alleine elf Milliarden Euro für die Bildung und vier Milliarden für den Wohnungsbau. Außerdem hat die SPD sechs gute Ministerien herausgehandelt. Wichtig ist, dass unsere im Ko- alitionspapier festgehaltenen Vorschläge auch umgesetzt und nicht von der Union blockiert werden. Das darf nicht passieren. Ich denke, es rumort nicht nur in der SPD, sondern auch in der Union. Die Zeit von Kanzlerin Merkel ist abgelaufen, das ist hoffentlich ihre letzte Amtsperiode. Im nächsten Wahlkampf braucht es wieder einen Wettstreit der besten Argumente, nur so lässt sich der Stillstand im Land überwinden. Die sogenannte Große Koalition kommt ja derzeit nicht mal mehr auf 50 Prozent. Es gibt keine großen Mehrheiten mehr in der Politik.“
● Werner Widuckel, Kreisvorsitzender: „Ich bitte um Verständnis darum, dass ich mich vorab nicht erklären werde, sondern erst auf der Bundeswahlkreiskonferenz am Freitag in Ingolstadt. Die Mitglieder sollen nicht aus der Zeitung lesen, wie ich abstimmen werde. Ich kann aber vorab sagen, dass ich das Votum für gut halte, es nimmt die Mitglieder mit in die Verantwortung. Die Kritik daran kann ich nicht teilen. Auch Delegierte eines Bundesparteitages der CDU durften abstimmen, und die müssen auch keine 18 sein oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Wie ein Parteitagsbeschluss läuft ein Mitgliedervotum nach dem Mehrheitsprinzip ab und ist damit legitim. Für mich nehme ich wahr, aber das gilt natürlich nur für den Kreis, in dem ich mich bewege, dass die Befürworter einer GroKo leicht überwiegen.“
● Peter Mosch, Kreisrat und Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Audi AG: „Ich halte es für gut, Demokratie in der Partei zuzulassen und abstimmen zu lassen. Ich werde dafür stimmen, denn ich habe den Koalitionsvertrag durchgesehen und darin für die Arbeitnehmer positive Ansätze gefunden. Die Kritik am Votum teile ich nicht, denn es handelt sich um eine Meinungsbildung in einer Partei. Das ist intern und eine ganz normale Geschichte, die jede Organisation machen kann. Was das für Auswirkungen hat, also die Regierungsbildung, das ist dann ein zweiter Schritt. Eine Koalition mit der Union finde ich in Ordnung.“
● Heinz Schafferhans, Stadtrat und Ortsvorsitzender in Neuburg: „Ich weiß ehrlich noch nicht, wie ich abstimmen werde. Vom Kopf her bin ich für die GroKo, denn man braucht sich nicht einer Wahl zu stellen, wenn man nicht regieren will. Mein Herz sagt mir aber, dass die Oppositionsrolle für uns besser wäre. So könnten wir uns besser erneuern. Die Partei ist gespalten. Die Jungen sind mehrheitlich dagegen und auf der Linie von Juso-Chef Kühnert. Die Älteren sagen, wir müssen Verantwortung übernehmen und können uns nicht nur um uns selbst kümmern. Der Rücktritt von Martin Schulz hat die Stimmung verbessert, einige haben ihre Meinung geändert. Sein doppelter Wortbruch ging gar nicht, das war nicht glaubhaft.“
● Horst Gutjahr, SPD-Urgestein: „Ich hab’ heute meine Unterlagen bekommen und werd’ mich bald hinsetzen. Ich selbst werde mit Ja stimmen, obwohl ich nicht mit allen Inhalten und Vereinbarungen im Koalitionspapier einverstanden bin. Es sind aber gute Ansätze da wie das Baukindergeld, der Wohnungsbau und auch in der Rentenfrage. Für den Bürger ist darin mehr soziale Gerechtigkeit verankert. Das muss aber dann auch offensiv im Parlament vertreten werden. Grundsätzlich halte ich ein Mitgliedervotum für gut, es ist eine demokratische Form der Mitbestimmung. Allerdings ist es eine hohe Hürde und mit Risiken behaftet. Ich bin trotzdem optimistisch, obwohl ich es als Manko betrachte, dass etwa im Ortsverein Neuburg keine Diskussion darüber stattgefunden hat. Es gab keine öffentliche Meinungsbildung, jedes Mitglied muss sich deshalb selbst ein Votum zurechtlegen. Ich gehe davon aus, dass die Mitglieder schlau sind, denn es braucht jetzt den nächsten Schritt zur Regierungsbildung.“