Mit Bildung mehr Chancen
Das Christoph-Scheiner-Gymnasium ist die bundesweit erste Profilschule. Kinder werden hier besonders gefördert und haben so mehr Chancen auf Bildung. Um was es geht
Ingolstadt Eine solche Klasse würde sich mancher Lehrer wünschen. Die 5b am Christoph-Scheiner-Gymnasium in Ingolstadt ist klein. Und die 18 Schüler sind mit Eifer bei der Sache. Kaum hat die Lehrerin die Frage gestellt, schnellen die Finger nach oben. Englisch steht auf dem Stundenplan. Und an diesem Tag sind jede Menge Besucher im Klassenzimmer. Denn nach vier Jahren haben alle Beteiligten der ersten öffentlichen Profilschule Deutschlands eine Zwischenbilanz gezogen.
Beteiligt sind vor allem das Christoph-Scheiner-Gymnasium (CSG), in dem die Profilklasse organisatorisch integriert ist, und die Roland Berger Stiftung, die das Projekt ins Leben gerufen hat. Stiftungsgründer Roland Berger besuchte die Schule am Mittwoch zusammen mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Mit von der Partie waren auch Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel und Audi-Personalvorstand Wendelin Göbel. Audi finanziert das Projekt mit.
„In Deutschland bestimmt die Herkunft immer noch viel zu sehr über den Bildungserfolg eines Kindes“, meldete sich Berger zu Wort, der mit diesem Projekt der Bildungsungerechtigkeit den Kampf angesagt hat. Das deutsche Schülerstipendium fördert in der Profilschule jedes Kind, nach dem Motto „Kein Talent verlieren“, einzeln und sehr individuell. Maximal 18 Kinder pro Klasse werden ganztägig unterrichtet. Die Lehrer werden durch einen zusätzlichen Sozialpädagogen unterstützt. Alle Schüler werden durch das Bildungsprogramm extra mit Seminaren, Workshops, Coachings und Ferienakademien der Roland Berger Stiftung gefördert. Diese Förderung beginnt ab der dritten Klasse der Grundschule. Berger nannte die Auswahlkriterien: „Engagementbereitschaft, Talent und die Bereitschaft, sich für die Gemeinschaft zu engagieren. Der Schlüssel für uns sind die Lehrer. Sie entdecken die Kinder und sprechen uns an.“Häufig kämen die Kinder aus benachteiligten Familienverhältnissen oder hätten Migrationshintergrund. Manche Kinder mit Migrationshintergrund, so Berger, würden zuweilen von den Eltern ungewollt aus der Gesellschaft herausgehalten und so würden ihnen Chancen verbaut. Berger kann auf die Erfahrung mit 700 geförderten Stipendiaten in Deutschland blicken, darunter 150 aus Bayern. In Ingolstadt sind in den vergangenen vier Jahren 70 Schüler gefördert worden und erfolgreich auf das Gymnasium übergetreten. Im Schuljahr 2016/2017 waren es zum Beispiel 14 von 15 Stipendiaten.
Für Ministerpräsident Horst Seehofer sind die Erfolge des Projekts beeindruckend und er sagt: „Bayern steht noch ziemlich am Anfang der Bildungsgerechtigkeit.“Die Erfolge zeigten, so der Landesvater weiter, dass die geförderten Schüler weit bessere Lebensperspektiven hätten als nicht geförderte Schüler. Seehofer wünscht sich den Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung auch für die Grundschule. An der Profilschule, so Seehofer, erkenne man deutlich, wie sehr sich individuelle Förderung für jedes Kind auszahle.
Gerhard Maier, Schulleiter des CSG, kämpft derweil gegen Vorbehalte mancher Eltern: „Die befürchten, ihr Kind aus seiner gewohnten Umgebung zu reißen. Und die Kinder fürchten um ihren Freundeskreis. Aber diese Schulform ist eine riesige Chance.“Wichtig sei auch, dass Kinder aus der gesamten Region aufgenommen werden können.