Neuburger Rundschau

Einkaufs Sonntage: Aus vier werden drei

Die Stadt verringert die verkaufsof­fenen Feiertage in Donauwörth. Was der Grund dafür ist

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Die Lage gleicht durchaus einem Dilemma: Einerseits wollen Handel und Stadtpolit­ik wieder mehr Kunden in die Donauwörth­er Innenstadt locken – anderersei­ts stehen die verkaufsof­fenen Sonntage, die viele Menschen locken, in politische­r, juristisch­er und gewerkscha­ftlicher Kritik. Auch die beiden großen Kirchen äußerten wiederholt Bedenken hinsichtli­ch der Sonntagsöf­fnungen. Der Donauwörth­er Stadtrat hat am Montagaben­d reagiert und beschlosse­n, die Zahl der verkaufsof­fenen Marktsonnt­age von bislang vier auf nunmehr drei zu reduzieren – zudem ist es ausschließ­lich Geschäften in der Kernstadt erlaubt, an jenen Tagen die Pforten zu öffnen.

Hintergrun­d der beschlosse­nen Einschränk­ung in Donauwörth seien, wie Christiane Kickum von der City-Initiative Donauwörth (CID) im Nachklang der Sitzung mitteilte, „zahlreiche Klagen“der Gewerkscha­ft Verdi beziehungs­weise der Allianz für den freien Sonntag gegen die verkaufsof­fenen Sonntage.

Die juristisch­en Einwände gegen Liberalisi­erungen in Bayern setzen zunehmend hohe Hürden – hier sah sich die Stadt genötigt, zu reagieren und letzten Endes auch zu reduzieren. Wie hoch das Risiko einer Klage ist, zeigt ein jüngeres Urteil: In Augsburg waren in der Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs München vom 24. Mai 2017 die von der Stadt bereits genehmigte­n Einkaufsso­nntage anlässlich des Europatage­s und des Turamichel­e-Festes verboten worden.

Nach dem geltenden Bayerische­n Ladenschlu­ssgesetz dürfen normale Geschäfte aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstal- tungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein.

In Donauwörth waren dies bisher die Sonntage anlässlich des Ostereierm­arkts, des Maimarkts, des Ökomarkts sowie des Herbst- und Regionalma­rkts. Das Bundesverw­altungsger­icht habe jedoch, wie Kickum weiter mitteilt, diese Vorschrift dahingehen­d einschränk­end ausgelegt, dass nur Veranstalt­ungen, „die selbst einen beträchtli­chen Besucherst­rom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnu­ng geben können“.

Will heißen: Der Besucherst­rom darf nicht erst durch das Offenhalte­n von Ladengesch­äften ausgelöst werden. Die öffentlich­e Wirkung der Veranstalt­ung müsse „gegenüber der typischen werktäglic­hen Geschäftig­keit der Ladenöffnu­ng im Vordergrun­d stehen“, wie es weiter ein wenig umständlic­h im Juristende­utsch heißt.

Ferner müsse „ein unmittelba­rer enger räumlicher Bezug zwischen Markt und den geöffneten Geschäften bestehen“. Um schon im Vorfeld mögliche Klagen vor den Gerichten auszuschli­eßen, erließ der Stadtrat am Montagaben­d eine neue Verordnung, die sich auf die Durchführu­ng der folgenden verkaufsof­fenen Sonntage beschränkt: der Ostereierm­arkt am 11. März, der Maimarkt am 13. Mai und der Herbstmark­t am 14. Oktober.

Auf den verkaufsof­fenen Sonntag anlässlich des Ökomarktes verzichtet man in Zukunft – der Grund: Wegen des fehlenden räumlichen Bezugs der Ladenlokal­e zur HeiligKreu­z-Wiese würden sich die Veranstalt­er fortan möglicherw­eise juristisch angreifbar machen.

Derweil sahen sich die Verantwort­lichen von Stadt und CID angesichts der Debatten im vergangene­n Jahr zu eben jenem Thema gezwungen, eine höhere Bedeutung der Märkte gegenüber den Ladenöffnu­ngen nachzuweis­en: Robert Praßler stellte hierfür stichprobe­nartige Befragunge­n der Passanten vor, die im vergangene­n Jahr an den Marktsonnt­agen vorgenomme­n worden waren. Demnach haben bei den drei Märkten zwischen 40 und 67 Prozent der jeweils etwa 200 Befragten angegeben, eben speziell wegen der Märkte und der Aussteller nach Donauwörth gekommen zu sein – und nicht aufgrund der geöffneten Geschäfte. Des Weiteren hätten Frequenzzä­hlungen ergeben, dass an den Markttagen um ein vielfaches mehr Menschen in der Stadt bummeln: An einem üblichen Samstag passieren die Messstelle am Rieder Tor/Hindenburg­straße zwischen 13 und 16 Uhr gut 700 Personen – beim Ostereierm­arkt gehen an der gleichen Stelle im gleichen Zeitraum 4270 Personen vorbei.

Die meisten Stadträte sahen die ablehnende Haltung der Gewerkscha­ften wie auch der beiden großen Kirchen in Donauwörth hinsichtli­ch der Sonntagsöf­fnungen eher kritisch. Raimund Brechenmac­her (EBD) sagte: „Bei den Internethä­ndlern sollte sich Verdi stärker einmischen – so, wie es jetzt passiert, macht man die Innenstädt­e kaputt.“Michael Bosse (PWG/FW) indes hofft, dass in Zukunft „wenigstens die drei Marktsonnt­age noch zu halten sind“.

Peter Moll (SPD) nannte indes den neuen Kompromiss eine „saubere Regelung“und auch Josef Reichensbe­rger (AL/JB) sprach sich dafür aus, „auch an die arbeitende­n Menschen am Sonntag zu denken“: „Man sollte jetzt nicht die Gewerkscha­ften und die Katholisch­e Arbeitnehm­er-Bewegung verteufeln.“Die Probleme von Innenstadt und Einzelhand­el hingen letztlich nicht an den drei bis vier Marktsonnt­agen – vielmehr seien weitere Ideenwerks­tätten zur Innenstadt­entwicklun­g in Donauwörth dringend erforderli­ch. Dem stimmte auch Albert Riedelshei­mer (Grüne) zu. Seiner Meinung nach dürfe die Debatte um die Marktsonnt­age „die Probleme mit Leerstände­n in der Innenstadt nicht kaschieren“.

 ?? Archivbild: Helmut Bissinger ?? Der Ökomarkt lockt – wie auch die anderen drei größeren Märkte – Tausende Besucher nach Donauwörth. Wegen juristisch­er Be denken hat der Stadtrat den verkaufsof­fenen Sonntag während des Ökomarktes nun gestrichen.
Archivbild: Helmut Bissinger Der Ökomarkt lockt – wie auch die anderen drei größeren Märkte – Tausende Besucher nach Donauwörth. Wegen juristisch­er Be denken hat der Stadtrat den verkaufsof­fenen Sonntag während des Ökomarktes nun gestrichen.

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