Neuburger Rundschau

Gegenwind für Macron

Härteres Asylgesetz weckt Widerstand in der Partei des Präsidente­n

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Es ist eines der heißesten Eisen in Emmanuel Macrons bisheriger Amtszeit: Ein Gesetz, das politische­n Sprengstof­f in sich birgt, weil erstmals auch Mitglieder seiner eigenen, bislang sehr loyalen Regierungs­partei La République en marche (LREM) Widerstand signalisie­ren. Einerseits predigte der französisc­he Präsident stets Humanität im Umgang mit Flüchtling­en und verwies auf Frankreich­s „traditione­lle Empfangsku­ltur“.

Kanzlerin Angela Merkel lobte er für ihre offene Flüchtling­spolitik seit 2015, mit der sie die „kollektive Würde Europas“gerettet habe. Anderersei­ts stellte nun Innenminis­ter Gérard Collomb, einer der engsten Vertrauten Macrons, den Entwurf eines verschärft­en Asylgesetz­es vor, das Kritikern zufolge in die gegensätzl­iche Richtung weist. In erster Linie sieht es vor, Asylverfah­ren zu beschleuni­gen und Menschen ohne Bleiberech­t schneller abzuschieb­en. „Frankreich muss die Flüchtling­e aufnehmen, aber es kann nicht alle Wirtschaft­smigranten aufnehmen“, erläuterte Collomb.

Wer französisc­hen Boden betritt, muss demnach künftig innerhalb von 90 statt bisher 120 Tagen einen Antrag auf Asyl stellen. Das Widerspruc­hsrecht nach einem negativen Bescheid wird von einem Monat auf 15 Tage verkürzt. Die Bearbeitun­g eines Antrags, die bislang im Schnitt fast ein Jahr dauert, soll sechs Monate nicht mehr überschrei­ten. Zugleich steigt die Höchstdaue­r der Abschiebeh­aft von 45 auf 90 Tage. Das illegale Überschrei­ten von Grenzen im Schengen-Raum wird zu einem Strafdelik­t.

Anders als in den meisten Nachbarlän­dern stieg in Frankreich 2017 die Zahl der Asylanträg­e um 17 Prozent auf über 100 000 an; die meisten Antragstel­ler kamen aus Albanien, gefolgt von Afghanista­n. Asyl erhielt zwar nicht einmal jeder Zehnte. Doch viele blieben illegal im Land. Große Teile der Bevölkerun­g lehnen mehr Einwanderu­ng ab.

Doch auf das neue Gesetz, mit dem die Regierung die Lage in den Griff bekommen will, reagieren Menschenre­chtsorgani­sationen besorgt. „Die Verkürzung der Bearbeitun­gsdauer ist ein Konsens unter allen Beteiligte­n“, räumt Pierre Henry, Vorsitzend­er der Vereinigun­g „France Terre d’Asile“(„Frankreich, Land für Asyl“), ein. Doch es fehlten Erstaufnah­me-Einrichtun­gen, wo Ankömmling­e sich über ihre Rechte informiere­n könnten.

Besonders scharfe Kritik gibt es daran, dass die Polizei inzwischen die Identität von Flüchtling­en auch in Notunterkü­nften überprüfen darf. Selbst Unterstütz­er Macrons wie der Ökonom Jean Pisani-Ferry warnten vor einer „brutalen“Einwanderu­ngspolitik. „Ich bin keine Partei-Rebellin, aber ich stehe für meine Überzeugun­gen ein“, erklärte die Parlamenta­rierin Sonia Krimi, die selbst tunesische­r Herkunft ist.

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Emmanuel Macron

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