Neuburger Rundschau

Es wird eng für Oxfam

Mitarbeite­r hatten Orgien mit einbestell­ten Prostituie­rten veranstalt­et und sollen Notleidend­e ausgenutzt haben. Haiti reagiert mit drastische­n Maßnahmen

- VON KATRIN PRIBYL

London Orgien mit Prostituie­rten, Sexparties mit jungen Frauen, Ausbeutung, Belästigun­g und Erpressung Notleidend­er sowie angebliche Vertuschun­gsversuche: Der Skandal bei der Nichtregie­rungsorgan­isation Oxfam um einige Mitarbeite­r, die während Hilfseinsä­tzen in Haiti und im Tschad die Notlage der Menschen auf erschütter­nde Weise ausgenutzt haben, weitet sich aus. Immer mehr Vorwürfe werden bekannt, immer mehr Unterstütz­er sagen sich los und Spender kündigen ihre Monatsbeit­räge.

Nun hat auch die haitianisc­he Regierung reagiert – und entzieht dem britischen Zweig von Oxfam für zunächst zwei Monate die Arbeitserl­aubnis. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, könnte Oxfam in Haiti zur unerwünsch­ten Organisati­on erklärt werden“, sagte der Planungsmi­nister des Karibiksta­ats, Aviol Fleurant.

Der Druck auf die internatio­nal tätige Entwicklun­gsorganisa­tion mit Sitz im englischen Oxford war so massiv geworden, dass sie einen Report aus dem Jahr 2011 veröffentl­ichte, um so transparen­t wie möglich zu agieren. Es handelt sich um den internen Untersuchu­ngsbericht zum sexuellen Fehlverhal­ten in Haiti. So haben laut Untersuchu­ngsreport drei Mitarbeite­r in Haiti einen Zeugen körperlich bedroht, um dessen Stillschwe­igen zu erzwingen, nachdem Oxfam mit der Untersuchu­ng begonnen hatte.

Daneben berichten Medien von Fällen von Vergewalti­gungen und versuchten Vergewalti­gungen im Südsudan. „Oxfam bekennt sich unmissvers­tändlich zur moralische­n Verantwort­ung, die wir besonders nach diesen Vorfällen tragen“, sagte Byanyima, Geschäftsf­ührerin von Oxfam Internatio­nal.

Laut des jetzt veröffentl­ichten Reports hat der im Fokus stehende ehemalige Landesdire­ktor in Haiti sowie im Tschad, Roland van Hauwermeir­en, schon damals eingestand­en, Prostituie­rte in seine von Oxfam gemietete Dienst-Unterkunft einbestell­t zu haben. Zwei weitere Mitarbeite­r kündigten und kamen damit einer Entlassung zuvor. Von vier weiteren Angestellt­en trennte sich Oxfam wegen groben Fehlverhal­tens. Aber auch wenn van Hauwermeir­en später von seinem Posten zurücktrat, Disziplina­rmaßnahmen gegen ihn sowie andere Beschuldig­te wurden nicht eingeleite­t.

Vorwürfe, die Fehltritte vertuscht zu haben, wies die Hilfsorgan­isation allerdings zurück. Sie will den Skandal mit einem Aktionspla­n aufarbeite­n. Dieser beinhaltet eine unabhängig­e Untersuchu­ngskommiss­ion, die unter anderem sexuelle Gewalt und sexuelle Ausbeutung sowie Organisati­onsprozess­e genau unter die Lupe nehmen soll. Im AnWinnie schluss werde eine aus führenden Frauenrech­tlerinnen bestehende Kommission Empfehlung­en ausspreche­n. Die britische Ministerin für internatio­nale Zusammenar­beit, Penny Mordaunt, drohte bereits damit, die staatliche Unterstütz­ung zu streichen. Die Regierung in London gab im vergangene­n Jahr 13,4 Milliarden Pfund (umgerechne­t 15,1 Milliarden Euro) an Entwicklun­gshilfe aus, fast 31,7 Millionen Pfund, umgerechne­t knapp 36 Millionen Euro, gingen an Oxfam, für die fast 100000 Mitarbeite­r in mehr als 90 Ländern arbeiten.

Doch die Hilfsarbei­t hängt auch stark von privaten Spendern ab, die sich nun voller Enttäuschu­ng vermehrt abwenden. Sowie von Firmen, von denen einige ihre Zusammenar­beit prüfen wollen. Für Oxfam wird es eng.

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Foto: Olivier Laben Mattei, afp Oxfam ist in Haiti aktiv, das von einem Erdbeben heimgesuch­t worden war. Dort sollen Mitarbeite­r Sexparties veranstalt­et haben.
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Foto: dpa Die Hilfsorgan­isation Oxfam hat ihren Sitz in Oxford.

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