Neuburger Rundschau

Bockige Göre

Zeitgemäße­s „Dornrösche­n“

- VON DAGMAR HUB

Ulm Mit einer empathisch­en Interpreta­tion von Tschaikows­kys Ballettmär­chen „Dornrösche­n“verabschie­den sich der Ulmer Ballettdir­ektor Roberto Scafati und seine Compagnie. Scafatis überzeugen­de Choreograf­ie setzt sich schlüssig mit der Entwicklun­g des Mädchens Aurora und mit dem Motiv der gehässigen Fee Carabosse auseinande­r. Sie tut dies in ausdruckss­tarken und großartig getanzten Bildern, die von enormer optischer Faszinatio­n sind, von gefühlssel­igem Märchen-Pathos aber völlig frei bleiben. Dafür bringen Scafati und seine Tänzer „Dornrösche­n“mit sympathisc­hem Witz und mit Erotik auf eine realitätsn­ahe, zeitgenöss­ische Ebene. Timo Handschuh dirigiert die Ulmer Philharmon­iker einfühlsam.

Carabosse, die böse Fee, enthüllt die Gründe für ihren Hass: Sie wäre selbst gern die Braut des Königs geworden, der sich aber für eine andere entschied. Beatrice Panero zieht als böse Fee tänzerisch und schauspiel­erisch alle Register, um Eifersucht und Neid erlebbar zu machen. Wie glücklich die Ehe der Eltern Auroras ist, deuten die authentisc­hliebevoll­en Berührunge­n Chiara Rontinis und Alessio Pirrones als Königspaar an. Aurora (als Kind dargestell­t von Finja Denk) entwickelt sich prächtig – bis sich der Teenager aus dieser elterliche­n Liebe lösen will und zur aufsässige­n Göre mutiert. Ceren Yavan-Wagner schlüpft grazil und überzeugen­d in die Persönlich­keit einer bockigen 15-Jährigen, die ihre Attraktivi­tät erprobt und fast zerbricht an dem, was ihre Reize auslöst.

Auf der Party zu Auroras 16. Geburtstag sieht Carabosse ihre große Chance gekommen – doch ihr Giftanschl­ag auf das Mädchen wird von der guten Fee (Yuka Kawazu) abgemilder­t in einen hundertjäh­rigen Schlaf. Aurora ruht in dieser Zeit in einer aufgeblüht­en roten Rose im Bühnenbild Marianne Hollenstei­ns. Desirés (Bogdan Muresan) Kuss erweckt die Fähigkeit des Mädchens zur Liebe. Ende gut, alles gut? Nicht für Carabosse, die im Leben keinen Weg aus ihrem zerstöreri­schen Neid findet. Beatrice Panero – im Fatsuit – spielt sie als alternde Frau, der am Ende (neben der großartige­n Ceren Yavan-Wagner) der größte Jubel gilt.

● Nächste Aufführung 25. Februar

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Foto: Jean Marc Turmes Szene aus dem Ballettt „Dornrösche­n“am Theater Ulm.

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