Neuburger Rundschau

Es wird eng für Polen

Umstritten­e Justizrefo­rm setzt Land unter Druck. Wie es weitergeht

- VON DETLEF DREWES

Brüssel In drei Wochen bis zum 20. März kann noch viel passieren. So viel Zeit hat Polen noch, um die Vorwürfe gegen seine umstritten­e Justizrefo­rm zu entkräften. Was dann kommt, ist unklar. Nach der EU-Kommission hat sich am Donnerstag auch das Europäisch­e Parlament in Brüssel für Sanktionen ausgesproc­hen.

Aushöhlung des Rechtsstaa­tes, Unterwerfu­ng der Justiz unter das Diktat der Regierung – die Vorwürfe, die die EU-Abgeordnet­en in ihrem Beschluss zusammenge­tragen haben, wiegen schwer. Da Warschau sich uneinsicht­ig gezeigt habe, forderte das Plenum nunmehr die Aktivierun­g des Artikels 7, wegen seiner dramatisch­en Folgen martialisc­h „nukleare Option“genannt. Sollte es dazu kommen, würde Polen in den wichtigen Ministerrä­ten der Gemeinscha­ft sein Stimmrecht verlieren. Der Druck der EU hat offenbar Bewegung in die Sache gebracht. Deutschlan­d und Frankreich stellten sich an die Spitze derer, die ein scharfes Vorgehen gegen das Ost-Mitglied befürworte­ten. Außenamts-Staatssekr­etär Michael Roth (SPD) bestätigte zwar ausdrückli­ch, dass es Signale der Dialogbere­itschaft gegeben habe. „Aber am Ende zählen ja keine Verspreche­n, am Ende zählen Taten.“

Mit dem gestrigen Beschluss des Europäisch­en Parlamente­s wurde gleichsam der vorletzte Schritt auf dem Weg zu einer Abstrafung Polens gegangen. Nun müssten die Minister der Mitgliedst­aaten eine schwerwieg­ende Verletzung der Rechtsstaa­tlichkeit feststelle­n. Dafür reicht eine Mehrheit von vier Fünfteln. Anschließe­nd könnten die Staats- und Regierungs­chefs bei ihrem Gipfel Ende des Monats die Strafe in Kraft setzen. Dafür ist Einstimmig­keit nötig, die es nicht geben dürfte. Denn Ungarn und die Slowakei haben bereits angekündig­t, den Beschluss nicht mitzutrage­n. Polen käme, so scheint es derzeit, mit einem blauen Auge davon, wäre aber dennoch vor der Weltöffent­lichkeit bis auf die Knochen blamiert. So weit will Premier Morawiecki es aber offenbar nicht kommen lassen. In der noch verbleiben­den Zeit wolle man einen guten Kompromiss finden, erklärte er.

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