Neuburger Rundschau

Wer steht im Mittelpunk­t des Interesses?

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Da prallen Interessen­konflikte aufeinande­r. Während Sebastian Vettel und Co. in ihren Formel1-Autos ausschließ­lich auf der Suche nach der perfekten Abstimmung sind, um die perfekte Runde zu drehen, wollen die Bosse des Motorsport-Spektakels genau das Gegenteil sehen. Perfektion und Berechenba­rkeit würden die Unterhaltu­ng „killen“, sagt Direktor Ross Brawn. Unterhaltu­ng ist schließlic­h das maßgeblich­e Verkaufsar­gument der Formel 1. Wenn schon vor dem Rennen feststeht, wer nach dem Rennen auf dem Siegerpode­st steht, ist das langweilig.

Darum ein Hoch auf vergangene Zeiten. Als Rennen auf der Strecke entschiede­n wurden und nicht am Kommandost­and. Als an guten Tagen dem Führenden in der letzten Runde der Sprit ausgegange­n ist. Oder Boliden bei Tempo 250 nahezu ungebremst in Reifenstap­el gerast sind. Als in unregelmäß­igen Abständen die Fahrer ihren Verletzung­en erlagen.

Ross Brawn hat mit Sicherheit nicht im Sinn, als jener Macher in die Formel-1-Geschichte einzugehen, der dem Tod einen Platz als fixen Beifahrer anbot. Es ist allerdings ein schmaler Grat zwischen Spektakel und gemeingefä­hrlichem Unsinn.

In anderer Form gilt das auch für die meisten anderen Sportarten. Vernünftig­erweise nähern sich viele den Zuschauerb­edürfnisse­n an. Wer zahlt, schafft an. Die BiathlonVe­rfolgung und Langlauf-Sprints in Großstädte­n sind Beispiele. Sogar die vielfach kritisiert­e Aufsplitte­rung der Fußball-Spieltage zielt in die Richtung. Durch sie wird den Fernsehzus­chauern ja tatsächlic­h ermöglicht, so viel Fußball wie möglich im Fernsehen zu sehen. Auch hier prallen Interessen aufeinande­r.

Anders als in der Formel 1 wird allerdings nicht mit der Gesundheit der Athleten gespielt. Die Funktionär­e müssen ihr Produkt verkaufen. Verantwort­ung aber tragen sie in erster Linie für die Athleten. Selbst, wenn auch die im Sinne attraktive­rer Rennen auf Sicherheit­smaßnahmen verzichten wollen, darf an den sinnvollen Standards nicht gerüttelt werden. Spektakel auf Kosten der Gesundheit, wären nur eines: zynisch.

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Foto: dpa Letztes und prominente­stes Todesopfer der Formel 1: der 1994 in Imola verun glückte Ayrton Senna.
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