Wem Hilfe zusteht, dem wird geholfen
Die Neuburger Tafel kennt die Probleme nicht, die ihre Kollegen in Essen haben. An der Ausgabestelle im Schwalbanger geht es geordnet zu. Aber die Zahl der Bedürftigen ist gestiegen
Neuburg Sie will nicht über andere urteilen, ohne die genauen Hintergründe zu kennen. „Man weiß ja nicht, was da alles konkret passiert ist“, sagt Philomena Schlamp. Seit fünfeinhalb Jahren engagiert sich die 57-Jährige aus Attenfeld bei der Neuburger Tafel, seit einem Jahr ist sie die neue Vorsitzende des Vereins. Dass hier eine Entscheidung fallen könnte, wie sie die Tafelkollegen in Essen getroffen haben, kann sie sich nicht vorstellen. „Bei uns gibt es in der Hinsicht überhaupt keine Probleme.“
Die Tafel in Essen sorgt seit Wochen für bundesweite Schlagzeilen, weil sie seit Januar nur noch Bedürftige mit deutschem Pass annimmt. Diese Entscheidung fiel, nachdem es mit bedürftigen Migranten bei der Essensausgabe immer wieder Probleme gegeben haben soll. Das Verhalten der Verantwortlichen schlägt hohe Wellen und lenkt zugleich den Blick auf die Situation bei anderen Tafeln – wie der in Neuburg, die es seit knapp 18 Jahren gibt.
Philomena Schlamp erzählt, dass derzeit 551 Personen aus 234 Haushalten von der Neuburger Tafel versorgt würden. Davon seien rund zwei Drittel Deutsche, ein Drittel hätten eine andere Nationalität, kämen zum Beispiel aus Syrien, Afghanistan oder Polen. „Darunter sind keine Asylbewerber, um die sich die Kommune kümmert, sondern wenn, dann nur bereits anerkannte Flüchtlinge“, betont sie.
Innerhalb eines Jahres sei die Zahl Bedürftigen um 50 gewachsen, was nicht daran liege, dass der Ausländeranteil größer geworden sei. Vielmehr handle es sich vorwiegend um ältere Menschen mit einer kleinen Rente oder Alleinerziehende, die Hilfe benötigen. Wegen des Anstiegs habe sich die Tafel entschlossen, die Essensausgabe am Mittwoch aufzuteilen. „Die Bedürftigen konnten sich entscheiden, ob sie lieber vormittags oder nachmittags kommen wollen“, erklärt die Ver- einschefin. Bei der Ausgabe der Lebensmittel würden sich die Menschen absolut anständig verhalten. Vordrängeln oder Rangeleien, so wie es in Essen der Fall gewesen sein soll, gebe es da nicht. „Wir haben Regeln, und die werden von allen auch eingehalten“, verdeutlicht Philomena Schlamp. Es werde niemand bevorzugt behandelt, jeder bekomme reichlich, und niemand soll weggeschickt werden, ohne dass ihm geholfen worden sei. „Wenn eider ner seinen Rentenantrag vergessen hat, oder die notwendigen Papiere noch nicht vorlegen kann, soll er die Unterlagen halt beim nächsten Mal vorzeigen“, sagt sie.
Nicht weniger als 52 Sponsoren und Lieferanten sorgen dafür, dass die Kühltruhen und Regale in der Ausgabestelle am Schwalbanger mittwochs immer gut gefüllt sind. Dort fühlt man sich dann wie in einem Tante-Emma-Laden. Es gibt von der Pampers für die Kleinsten, über Waschmittel, Kaffee, Wurst und Käse bis hin zu Obst, Gemüse, Nudeln und Brot alles, was Menschen für den täglichen Bedarf brauchen. „Nicht jede Woche gibt es das Gleiche, das wechselt. Aber immer genug für alle, die kommen“, erklärt Philomena Schlamp.
Sie ist natürlich glücklich darüber, dass ihr Helferteam innerhalb nur eines Jahres um 15 auf nun 77 Ehrenamtliche angewachsen ist. Und sie freut sich über jede Spende, die bei der Neuburger Tafel ankommt – sei es in Form von Lebensmitteln oder Geld. „Denn wir brauchen im Jahr rund 30000 Euro, um über die Runden zu kommen, und die erhalten wir nur über Spenden“, sagt die Vereinschefin.
OSpende Wer als Privatperson bei der Tafel Lebensmittel abgeben möchte, kann dies dienstags zwischen 9 und 15 Uhr sowie mittwochs zwischen 8 und 11 Uhr Am Schwalbanger 7 A in Neuburg tun. Das Konto für Geldspenden lautet: Sparkasse Neuburg/Rain
IBAN: DE66 72152070 0000 014506 BIC: BYLADEM1NEB
Neuburg ist nicht Essen, und die Zustände bei der Tafel hier nicht mit denen in der Ruhrpott-Metropole vergleichbar. Gott sei Dank, möchte man sagen, obwohl es den ehrenamtlichen Helfern hier wie dort sicherlich nur darum geht, Bedürftigen zu helfen. Möglicherweise waren die Tafelhelfer in Essen schlichtweg mit der Situation überfordert, als sie Ausländern den Zutritt verweigerten. Vielleicht fehlten von Beginn der Probleme an klare Regeln, die den ausländischen Bedürftigen auch klar und deutlich vermittelt gehört hätten.
In Neuburg ist das so. Hier gibt es solche Regeln, die Deutsche wie Ausländer, die allesamt eine Berechtigung haben müssen, zur Tafel zu kommen, einzuhalten haben. Ist jemand zum Beispiel erstmals bei der Ausgabe am Mittwoch dabei und weiß nicht, dass man sich in einer Schlange zunächst einmal hinten anstellen muss, dann wird dies an Ort und Stelle geregelt. „Problemlos“laufe deshalb die Ausgabe der Waren des täglichen Bedarfs ab, und „anständig“verhielten sich die Kunden, sagt Tafelladen-Chefin Philomena Schlamp.
In Neuburg hat das Gebot der Fairness unter den Bedürftigen Priorität. Und solange diese eingehalten wird, ist es für die Tafel auch kein Problem, ihrer Philosophie zu folgen und Menschen in Not zu helfen. Dabei sollte die Herkunft keine Rolle spielen. In Essen war das wohl anders.