Neuburger Rundschau

Wie stark schottet die EU ihren Markt ab?

US-Präsident Donald Trump will Schutzzöll­e auf Stahl und Aluminium erheben. Für die EU soll es bislang keine Ausnahme geben – denn ihr Verhalten stört Trump besonders. Zu Recht?

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Washington/Brüssel Nachdem der US-Präsident Donald Trump beschlosse­n hat, Zölle auf Stahl und Aluminium zu erheben, deuten bislang wenige Zeichen daraufhin, dass es für die EU Ausnahmen geben wird. Zwar soll US-Handelsmin­ister Wilbur Ross noch einmal mit Vertretern der EU sprechen. Trump zeigte sich aber wenig kompromiss­bereit. Ihn stören vor allem die Handelsbed­ingungen der EU. „Die Europäisch­e Union war besonders hart zu den Vereinigte­n Staaten. Sie macht es fast unmöglich für uns, Geschäfte mit ihr zu machen, und trotzdem sendet sie ihre Autos und alles andere in die Vereinigte­n Staaten. Die Europäisch­e Union hat uns nicht sehr gut behandelt und es ist eine sehr, sehr unfaire Situation“, sagt er. Aber stimmt das?

Zum Teil. Dass es für die USA „fast unmöglich“sei, Geschäfte mit Europa zu machen, ist so pauschal nicht zutreffend. Doch die Aussage hat einen wahren Kern. Die Europäisch­e Union erhebt im Durchschni­tt höhere Zölle als die Vereinigte­n Staaten. Nach Angaben der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) liegen die EU-Zölle im Schnitt bei 5,2 Prozent, in den USA im Schnitt bei 3,5 Prozent. Auch wenn man die Zollsätze für einzelne Güter mit den importiert­en Mengen gewichtet, liegt Europa höher. Der gewichtete Zollsatz beträgt für die EU 3,0 Prozent, in den USA 2,4 Prozent.

Für einzelne Produktgru­ppen gibt es allerdings erhebliche Unterschie­de. Jede Seite hat eine Reihe von Branchen, die sie verstärkt vor Importen schützt. Europa erhebt etwa Einfuhrzöl­le auf Autos von zehn Prozent, die USA nur von 2,5 Prozent. Dieser Umstand stört Trump besonders. Außerdem schirmt die EU ihren Agrarsekto­r ab. So erhebt sie beispielsw­eise für Getreide im Schnitt 15,9 Prozent Zoll. Für Milchprodu­kte sind es im Mittel 37,4 Prozent, in Ausnahmefä­llen kann es hier aber sogar mehr als der Produktwer­t werden (105 Prozent). Bei Importen in die USA werden dagegen etwa bei Baumwolle bis zu 16 Prozent fällig, bei Lederwaren gar bis zu 55 Prozent. Bei Petroleum und Chemikalie­n liegt der Höchstsatz bei vergleichs­weise niedrigen 7 Prozent.

Wenn Trump nun neben den Zollsätzen kritisiert, dass die EU „Autos und alles andere in die Vereinigte­n Staaten“schicke, während es für die US-Seite „fast unmöglich“sei, Geschäfte zu machen, hat er dabei wohl den gesamten Warenhande­l im Kopf. Denn unterm Strich exportiert die EU mehr in die USA als umgekehrt. 2016 lag der Wert der EU-Ausfuhren in die Vereinigte­n Staaten bei 363,5 Milliarden Euro. Die US-Einfuhren beliefen sich auf 250,5 Milliarden Euro.

Zölle und Wareneinfu­hren sind allerdings nicht die einzigen Faktoren, um den wirtschaft­lichen Austausch zu bewerten. Eine große Rolle spielen auch Dienstleis­tungen sowie direkte Auslandsin­vestitione­n. Hier liegen EU und USA nahezu gleichauf. Neben Zöllen gibt es zudem andere Beschränku­ngen der Importmeng­e, etwa technische Vorschrift­en oder Umweltaufl­agen. Wenn sie komplizier­t sind oder teure Mehrfach-Genehmigun­gen erfordern, mindern sie ebenfalls den Import. In Brüssel wird betont, dass durch solche Regelungen nicht nur US-Exporte in die EU, sondern auch EU-Exporte in die USA erschwert werden. So lasse sich die US-Seite teils viel Zeit mit Verfahren. Acht EU-Staaten warten etwa seit mehr als zehn Jahren darauf, Äpfel und Pfirsiche in die USA exportiere­n zu dürfen.

Was Trump nicht sagt: Eigentlich hätte er seit über einem Jahr mit der EU über die Abschaffun­g von so gut wie allen Zöllen reden können. Unter US-Präsident Barack Obama hatten die EU und die USA bereits 2013 mit Verhandlun­gen über ein umfassende­s Handelsabk­ommen (TTIP) begonnen. Trump gab bislang aber kein Signal, diese Gespräche fortsetzen zu wollen.

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Foto: Jörg Sarbach, dpa Die EU erhebt auf die Einfuhr von Autos zehn Prozent Zölle – die USA nur 2,5. US Präsident Donald Trump findet das unfair.
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