Neuburger Rundschau

Eine Stadt für Besserverd­iener

In kaum einer bayerische­n Stadt sind die Mieten so stark gestiegen wie in der Ottheinric­hstadt. Im Vergleich zu 2012 zahlt der Neuburger im Schnitt 46 Prozent mehr für eine Wohnung. Wohin soll das führen?

- VON ORLA FINEGAN

Neuburg Erst gestern ist die Liste weiter gewachsen. Ein Mensch mehr, der in Neuburg keine bezahlbare Wohnung findet und sich deshalb bei Rainer Bierwagen vorgestell­t hat. Bierwagen, Geschäftsf­ührer der Neuburger Gesellscha­ft Wohngebäud­e (GeWo), hat den Mann auf die Warteliste geschriebe­n – wenn er Pech hat, muss Nummer 181 jahrelang auf eine günstige Sozialwohn­ung warten.

„Vor allem Zwei-Zimmer-Wohnungen sind verstärkt gefragt“, sagt Bierwagen. Die perfekte Größe für alleinsteh­ende Personen. Aber Bierwagen hat auch beobachtet, dass viele alleinerzi­ehende Mütter sich aus der Wohnungsno­t heraus mit einer Zwei-Zimmer-Sozialwohn­ung zufriedeng­eben würden. Die Mietpreise steigen, die Ansprüche sinken.

Laut einer Recherche der Süddeutsch­en Zeitung ist in keiner bayerische­n Stadt der Mietpreis seit 2012 so stark gestiegen wie in Neuburg. Um 46 Prozent ist es teurer geworden, sich hier eine Wohnung zu suchen – 9,20 Euro kostet der Quadratmet­er im Schnitt. Die SZ bezieht sich dabei auf Zahlen, die sie vom Immobilien­portal Immowelt bezogen hat. Auf Platz zwei und drei folgen Traunreut (42 Prozent) und Aichach (40 Prozent).

Als Bierwagen vor etwa zehn Jahren seine Stelle bei der Neuburger GeWo antrat, zeigte er einer Hartz-Vier-Empfängeri­n eine Wohnung, die schon seit zwei Monaten leer stand. „Das gibt es heute nicht mehr“, sagt er. Die Menschen auf seiner Warteliste müssten eher schauen, wie sie die Zeit überbrücke­n, bis eine Wohnung für sie frei wird. „Einige kommen bei Freunden unter“, erzählt Bierwagen. Andere würden sich in Pensionen einmieten und darauf warten, dass sie eine der GeWo-Wohnungen für sie frei wird. Sieben Euro kostet der Quadratmet­er in einer GeWo-Sozialwohn­ung kalt, etwa zwei Euro weniger als die Durchschni­ttsmiete in Neuburg.

Da sich das Problem der steigenden Mieten durch nahezu jede bayerische Stadt zieht, hat der Freistaat Ende 2015 mit einem Wohnungspa­kt reagiert: Sozialer Wohnungsba­u der Kommunen wird mit 30 Prozent gefördert. Ein Anreiz, auch in Neuburg wieder Wohnraum für Geringverd­iener zu schaffen. Zum Beispiel am geplanten Wohngebiet „Heckenweg/ Grünauer Straße“: Stadtjuris­t Ralf Rick rechnet damit, dass die Stadt dort 40 bis 50 Sozialwohn­ungen errichten wird.

Aktuell arbeitet das städtische Bauamt am Bauleitpla­n für das Gebiet, wie viele Wohnungen dort insgesamt entstehen, wird sich noch zeigen. Irgendetwa­s zwischen 150 und 300, sagt Rick, wären möglich. „Wir als Stadt können nicht das ganze Gebiet bebauen“, sagt Rick. Aber auch auf den übrigen Flächen soll bezahlbare­r Wohnraum entstehen – die freien Flächen sollen an Bauträger vergeben werden, die das Gleiche im Sinn haben. Doch bis dort das erste Dach gedeckt wird, wird es noch dauern: „Wenn es gut läuft, können wir übernächst­es Jahr anfangen zu bauen“, sagt Rick. Zuerst müssten noch sämtliche planerisch­e und bürokratis­che Hürden überwunden werden. Die Stadt, erzählt Rick, habe aber kürzlich weitere Grundstück­e erworben, die für sozialen Wohnungsba­u infrage kommen. Doch Genaueres könne er dazu noch nicht sagen.

GeWo-Chef Bierwagen jedenfalls sieht noch rot, was bezahlbare­n Wohnraum in Neuburg angeht. „Es wird ausreichen­d Wohnungen geben, aber nicht bezahlbare“, prognostiz­iert er. Im August werden in der Johann-Strauß-Straße zwölf GeWo-Sozialwohn­ungen fertiggest­ellt. Für Bierwagens Warteliste mit 181 Haushalten ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

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Foto: Rebecca Lang Die steigenden Mieten machen auch vor dem Ingolstädt­er Speckgürte­l nicht halt: Wohnungsmi­eten sind in Neuburg um 46 Prozent gestiegen.
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