Neuburger Rundschau

„Ich kann das noch umdrehen“

Stürmer Petr Taticek zeigt sich vor dem heutigen Playoff-Auftakt gegen Mannheim sehr selbstkrit­isch. Warum er in diesem Duell an seine Mannschaft glaubt

- VON DIRK SING

Ingolstadt Wenn der ERC Ingolstadt heute (19.30 Uhr) mit dem Heimspiel gegen die Adler Mannheim in seine Playoff-Viertefina­l-Serie startet, dann dürfte ein Akteur besonders motiviert sein: Petr Taticek. Für den 34-jährigen Angreifer war es schlichtwe­g eine Hauptrunde zum Vergessen. In 44 Partien brachte es der gebürtige Tscheche mit deutschem Pass nur auf drei Tore und elf Assists. Somit bietet sich für Taticek in den nun anstehende­n Playoffs die große Chance, aus einer bislang sehr durchwachs­enen noch eine überaus erfolgreic­he Saison 2017/2018 zu machen. Im NR-Interview zeigt sich der Stürmer gewohnt offen, ehrlich und selbstkrit­isch.

Herr Taticek, können Sie sagen, wie oft Sie als Eishockey-Profi mit ihren jeweiligen Teams die Playoffs erreicht haben?

Taticek: (überlegt) Hmm, zehn Mal vielleicht?

Knapp daneben! Es waren sogar zwölf Playoff-Teilnahmen. Wissen Sie auch noch, wann Sie zum letzten Mal die (Pre-)Playoffs verpasst haben? Taticek: (überlegt) Das müsste im Jahr 2005 gewesen sein, als ich in der American Hockey-League für die San Antonio Rampage (Farmteam der Florida Panthers, Anm. d. Red.) gespielt habe.

Absolut richtig. Wenn Sie einmal auf Ihre persönlich­e Playoff-Historie zurückblic­ken: Welche Endrunden sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Taticek: Ich würde an dieser Stelle zwei Playoff-Teilnahmen mit dem HC Davos nennen. Zum einen war es die im Jahr 2009, als jede Serie über die volle Distanz von sieben Spielen ging. Da haben wir in 45 Tagen 21 Partien absolviert – das war schon der Wahnsinn! Um so größer war danach der Jubel über die gewonnene Meistersch­aft. Unvergesse­n sind für mich aber auch die Playoffs 2011, die vergleichs­weise „gemütlich“abgelaufen sind. Die ersten beiden Serien haben wir uns jeweils mit 4:0 geholt. Im Finale lagen wir auch schon mit 3:0 in Führung und konnten dann am Ende über einen 4:2-Erfolg jubeln.

Gibt es auch eine Playoff-Serie, die Sie am liebsten komplett vergessen würden?

Taticek: Ja, schon. In meinem letzten Jahr in Davos (2014) wurde ich im Playoff-Viertelfin­ale gegen Kloten für sieben Spiele gesperrt, weil ich angeblich den Linienrich­ter gecheckt hätte. Das war eine Entscheidu­ng, die ich absolut nicht nachvollzi­ehen konnte, weil es einfach nicht der Realität entsprach. Von dem her blicke ich auf diese Geschichte nur ungern zurück. In der darauffolg­enden Spielzeit sind Sie zum amtierende­n deutschen Meister ERC Ingolstadt gewechselt und haben mit den Panthern prompt das Playoff-Finale erreicht. Gegner waren – wie jetzt auch – die Adler Mannheim. Welche Erinnerung­en haben Sie an diese Serie?

Taticek: Mannheim hatte damals schon eine sehr starke Mannschaft. Nachdem beide Teams ihre ersten beiden Heimspiele gewannen, haben wir uns das dritte Match in Mannheim mit 6:1 geholt. Danach ging es wieder zurück nach Ingolstadt, wo die Adler diese Serie wieder ausgleiche­n konnten. Im Nachhinein war diese Begegnung für den weiteren Verlauf dieser Serie wohl entscheide­nd, da Mannheim das Momentum damit abermals auf seine Seite gezogen hat.

Bleiben wir noch kurz bei den Playoffs 2015. In der Halbfinal-Serie gegen Düsseldorf kam es aufgrund einer Verletzung Ryan MacMurchys plötzlich zur Geburt des neuen „Traum-Trios“Brandon Buck, Thomas Greilinger und Ihnen. Was hat diese Sturmreihe ausgezeich­net?

Taticek: Nun, ich hatte ja bereits während der Hauptrunde schon die meiste Zeit mit Buck und MacMurchy zusammenge­spielt. Und das hat auch sehr gut funktionie­rt. Nach dem verletzung­sbedingten Ausfall von MacMurchy hat dann Greile seine Chance bekommen und diese hervorrage­nd genutzt. Nachdem wir alle Spieler waren und sind, die Eishockey spielen wollen, hat das auf Anhieb sehr gut funktionie­rt.

Aktuell bilden Sie eine Formation mit Greg Mauldin und erneut Thomas Greilinger. Wie würden Sie die Chemie in dieser Linie beschreibe­n? Taticek: Sie ist definitiv sehr gut! Wenn unsere Reihe gegen Mannheim die Auf- und Vorgaben entspreche­nd umsetzt, die uns Trainer Doug Shedden mit auf den Weg gegeben hat, dann haben wir sicherlich hervorrage­nde Chancen, diese Serie zu gewinnen.

Lassen Sie uns auf die Hauptrunde zurückblic­ken. Warum ist es der Mannschaft speziell bis zur Trennung von Cheftraine­r Tommy Samuelsson derart schwergefa­llen, eine gewisse Konstanz an den Tag zu legen?

Taticek: Wir haben in dieser Phase als Mannschaft sicherlich kein gutes Eishockey gespielt. Man kann aber auch sagen, dass der Trainer den Kader beziehungs­weise das Potenzial nicht richtig unter Kontrolle hatte. Wäre das der Fall gewesen, hätte es wohl anders ausgesehen.

Mit der Verpflicht­ung von Doug Shedden als neuem Cheftraine­r kam dann der große Umschwung. In 17 Partien, in denen der erfahrene Kanadier hinter der Bande stand, punkteten die Panther 14 Mal. Was hat sich unter seiner Regie verändert?

Taticek: Er hat das Team absolut unter Kontrolle. Darüber hinaus weiß Doug ganz genau, wie er mit jedem einzelnen Spieler umgehen muss. Er kann schreien, motivieren, kritisiere­n, loben – und alles zum richtigen Zeitpunkt. So gibt er uns die Energie, die wir benötigen, um erfolgreic­h zu sein. Das ist eine sehr wichtige Eigenschaf­t, die 90 Prozent der Spieler brauchen. Von dem her freut es mich, dass Doug seinen Vertrag verlängert hat und er auch in der neuen Saison unser Headcoach ist.

Wie fällt Ihr bisheriges persönlich­es Fazit dieser Spielzeit aus?

Taticek: Man kann schon sagen, dass es für mich die schlimmste Saison war, die ich bislang erlebt habe! Aber was kann man machen? Ich habe jedes Training und jedes Spiel gekämpft, um aus diesem Loch herauszuko­mmen. Ich weiß aber, dass ich diesen Eindruck immer noch umdrehen kann – wenn ich nun sehr gute Playoffs absolviere. Und genau das ist mein Ziel. Ich freue mich jedenfalls darauf.

Wenn man einen Blick auf die jeweiligen Kader des ERC Ingolstadt und der Adler Mannheim wirft: Es steckt zweifelsoh­ne sehr viel Playoff-Erfahrung in beiden Teams. Gibt es in diesem Duell Hauptrunde­n-Vierter gegen den Fünften einen Favoriten?

Taticek: Auch wenn Mannheim natürlich über einen sehr guten und tiefen Kader verfügt, sehe ich die Chancen 50:50. Ich glaube aber an uns und habe Vertrauen, dass wir diese Serie zu unseren Gunsten entscheide­n können.

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Foto: Xaver Habermeier Hatte in der Punktrunde oftmals auch das Pech am Schläger: Panther Stürmer Petr Taticek (Mitte), der in dieser Szene die Schei be nicht am gegnerisch­en Schlussman­n vorbeibrin­gt.

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