Neuburger Rundschau

Eine italienisc­he Revolution

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Glückliche­s Italien: Eine Gruppe Studenten, die unzufriede­n mit ihrer Universitä­t waren, zogen einfach ein Städtchen weiter und gründeten dort eine neue Universitä­t. Das ist allerdings schon eine Weile her. Der Umzug fand im 13. Jahrhunder­t statt. Die Universitä­t, der die Studenteng­ruppe den Rücken kehrte, war Europas älteste. Sie stand (und steht) in Bologna. Die neue entstand in Padua und wurde ziemlich revolution­är.

Die Studenten und Professore­n in Padua hatten das Glück, dass sie nicht unter der unmittelba­ren Aufsicht der Kirche standen, sondern auf dem Gebiet der entschiede­n weltlichen Republik Venedig arbeiten konnten. Da durfte man in Fächern forschen und studieren, die nicht den Segen des Papstes hatten: Anatomie, Medizin und – schlimmer noch – Astronomie. Galileo Galilei lehrte hier Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunder­ts und revolution­ierte unser Weltbild.

Eine Revolution bescheiden­erer Art fand ein paar Jahrzehnte später an dieser Universitä­t statt. Dafür sorgte, besser: kämpfte, eine gewisse Elena Lucrezia Cornaro Piscopia. Sie war schon früh dadurch aufgefalle­n, dass sie sich von den frivolen Belustigun­gen der venezianis­chen Gesellscha­ft fernhielt. Sie entschloss sich, als sogenannte Benediktin­eroblate nach den Regeln des Klostergrü­nders zu leben, lernte alte und neue Sprachen und dazu Mathematik, Philosophi­e und Theologie. Das tat sie nicht nur im stillen Kämmerlein: Sechs Jahre lang ging Elena in der eigentlich exklusiv für die Herren der Schöpfung vorgesehen­en Universitä­t ein und aus. Aber sie hatte ein Problem: Es war nicht vorgesehen, dass Frauen einen Universitä­tsabschlus­s erlangen konnten. Mit Klugheit und Hartnäckig­keit erkämpfte sie sich dann doch die Erlaubnis, ein Examen zu machen. Sie promoviert­e im Jahr 1678 mit Bestnote. So wurde Elena Lucrezia Cornaro Piscopia die erste Frau überhaupt, die einen Doktortite­l erlangte. Die Revolution, die mit der klugen Elena begann, kam nur langsam in Fahrt. Die erste Frau Doktor Deutschlan­ds hieß Dorothea Erxleben. Sie durfte – nur dank einer Sondergene­hmigung des Preußenkön­igs Friedrich – im Jahr 1754 promoviere­n. Es vergingen noch mal 150 Jahre, bis Frauen in Deutschlan­d offiziell studieren durften. Heute überholen sie an den Universitä­ten ihre männlichen Kommiliton­en.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany