Zu wenig Sozialwohnungen
Der Stadtrat diskutiert über fehlende Sozialwohnungen. Doch billig bauen ist kaum noch zu realisieren
Die enormen Mietpreissteigerungen in Neuburg von knapp 50 Prozent nahm der Stadtrat zum Anlass, um über die Wohnungsnot in der Stadt zu diskutieren.
Neuburg Die Artikel in der
und der über die bayernweit einmaligen Mietpreissteigerungen in Neuburg seit 2012 blieben nicht ohne Reaktion. Bürgermeister Rüdiger Vogt jedenfalls setzte das Thema kurzerhand auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung, um „die Anstrengungen der Stadt in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau“seit 2013 kurz darzustellen. Daraus entwickelte sich eine durchaus lebhafte Diskussion.
Die in den Zeitungen veröffentlichte Mietpreissteigerung um 46 Prozent in den vergangenen sechs Jahren auf durchschnittlich 9,20 Euro pro Quadratmeter bezogen sich, wie berichtet, auf Zahlen des Immobilienportals Immowelt. „Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, meinte dazu Grünen-Stadtrat Theo Walter, weil diese Zahlen seines Wissens nach nicht ganz der Realität entsprechen würden. Dennoch stellte er am Ende seiner Ausführungen fest, dass die Mieten in Neuburg „tatsächlich enorm gestiegen sind“. Bezweifeln konnte das ohnehin niemand und als Roland Harsch die Frage in den Raum stellte, ob jemand am Sitzungstisch sich überhaupt vorstellen könne, was es für Normalverdiener bedeute, wenn sie einen Mietpreis von neun Euro pro Quadratmeter bezahlen müssen, herrschte Schweigen am Oval.
Davor hatte sich Bürgermeister Vogt Kritik vonseiten der SPD anhören müssen. Nachdem er aufgelistet hatte, dass von 2013 bis 2017 im Stadtgebiet 268 Einfamilien-, 800 Mehrfamilien- sowie 80 Wohnund Geschäftshäuser, 31 Nebengebäude sowie 29 Gewerbe- und Industriebauten entstanden sind, wollte Heinz Schafferhans wissen, wo hier die angekündigten Anstrengungen der Stadt im sozialen Wohnungsbau zu erkennen seien. Und konkret wollte er wissen, wie viele Sozialwohnungen die Stadt denn nun auf dem neuen Baugebiet am Heckenweg zwischen Stadtwerken und BSV-Sportplatz plane. Wie unter anderen auch Karola Schwarz und Parteikollege Horst Winter („Neuburg weiß schon lange um die Notwendigkeit von günstigem Wohnraum, hat aber in den vergangenen zehn Jahren die Möglichkeiten nicht genutzt und zu wenig Bauland gekauft.“) monierte auch der SPD-Ortsvorsitzende, dass die Stadt längst schon vorausschauend und kontinuierlich den Sozialwohnungsbau hätte angehen müssen.
Das brachte ihm einen Rüffel von Matthias Enghuber ein. Niemand hätte ahnen können, dass Neuburg so schnell wachsen würde. „Doch einige SPDler haben wohl eine Glaskugel unterm Bett stehen“, meinte der CSU-Stadtrat. Oder wie sonst sollte man jetzt schon wissen können, wie groß in Zukunft der Sozialwohnungsbau am Heckenweg ausfallen wird? Das könne sich zwischen 50 und 200 Wohnungen be- wegen. Obwohl die rasante Entwicklung die Stadt in den vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht gefordert habe – vor allem was Kindergartenoder Krippenplätze angehe – sei in Neuburg auch in Bezug auf die Wohnbauentwicklung einiges geschehen. Doch billig bauen werde angesichts steigender Grundstücksund allgemeiner Baukostenpreise sowie bürokratischer Auflagen schier unmöglich. „Teuer bauen und 5,50 Euro Miete verlangen, das geht halt nicht“, schloss sich ihm Theo Walter an. Bürgermeister Johann Habermeyer meinte, dass die Stadt künftig bei der Ausweisung neuer Baugebiete aber ihre Chance besser nutzen könnte, um über die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft auf dem städtischen Anteil daran selbst günstigen Wohnraum zu schaffen.
Den allgemeinen Wohnungsbedarf in Neuburg wollen neben aktuellen Projekten, wie das auf dem Grundstück des ehemaligen Gasthaus Streidl in der Blumenstraße (Mehrfamilienhaus mit 12 bis 16 Wohnungen), in naher Zukunft vor allem drei große Wohnbauvorhaben abdecken helfen.
● Margaretengärten In die Vermarktung gegangen ist das Ingenieurbüro Scholl Schlamp. Nach den fünf Mehrfamilienhäusern mit 75 Wohnungen, die das Bauunternehmen Mayr errichtet hat, will die Firma mit Sitz in Stammham im vorderen Bereich zur Sudetenlandstraße hin ab dem Frühjahr weitere drei Baukörper mit 22 Wohneinheiten schaffen. Auf dem kompletten Areal der ehemaligen Gärtnerei Rehm werden dann insgesamt 97 Wohneinheiten und rund 130 Tiefgaragenplätze entstehen.
● Kieferlbräu Auf dem Gelände der ehemaligen Traditionsgaststätte Kieferlbräu in der Eybstraße soll ab Herbst gebaut werden. Das Unternehmen Hans Mayr will dort in einem dreigeschossigen Bau 33 Wohneinheiten und eine Tiefgarage errichten.
● Donauwörther Straße Auch mit dem mit Abstand größten Bauvorhaben soll im Herbst begonnen werden. Dort wo einst das THW-Gebäude stand, soll ein vierstöckiger Wohnkomplex entstehen, der zur Donauwörther Straße hin auf zwei Etagen abgestuft wird. Im Erdgeschoss zieht mit Rewe ein Supermarkt mit Vollsortiment ein. Weil im direkten Umfeld zwei 33 Meter hohe Bauten stehen, wäre auch Investor Hans Mayr gerne höher hinaus gegangen, um noch mehr als die jetzt geplanten 70 Wohnungen zu schaffen. Dafür hätte der aktuell gültige Bebauungsplan geändert werden müssen. Das lehnte der Stadtrat aber ab. Neben vielen Appartements für Studenten, die mit dem Campus auf dem Lassigny-Gelände nach Neuburg kommen, entstehen auch Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen. Hans Mayr hat das Grundstück mit dem THW-Gebäude schon vor rund sieben Jahren gekauft. Dass er es noch nicht längst bebaut hat, hat einen Grund. Und der hat einen Namen: Großes Mausohr. Die geschützte Fledermaus musste mit viel Technik in ein Ersatzquartier im Dachstuhl des Landratsamtes gelockt werden. Bevor 2020 Menschen in die Wohnungen einziehen, muss die Fledermauskolonie 2019 erst wieder in ein extra für sie eingerichtetes Quartier unter dem Dach des neu errichteten Komplexes rückgesiedelt werden. Die Frage, welche Folgen es für ihn hätte, wenn dies misslingen sollte, konnte Hans Mayr nicht beantworten.