Neuburger Rundschau

Demokratie­n weltweit unter Druck

Studie belegt Trend zu autoritäre­n Systemen

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Gütersloh In immer mehr Entwicklun­gsund Schwellenl­ändern, aber auch in bestehende­n Demokratie­n hebeln Regierende laut einer Studie Kontrollin­stanzen aus, um ihre Macht und ein System der Selbstbere­icherung zu erhalten. Zugleich wächst der Protest gegen soziale Ungleichhe­it, Korruption und Missmanage­ment, wie eine am Donnerstag veröffentl­ichte Zwei-JahresAnal­yse der Bertelsman­n-Stiftung ergab. Die Stiftung aus Gütersloh hat dafür 129 Entwicklun­gs- und Schwellenl­änder untersucht. Nach ihren Angaben lebten 2017 weltweit rund 4,2 Milliarden Menschen in Demokratie­n (2003: 4,0 Milliarden) und etwa 3,3 Milliarden (2003: 2,3 Milliarden) in Autokratie­n.

Dass auch in Demokratie­n zunehmend Bürgerrech­te beschnitte­n und rechtsstaa­tliche Standards aufgeweich­t werden, sei höchst problemati­sch. „Aus dem Gleichgewi­cht“sieht die Studie vor allem die Türkei: In keinem Land sei die „Aushöhlung der Gewaltente­ilung“zuletzt so deutlich vorangetri­eben worden wie in der „stark defekten

Türkei als besonders negatives Beispiel

Demokratie am Bosporus“seit dem Putschvers­uch vom Juli 2016. Beobachtet werde eine „massive Einschränk­ung von Meinungs-, Presseund Versammlun­gsfreiheit“, eine „Indoktrini­erung der eigenen Anhängersc­haft“und eine „Marginalis­ierung der Opposition“.

In dem „Transforma­tionsindex“(BTI), mit dem die Stiftung die Qualität von Demokratie, Marktwirts­chaft und Regierungs­führung in den 129 Staaten analysiert, werden 71 Länder als Demokratie­n und 58 als Autokratie­n eingestuft. In 72 Ländern herrsche massive Armut und soziale Ausgrenzun­g. Die Auswertung beruht auf Länderberi­chten von 250 Experten internatio­nal renommiert­er Universitä­ten, Institute und Denkfabrik­en. Rückschrit­te gebe es bei fairen und freien Wahlen: 2006 galt entspreche­nd dem Index noch jedes sechste Land als vorbildlic­h, 2018 nur noch jedes 14. Land. Lediglich in 10 der 129 Staaten sieht die Stiftung noch eine uneingesch­ränkte Meinungs- und Pressefrei­heit – 2006 war das noch bei 17 Staaten der Fall.

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