Regierungschefs atmen nach Trumps Entscheidung auf
Die EU wird von Einfuhrzöllen ausgenommen. China trifft es aber voll
Brüssel Als die frisch im Amt bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Brüssel eintraf, blickten die meisten Staatsund Regierungschefs noch nach Washington. „Wir haben uns geschlossen und gemeinsam präsentiert“, sagte Merkel. Die EU werde ein Bekenntnis zu freiem Welthandel und gegen Protektionismus ablegen. Doch eben dieses Papier war noch nicht unterschrieben, da reichten die Delegationen ihren Chefs die Eilmeldung aus dem Weißen Haus herein: Die EU wird von den höheren Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen. Erleichterung, Zufriedenheit machten sich breit. Und es gab großes Lob für EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und den deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Sie hatten die US-Administration in den vergangenen Tagen weichgekocht.
Schon ab heute hätten die Zölle gelten sollen. Außer den 28 EU-Staaten hatte US-Präsident Donald Trump noch einige andere Staaten von den Zöllen ausgenommen: Südkorea, Argentinien, Australien und Brasilien. „Wozu er sich entschieden hat, ist die Einführung der Zölle in Bezug auf diese Länder auszusetzen“, sagt Robert Lighthizer, Trumps Handelsbeauftragter. Ernst macht der US-Präsident dagegen mit umfassenden Strafzöllen gegen China. Die neuen Tarife sollen chinesische Produkte in einem Wert von umgerechnet fast 50 Milliarden Euro betreffen, kündigte Trump an. Gleichzeitig hob er aber hervor, dass er China weiterhin als „Freund“betrachte und „enormen Respekt“vor Chinas Staatschef Xi Jinping habe.
Auch wenn vorerst keine Strafzölle drohen, bleibt Europa aufgewühlt. Der Gift-Anschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und seine Tochter hat alle geschockt. Nun verschärft die EU den Ton gegenüber Russland. Nach Beratungen beim EU-Gipfel in Brüssel teilte Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstagabend mit, man stimme mit der britischen Regierung darin überein, dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für den Anschlag in Salisbury trage und dass es keine plausible alternative Erklärung gebe. Noch am Montag hatten sich die EU-Außenminister nicht auf eine klare Schuldzuweisung an Moskau einigen können. Nach einem Treffen mit Großbritanniens Premierministerin Theresa May und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel erklären, alle drei seien sich einig, es sei wichtig, „eine starke gemeinsame Botschaft der Europäer an Russland zu senden“.
Die EU kann weitere Konflikte nicht gebrauchen. Zu sehr scheint die Gemeinschaft mit sich selbst beschäftigt. Das wurde an vielen Stellen deutlich. Der niederländische Premier Mark Rutte kam nur einen Tag nach einer Klatsche bei den Kommunalwahlen nach Brüssel, wo Rechtspopulisten und Grüne Siege eingefahren hatten. Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni konnte nach der Wahl nicht einmal sagen, für wen er sprechen soll. Nur die Bundeskanzlerin betrat den europäischen Teppich entspannt und mit Selbstsicherheit. Nach ihrer Wiederwahl hatte sie das eigentliche Thema dieses Treffens, den Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion, von der Tagesordnung genommen, um Zeit für eine Abstimmung mit dem Bündnispartner Frankreich und dessen Präsidenten Emmanuel Macron zu finden.