Respekt ist mehr als eine Floskel
Zum 17. Mal lud die VR-Bank ins Kolpinghaus zu den „Meilensteinen“. Referent war René Borbonus, der sich für einen reflektierten Umgangston starkmachte
Neuburg Eine Mutter, ein Boxer, ein Arzt, ein Kind: All das sind Beispiele für Helden, die wir in unserem Alltag verkennen. In einem Video des Musikers C.B. Green wird jenen Individuen eine Stimme verliehen. Vergangenen Mittwoch meinte auch Werner Halbig von der VR-Bank: „Diesen Menschen gebührt unser Respekt.“Denn eben dieses Video war der Einstieg in die 17. Neuburger Meilensteine im Kolpinghaus – und in einen Versuch, dem Einzelnen zumindest im Ansatz den Spiegel vorzuhalten.
Respekt. Das Wort, das wie eine Floskel klingt, stand als „längst vergessene Tugend“im Mittelpunkt des Vortrags. Rund 400 Gäste plus 100 Mitarbeiter fanden den Weg dorthin, als Referent und Rhetoriker René Borbonus die Macken des menschlichen Miteinanders illustrierte. „Ohne Respekt versinkt die Welt im Chaos“, sagte er. Wenn Menschen nicht genug davon bekämen, leiden sie. „Sie werden nachweislich krank.“Ja, der Mittelfranke verstand sich im Erzählen. Die Besucher hingen Borbonus an den Lippen, während er auf einem Grat zwischen Kritik, Kabarett und Kommentar balancierte. Mittlerweile 40 Jahre alt hat der Vater zweier Söhne Geisteswissenschaften studiert und gilt heute unter ande- rem als ausgewiesener Spezialist für berufliche Kommunikation, Präsentation und Rhetorik. Borbonus, der früher einmal Pfarrer werden wollte, ist auch heute noch vor Auftritten nervös. Sollte er das irgendwann nicht mehr sein, höre er auf. Denn das Gegenteil von Nervosität sei nicht Souveränität, wie viele glauben, sondern Indifferenz. „Wenn dir bedeutsam ist, was du machst, dann wirst du angespannt sein.“
Respekt. Wie bekommt man mehr? „Indem ich andere respektiere“, beantwortete Borbonus auf der Bühne. „Menschen spiegeln einander.“Nicht ohne Grund beutet das Wort in der Übersetzung aus dem Lateinischen „zurückblicken“oder „den anderen wirklich zu sehen“, wie der Referent mehrfach betonte. Oft seien wir nur aus Versehen respektlos. Dazu, und das wiegt schwerer, unterhalte uns Respektlosigkeit. Das belegten TV-Formate wie das Dschungelcamp. Übrigens auch die Politik: „Kein Streit, keine Meldung – das ist eine tiefe Wahrheit, sind geflügelte Worte in Berlin.“
Ohnehin vermittelte der 40-Jährige das Gefühl, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Er sprach von seiner Ehe – Borbonus ist gerne verheiratet – von Situationen und Begegnung. Der Referent schien greifbar. Doch so lebensnah der Vortrag war, so viel Moral steckte auch darin. Die Besucher bekamen Möglichkeit, diesen Wink als Charme zu entlarven und sich dabei vor allem selbst zu reflektieren. Bevor sich die Gäste nun aufs Buffet stürzten, legte C. B. Green noch einmal die Finger an die Saite. Er sang das Lied der Mutter, des Boxers und des Kindes, diesmal in einer sachten Version. Wer Borbonus’ Held des Alltags ist? Sein Vater. „Er hat Züge, die ich mir auch für mich wünsche. Eine grandiose Würde.“