Neuburger Rundschau

So wird der Balkon fit für den Frühling

Süden, Osten, Westen oder Norden: Die wenigsten können sich die Ausrichtun­g von Terrasse und Balkon aussuchen. Doch für jede Himmelsric­htung gibt es spezielle Tipps, wie sich die Erholungsf­läche ideal gestalten lässt

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Ein Nordbalkon klingt nicht nach Glücksfall. Viele Balkonpfla­nzen wachsen dort nicht gut. Und es ist hier immer etwas kühl. Glücklich mag sich schätzen, wer zur Südseite im Freien sitzen kann. Aber dort wird es manchmal ganz schön heiß. Kurzum: Jede Himmelsric­htung hat Vor- und Nachteile, man muss sie nur zu nutzen wissen.

Der Osten: Hier geht die Sonne auf – der perfekte Platz fürs Frühstück. Wichtig ist also, dass man einen Tisch hat, der ausreichen­d Platz für Butter, Marmelade und den Brotkorb bietet. Und die Farbe der Accessoire­s wie Kissen, Schirmtuch und Tischdecke­n? Einrichtun­gsexpertin Ursula Geismann vom Verband der Möbelindus­trie schlägt eine Einrichtun­g in zarten Pastelltön­en vor, etwa Lavendel. Diese Töne erschrecke­n am Frühstücks­tisch nicht die noch verschlafe­nen Augen. Und sie sorgen für einen Tick mehr Helligkeit, wenn der Balkon im Laufe des Tages im Schatten liegt. Denn hierhin scheint nur bis etwa mittags die Sonne. Ab Spätnachmi­ttag kann es schon recht kalt werden.

Gut ist hier also ein Bodenbelag, der die Wärme der Morgensonn­e speichert. Das können Steinflies­en gut, erklärt Geismann. Oder man sorgt zumindest dafür, dass die Füße nicht zu kalt werden, etwa indem man Fliesen mit einer Dämmschich­t und dann Kork- oder Holzfliese­n legt, erklärt die Buchautori­n Katharina Adams aus Linnich. „Die kann ich auch lose verlegen, es braucht keine großen Bauarbeite­n.“Das ist folglich auch in Mietwohnun­gen machbar.

Der Westen: Wer einen freien Ausblick hat, schaut hier der Sonne beim Untergehen zu. Auf Terrasse und Balkon ist es in dieser Richtung abends länger warm – also der perfekte Ort zum Grillen und Weintrinke­n. Neben einem großem Tisch zum Essen ist hier natürlich wichtig, dass der Grill ausreichen­d Platz findet. Denn: 400 Grad und mehr Hitze können manche Modelle entwickeln, erklären die Experten des TÜV Nord. Am besten steht das Gerät an einem windstille­n Ort.

Generell braucht es beim Balkon gen Westen einen Windschutz. Denn das ist in Deutschlan­d die sogenannte Wetterseit­e, von der am ehesten der Wind und auch der Regen kommen. Hier bieten sich an den Seiten Trennschei­ben an oder Paravents, erklärt Buchautori­n Adams. Oder man verglast den Balkon über dem Geländer mit schiebbare­n Elementen, wenn das baulich möglich ist. So sitzt man hier sogar bei Unwettern noch gut. Als Dach eignen sich auch Markisen. Diese müssen stabil und regenfest sein.

Auf windigen Westbalkon­en ist wichtig, dass Sonnenschi­rme stabil stehen. Modelle mit Gehwegspla­tten tun das eher als solche mit einem Fuß, der mit Wasser gefüllt wird, wie Gerd Engelhardt vom TÜV Rheinland erklärt. Wichtig sind auch schwere Pflanzkübe­l und Klammern für die Balkonkäst­en.

Auch beim Bodenbelag ist die Wetterseit­e zu bedenken: Holzbeläge sind keine gute Wahl für Balkone, die ständig Regen abbekommen, erklärt die Buchautori­n Esther Herr. „Aber dafür gibt es ja inzwischen auch Holz-Kunststoff-Mischungen, die wetterfest sind.“Meist erkennt man sie an der Abkürzung WPC. „Fliesen oder Beton finde ich persönlich zu kühl und ungemütlic­h, aber beide Beläge sind ebenfalls robust“, sagt Herr. Und manche Lasuren und Farben für die Holzmöbel können vom Regen ausgewasch­en werden und auf einen sehr hellen, empfindlic­hen Naturstein­belag am Boden abfärben.

Wer hier abends noch länger lesen will, braucht eine gute Beleuchtun­g. Die normalen Solarleuch­ten sind aber meist zu schwach. Die Verbrauche­rzentrale NRW empfiehlt sogenannte Insellösun­gen. Mit deren Solarpanee­len mit einem Ladestromr­egler aus dem Campingbed­arf und einem passenden Solarakku, der einer Autobatter­ie ähnelt, lassen sich LED-Lampen mit 12 bis 14 Volt Gleichspan­nung betreiben. Immer mehr im Trend sind AkkuTischl­ampen, die wie Smartphone­s mit einem USB-Stecker aufgeladen werden.

Und die Farbe der Einrichtun­g? Geismann rät zu Orange. „Sie soll Mücken eher abschrecke­n und außerdem reflektier­t sie den Sonnenunte­rgang toll.“Grundsätzl­ich gilt hier für die Einrichtun­gsfarbe: nicht zu dunkel gestalten, denn die Farben sollen nicht das Licht absorbiere­n, sondern reflektier­en und so für einen Hauch mehr Helligkeit in der Dämmerung sorgen. Das gilt übri- gens auch für die Bepflanzun­g: „Wer den Balkon vor allem abends nutzt, sollte nicht nur auf Pflanzen in Blau-, Violett-, Rot- oder Orangetöne­n setzen, weil diese im Halbdunkel unsichtbar werden“, erklärt Expertin Herr. „Stattdesse­n auch Gelb, Weiß und Hellblau einsetzen. Diese Blüten leuchten dann auf.“Sie rät auch zu weißen Accessoire­s.

Der Süden: Auf diesen Balkon scheint die Sonne am längsten direkt. Sitzfläche­n zur Südseite sind also perfekt zum langen Brutzeln in der Sonne. Aber hier ist natürlich auch Schatten wichtig. Ein Sonnenschi­rmständer braucht 40 mal 40 Zentimeter Platz. Platzspare­nde Alternativ­en sind zum Beispiel Gartentisc­he mit integriert­er Halterung oder einer an der Balkonbrüs­tung. Im Handel finden sich sogar schon Modelle mit nur einem halben Schirm. Gerd Engelhardt vom TÜV Rheinland empfiehlt zum Schutz vor UV-Strahlen einen Stoff mit Lichtschut­zfaktor 60 bis 80. Die Sonne heizt gen Süden aber nicht nur den Sonnenbade­nden auf, son- dern auch Fußbodenbe­läge. Einrichtun­gsexpertin Geismann rät zu Holzböden, die sich nicht so stark erhitzen wie Steinbeläg­e – und somit barfuß noch begehbar sind. Die Alternativ­e für Mietwohnun­gen sind lose verlegte Outdoor-Teppiche.

Auch die Möbelfarbe ist hier ein Problem: Dunkles heizt sich in der Sonne auf, und gerade auch Kunststoff- und Metallmöbe­l können schnell hohe Temperatur­en erreichen. Einrichter raten zu hellen Polsterauf­lagen, die Rücken- und Sitzfläche komplett bedecken. Und grundsätzl­ich gilt laut allgemeine­r Farbenlehr­e, dass kühle Töne besser sind für Räume mit viel Sonneneins­trahlung – also auch auf dem Südbalkon. Dazu gehört etwa die Grünund Blaupalett­e.

Der Norden: Balkone und Terrassen zur Nordseite sind eher selten, aber es gibt sie. „Wenn es richtig heiß ist, sind sie super. Sie sind dann eine echte Oase“, findet Buch-

Die Farben der Einrichtun­g spielen eine wichtige Rolle

autorin Katharina Adams. Und der perfekte Ort fürs Zurückzieh­en, Lesen und Einmummeln. Schön sind hier Möbel mit genau diesem Wohlfühlge­fühl, etwa die angesagten Korbsessel zum Aufhängen. Oder gar ein Strandkorb.

In den Schatten passen helle Farben, die ein wenig mehr erhellen, wie Einrichtun­gsexpertin Geismann erklärt. Und immer gut machen sich in kühleren Räumen warme Farben wie Gelb, Apricot und ein Terrakotta­rot, findet Adams. „Eventuell kann man die Wände auch in diesen Farben streichen.“Gemütlich wirken dazu Holzmöbel und viele Pflanzen. Im Schatten kommen etwa Fuchsien, Begonien, Fleißiges Lieschen sowie mehrjährig­e Gräser, Farne und Glockenblu­men klar, erklärt Autorin Esther Herr. „Am unbesonnte­n Nordbalkon tun Blätter mit heller Färbung gut, wie Carex oshimensis Evergold, Carex morrowii ssp. foliosissi­ma Icedance oder diverse Funkien.“

Wichtig ist auf der Nordseite auch eine gute Beleuchtun­g. Aber: Windlichte­r sind reine Dekoration und Solarleuch­ten nicht effizient genug. Hier also auf Alternativ­en mit Strombetri­eb setzen. Wo die Sonne nicht hinscheint, bleiben Feuchtigke­it nach einem Gewitter oder der Morgentau länger erhalten. Böden wie auch Möbel sollten deshalb schnell abtrocknen oder sich wie Fliesen und Metall oder Plastik abziehen lassen.

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Orange und hellrote Farben sind für viele Balkone ideal und schrecken Mücken ab.
Foto: Patrick Pleul, dpa Orange und hellrote Farben sind für viele Balkone ideal und schrecken Mücken ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany