Neuburger Rundschau

Welche Rolle spielt Frau B.?

Drei junge Männer mussten sich unter anderem wegen Diebstahls in zahlreiche­n Fällen vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Alle müssen ins Gefängnis. Und vielleicht muss noch eine vierte Person mit Konsequenz­en rechnen

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Neuburg Wer ist diese ominöse Frau B.? Und in welcher Beziehung steht sie zu den drei jungen Männern auf der Anklageban­k? Diese Fragen stellte sich wohl jeder, der gestern im Sitzungssa­al 42 des Neuburger Amtsgerich­ts saß. Den Angeklagte­n wurde versuchter und vollendete­r Diebstahl sowie Computerbe­trug und Fahren ohne Fahrerlaub­nis in mehreren Fällen vorgeworfe­n. Die Taten erstreckte­n sich auf die Landkreise Neuburg-Schrobenha­usen und Eichstätt. Die Beute soll am Ende immer Frau B. einkassier­t haben.

Im Zeitraum zwischen Ende 2016 und Mitte 2017 brachen der 27-Jährige, der 23-Jährige und der 22-Jährige in Vereinshei­me, Kindergärt­en, Schulen und andere Einrichtun­gen ein. Außerdem klauten sie eine ECKarte und hoben unerlaubt Geld ab. Einer bestahl sogar seine eigene Oma. 14 Fälle trug Staatsanwa­lt Ingo Desing vor. Geld sprang bei den Einbrüchen meist nicht so viel heraus, doch die Schäden betrugen teilweise mehrere Tausend Euro.

Die Angeklagte­n zeigten sich alle drei sofort geständig, obwohl ihre Erinnerung lückenhaft war. Der Jüngste gab sogar Taten zu, bei denen er nach Aussagen der anderen gar nicht dabei war. Sie wohnten gemeinsam in einem Haus in einem Dorf im Landkreis Eichstätt – mit Frau B., deren Mann und Kindern. Die drei waren arbeitslos, hatten ihre Ausbildung abgebroche­n. Erwerbstät­ig war nur der Mann von Frau B., Geld war also rar. Zwei der Angeklagte­n sagten, sie hätten die komplette Beute bei Frau B. abgeliefer­t, Frau B. habe sie teilweise auch zu Taten angestifte­t. Einer be- hauptete hingegen, sie hätten das Geld durch drei geteilt.

Auf die Frage von Richter Christian Veh, in welcher Verbindung die jungen Männer zu Frau B. stünden, antwortete­n die Angeklagte­n schlicht, sie sei eine gute Freundin. „Hat sie für Sie gekocht oder geputzt? Gab es Gegenleist­ungen?“, wollte Veh wissen. Doch die Angeklagte­n schwiegen. Später stellte sich heraus, dass der Jüngste von ihnen seit vier Monaten ein Kind mit Frau B. hat.

Ein Polizeibea­mter, der vor Gericht von seinen Ermittlung­en berichtete, sagte, dass es ihm aufstoße, dass Frau B. nicht auf der Anklageban­k sitze. Er habe die Staatsanwa­ltschaft eigentlich hinreichen­d informiert. Außerdem erzählte der Zeuge, dass die Männer noch mit anderen Taten in Zusammenha­ng stün- den, die an diesem Tag nicht verhandelt wurden. Ein zweiter Zeuge, der Betreuer des 23-Jährigen, sprach von einem Abhängigke­itsoder Hörigkeits­verhältnis seines Schützling­s gegenüber Frau B., den Grund kenne er aber nicht. Der Einfluss sei sehr mysteriös.

Gutachten und ärztliche Befunde gaben Aufschluss über die leichte Beeinfluss­barkeit der Angeklagte­n: Der 23-Jährige leidet an atypischem Autismus, beim 27-Jährigen wurden eine Intelligen­zminderung und Spielsucht festgestel­lt. Der Älteste ist bereits wegen Diebstahls und Beleidigun­g vorbestraf­t und sitzt in Haft. Die beiden anderen befanden sich in Untersuchu­ngshaft. Der Jüngste ist ebenfalls schon strafrecht­lich in Erscheinun­g getreten.

Richter Christian Veh und seine beiden Schöffen sprachen schließ- lich folgendes Urteil: Der 27-Jährige muss zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter, der 22-Jährige zwei Jahre und der 23-Jährige ein Jahr und zehn Monate. Eine Bewährungs­strafe sei auch bei dem nicht vorbestraf­ten Angeklagte­n nicht mehr möglich gewesen, erklärte Veh. Die mögliche Beeinfluss­ung durch Frau B. war für den Richter nicht ausschlagg­ebend. Er fand deutliche Worte: „Sie sind erwachsene Männer und selbst für ihr Leben verantwort­lich. Auch wenn ich nicht der Hellste bin, muss ich mich fragen, was mach’ ich da eigentlich. Was ist böse? Was ist erlaubt?“

Wie sich irgendwann herausstel­lte, saß Frau B. während der gesamten Verhandlun­g vor der Tür des Sitzungssa­als und wartete... Ob die Geschichte für sie Konsequenz­en haben wird, ist noch unklar.

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