Worum geht es in der Hartz Debatte?
Die SPD diskutiert munter über Alternativen. Doch der Sozialdemokrat und Finanzminister Olaf Scholz hält dagegen. Argumente für und gegen die Grundsicherung
Berlin Viele wollen das umstrittene Hartz-IV-System komplett loswerden, andere möchten es bei vorsichtigen Korrekturen belassen. Was in der Diskussion über die Grundsicherung eine Rolle spielt.
Was sollte die Hartz-IV-Reform bezwecken?
Mit der Anfang 2005 in Kraft getretenen Neuregelung wurde die damalige Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zusammengelegt. Dies brachte vor allem für viele Erwerbslose Nachteile mit sich. Denn die bis dahin gültige Arbeitslosenhilfe richtete sich nach der Höhe des vorherigen Einkommens. Zudem gab es vergleichsweise komfortable Möglichkeiten zum Hinzuverdienst. Mit Hartz IV sollten nach dem Prinzip des „Förderns und Forderns“Anreize zur Arbeitsaufnahme geschaffen werden.
Was bewirkte die Neuregelung?
In der Tat sank die Arbeitslosenquote seit Einführung der Reform von 11,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2005 kontinuierlich, im vergangenen Jahr lag sie nur noch bei 5,7 Prozent. Die Hartz-IV-Befürworter führen dies auf die Reformen von 2005 zurück. Kritiker wenden ein, dass andere Faktoren, wie die konjunkturelle Entwicklung, dafür ausschlaggebend sein dürften. Und sie bemängeln, dass viele der neuen Jobs schlecht bezahlt würden. Die SPD bekam die Auswirkungen politisch zu spüren: Viele warfen der Partei eine unsoziale Politik vor, es formierte sich Protest. Es bildete sich die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), gemeinsam mit der Linkspartei schaffte sie bei der vorgezogenen Neuwahl 2005 den Einzug in den Bundestag. Rot-Grün unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verlor die Mehrheit.
Welche Kritik gibt es am heutigen Hartz-IV-System?
Nach Einschätzung von Sozialverbänden sind die Hartz-IV-Sätze zu niedrig berechnet. Derzeit liegt der Regelsatz für Alleinstehende bei 416 Euro. Ein breites Bündnis hat kürzlich eine Anhebung um mindestens 30 Prozent verlangt. Bevor ein Erwerbsloser Hartz IV bekommt, muss er zunächst seine Ersparnisse weitgehend aufbrauchen. Ausgenommen ist davon ein Schonvermögen, dessen Höhe sich nach dem Alter des Leistungsbeziehers richtet. „Es ist aberwitzig, dass jemand, der länger als ein Jahr arbeitslos ist, alles abgeben muss, bevor er irgendeine Leistung bekommt“, kritisiert etwa der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Klaus Barthel. Ein sehr großer Kritikpunkt sind die Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger. Wer etwa der Aufforderung zur Bewerbung um eine freie Stelle nicht nachkommt, kann das Arbeitslosengeld II gekürzt oder ganz gestrichen bekommen. Deswegen fordern etwa Linke und Grüne die Abschaffung der Sanktionen.
Welche Reformmodelle werden derzeit diskutiert?
Die derzeit diskutierten Modelle sind darauf ausgerichtet, Langzeitarbeitslose wieder besser in Arbeit zu bringen. Am Gesamtsystem von Hartz IV wird dabei nicht gerüttelt. Das gilt auch für die Sanktionen oder die Vermögensanrechnung. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bis zum Sommer sein Gesetz für einen sozialen Arbeitsmarkt vorlegen. Langzeitarbeitslose, die in einem Unternehmen, einer Kommune oder einem Wohlfahrtsverband unterkommen, sollen fünf Jahre lang einen allmählich abschmelzenden Lohnkostenzuschuss bekommen. Heils Programm ist zunächst für 150000 Menschen gedacht. Für die anderen Hartz-IV-Empfänger würde sich nichts ändern. Insgesamt gibt es gut 800000 Langzeitarbeitslose, die Hartz IV beziehen. Auch das von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) vorgeschlagene solidarische Grundeinkommen käme nur für einen Teil der Leistungsbezieher infrage. Für die Ausübung einer gemeinnützigen Tätigkeit sollen die Betroffenen den Mindestlohn bekommen. Die Teilnahme wäre allerdings freiwillig. Für alle, die das nicht machen wollen oder können, würde sich nichts ändern.