Von der Sehnsucht nach Ewigkeit
Das Motiv der Auferstehung gibt es nicht nur im Christentum. In Mexiko kommen zum Beispiel am „Día de los Muertos“die Gestorbenen zu Besuch. Auch in Japan gibt es ein Fest der Ahnen
Bremen Getroffen von einer Kugel stürzt Top-Agent James Bond vom Dach eines dahinrasenden Zuges, taucht leblos in einem Fluss unter und wird dann noch einen tosenden Wasserfall hinabgespült. Aus und vorbei? Was 007-Darsteller Daniel Craig im Intro von „Skyfall“zustößt, kann niemand überstehen. Und doch erscheint Bond wenig später wieder auf der Kinoleinwand, ein wenig lädiert zwar, aber quicklebendig. Jeder brauche ein Hobby, wird er später im Film gegenüber seinem Widersacher sagen. Seines sei Auferstehung. Wie das genau funktioniert, bleibt undurchsichtig. Genauso wie in Szenen anderer Kino-Blockbuster wie „Herr der Ringe“, „Avatar“oder in der „Matrix“-Trilogie.
„Das Motiv der Auferstehung ist der Popkultur – und damit den Menschen – keineswegs fern“, sagt der evangelische Theologe und Blogger Fabian Maysenhölder. „Im Kino sind es die Filmfiguren, die auferstehen.“Das Christentum hingegen betone, dass die Auferstehung nichts Abstraktes sei, sondern für jeden Gläubigen gültig. Das ist die Osterbotschaft mit der Auferstehung Jesu nach der Kreuzigung: Der Tod ist nicht das Ende. Etwas Neues entsteht. Gott ist stärker als Leid, Ungerechtigkeit und Tod.
Doch Auferstehungsgeschichten als Urbild der Menschheit existieren auch in anderen Religionen und Kulturen, erklärt der katholische Theologe Eugen Drewermann. „Die Natur hat uns ausgestattet, Gott hat uns ausgestattet mit Bildern, die in der Seele liegen, Unsterblichkeit zu träumen und die dicken Wände dieser Welt aufzubrechen, sodass ein Schimmer der Ewigkeit in unser Dasein fällt.“
Doch zunächst: Was heißt Auferstehung im christlichen Sinn? „Wir können darauf vertrauen, dass alle Menschen nach ihrem Tod nahe bei Gott sind“, sagt die Bremer Rundfunkpastorin Jeannette Querfurth, die in der zeitweise das „Wort zum Sonntag“gesprochen hat. Aber nicht mit dem Leib, mit dem sie geboren worden seien, betont sie und verweist auf den ersten Brief des Paulus an die Korinther, in dem es heißt: „Es wird gesät ein natürlicher Leib und es wird auferstehen ein geistlicher Leib.“„Wie der aussehen wird, ist ein Geheimnis, das man nicht beschreiben kann – aber
die Auferstehung wird besser, als wir uns das vorstellen können“, glaubt die evangelische Theologin und zitiert die Offenbarung: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“Ihre
Kollegin Sonja Domröse pflichtet ihr bei. Christen könnten darauf vertrauen, dass bei Gott kein Menschenleben vergessen und bei ihm jede Seele aufgehoben sei: „Die Bibel hat ein schönes Bild dafür. Es heißt, dass unsere Namen im ,Buch des Lebens‘ aufgeschrieben sind.“
Nicht vergessen sein, aufgehoben in alle Ewigkeit: Das ist ein Motiv, das der Bremer Ethnologin Wiebke Ahrndt auch aus anderen Kulturen bekannt ist, beispielsweise aus dem alten Mexiko. „Es geht dort um ein Weiterleben in jenseitiger Zeit, wobei die Art des Todes darüber entStader scheidet, wie das aussieht“, erklärt die Direktorin des Bremer ÜberseeMuseums. „Garstige Totengötter begegnen dem, der einfach im Bett stirbt. Wer dagegen im Kindbett stirbt oder im Krieg, der darf die Sonne begleiten, was einer großen Ehre gleichkommt.“
Weitverbreitet ist in Mexiko noch heute der Glaube, dass am „Día de los Muertos“(Tag der Toten) Anfang November die Seelen zu Besuch kommen. Schon die Azteken hätten in vorspanischer Zeit den Tod nicht als Ende, sondern als Anfang eines neuen Lebens gesehen, verdeutlicht Wiebke Ahrndt. Wobei die Erinnerung und das Gedenken mit dem Bereitstellen von Speisen und Getränken zentral seien: „Wenn niemand ihrer gedenkt, haben die Toten keinen Ort, an den sie zurückkehren können.“
Vermischt mit dem christlichen Glauben entstand ein Fest, das vor zehn Jahren in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde.
Die Osterbotschaft lautet: Der Tod ist nicht das Ende
Die Maori glauben, dass die Gebeine beseelt bleiben
„Eine faszinierende Gemengelage unterschiedlicher Kulturen“, sagt die Völkerkundlerin Ahrndt.
Im Übersee-Museum gibt es weitere Beispiele für den Glauben daran, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Die neuseeländischen Maori etwa sind davon überzeugt, dass die Gebeine beseelt bleiben. Sie verehren sie respektvoll als Ahnen, die in ihrem Alltag gegenwärtig sind. Deshalb wurden sterbliche Überreste, die lange im Bremer Museum aufbewahrt wurden, im vergangenen Jahr an die Maori zurückgegeben.
Im alten Ägypten glaubten die Menschen an eine Auferstehung im Totenreich, für das aber anders als im Christentum ein intakter Körper unverzichtbar war. Deshalb sollten Techniken der Mumifizierung dabei helfen, den Zerfall des Körpers zu verhindern. In Japan gibt es im Hochsommer mit „O-bon“ebenfalls ein Fest der Ahnen. „Man glaubt, dass zu dieser Zeit die Seelen der Verstorbenen aus dem Jenseits zu ihrer Familie auf Besuch kommen“, erläutert die Bremer Japanologin Renate Noda. Und auch beim Voodoo auf Haiti oder bei den nordamerikanischen Indianern: „Immer ist da die Idee, da ist noch was“, sagt Museumsdirektorin Ahrndt. „Die Überzeugung: Mit dem Tod ist es nicht vorbei.“