Neuburger Rundschau

Wenn Panzer und Truppen nicht weiterkomm­en

Bessere Straßen, stabilere Brücken, tragfähige­re Schienenve­rbindungen. Die EU fordert stabilere Verkehrsad­ern, um im Ernstfall Streitkräf­te und Gerät schneller verlegen zu können. Der Blick geht dabei in Richtung Russland

- VON DETLEF DREWES

Brüssel „Anakonda“sitzt vielen Nato-Militärs noch heute in den Knochen. Vor zwei Jahren hielt das Bündnis in Polen sein jüngstes Großmanöve­r ab. Doch bevor die Streitkräf­te üben konnten, kämpften die Lagezentre­n mit ganz anderen Problemen: Panzer konnten nicht transporti­ert werden, weil Straßen und Brücken in Europa ungeeignet waren. An den Grenzen stand das Großgerät tagelang herum. Zollformal­itäten machten eine zügige Weiterreis­e unmöglich.

Ein Zustand, der nicht zuletzt von den baltischen Staaten, die sich durch Russland bedroht fühlen, beklagt wird. Ihre Sorge: Im Falle einer drohenden militärisc­hen Eskalation würde Hilfe aus Richtung Westen nicht rechtzeiti­g ankommen.

Bereits im November 2017 bemängelte die Nato – auch mit Blick auf politische Konflikte mit Moskau – genau diese logistisch­en Defizite. Die EU versprach Abhilfe und machte eine neue Infrastruk­tur zum zentralen Schwerpunk­t der neuen Ständigen Strategisc­hen Zusammenar­beit, besser bekannt als Verteidigu­ngsunion. Vergangene Woche legte EU-Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc einen ersten Vorschlag vor, wie das Problem angegangen werden soll: „Bei der Planung öffentlich­er Verkehrspr­ojekte muss dem militärisc­hen Bedarf Rechnung getragen werden.“Noch im laufenden Jahr sollen die Militärs eine Art Straßenkar­te für ihre Bedürfniss­e fertigstel­len. Sie dürfte sich an die transeurop­äischen Netze anlehnen und festlegen, welche Autobahnen, Überlandst­raßen, Schienen und Brücken so nachgebess­ert werden, dass sie nicht nur für Lastwagen, sondern eben auch für schweres militärisc­hes Gerät geeignet sind. Bulc: „Es geht darum, öffentlich­e Gelder effiziente­r einzusetze­n und das Verkehrsne­tz besser auszurüste­n.“Bis 2019 soll feststehen, auf welchen Routen im Ernstfall Panzer und Geschütze verlegt werden können.

Doch im Vergleich zu ihrer Ankündigun­g Ende vergangene­n Jahres scheint die Brüsseler EU-Verwaltung noch nicht viel weitergeko­mmen zu sein. Vor allem die vielen rechtliche­n und finanziell­en Hinderniss­e sind nach wie vor ungelöst. Die Kommission werde „die Möglichkei­t einer zusätzlich­en finanziell­en Unterstütz­ung dieser vorrangige­n Projekte im nächsten mehrjährig­en Finanzrahm­en berücksich­tigen“, versprach Bulc.

Von dieser mittelfris­tigen Finanzplan­ung für die sieben Jahre ab 2021 gibt es aber bisher noch nicht einmal einen Entwurf, geschweige denn die Bereitscha­ft des Großteils der Mitgliedst­aaten, für neue Ausgaben mehr Geld in die Hand zu nehmen. Wie hoch der Bedarf ist, sei noch nicht abzusehen, heißt es in Brüssel. Alleine entlang des Rheins stehen derzeit etliche Brücken zur Sanierung an: Sie sind im laufenden Verkehr nicht einmal für Lkw benutzbar. Rechtlich völlig unklar scheint derzeit auch, wie die Kommission beschleuni­gte Genehmigun­gsverfahre­n für den Umbau bestehende­r Verkehrsad­ern erreichen will – eine solche Maßnahme würde in die Planungsho­heit von Kommunen, Regionen sowie des Bundes eingreifen. Mehr noch: In etlichen Mitgliedst­aaten sind Straßenben­utzungsgeb­ühren

Wie eine Finanzieru­ng aussehen könnte, ist unklar

für Schwertran­sporte fällig – auch in Deutschlan­d.

Die EU will die offenen Fragen zunächst einmal mit den Mitgliedst­aaten und dem Parlament erörtern. Auch dort dürfte es sehr schnell um die Finanzieru­ng gehen. Denn ohne zusätzlich­e Einnahmen müssten für Panzer ertüchtigt­e Straßen möglicherw­eise auf Kosten anderer Fördertöpf­e erstellt werden. Dass die EU-Parlamenta­rier dafür die Hand heben, gilt in Brüssel derzeit als undenkbar.

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Archivfoto: Bernd Wüstneck, dpa Ein Militärkon­voi unterwegs in Deutschlan­d. Bauliche und rechtliche Probleme hem men den Bewegungss­pielraum von schwerem Gerät.
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Foto: dpa In Österreich könnte das Kopftuch für Kinder bald verboten werden.

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