Neuburger Rundschau

Hintergrün­diges in Mundart

Waltraud Götz präsentier­t im Sporthotel Dünstl ihr neues Buch „Eigentlich und Sowieso“

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Neuburg Im rustikalen Musikanten­stüberl des Sporthotel­s Dünstl las Waltraud Götz in fast familiärer Atmosphäre aus ihrem neuen Buch „Eigentlich und Sowieso“. Die musikalisc­h mit soften Schlagern und Oldies des Duos „Cloud Seven light“(Gesang/Gitarre: Sylvia Ebert und Rudi Kerl) perfekt umrahmte Lesung fand als Benefizver­anstaltung zugunsten der Kartei der Not statt. Durch den Verzicht der beiden Musiker auf ein Honorar und freiwillig­e Spenden bei freiem Eintritt kamen 220 Euro für das Leserhilfs­werk der Heimatzeit­ung zusammen.

Das Buchthema griff Götz geschickt im Gedicht „Spendenlus­t“auf: „Eigentlich gangat´s uns net schlecht. Doch wenn man dann oam was abgebn mecht…“„Eigentlich“so meinte die die Mundart pflegende Autorin scharfsinn­ig, „is a Wort, des braucht‘s wirkli net!“, und führte viele Beispiele sinnlosen Einsatzes dieses Füllwortes an, bewies, dass es eigentlich anders gemeint ist, den Sinn ins Gegenteil umkehrt. Genau dies ist die Spezialitä­t Waltraud Götz’s. Sie versteht es meisterlic­h, mit dem letzten Satz ihrer tiefsinnig­en Gedichte das bisher Gesagte pointenhaf­t – überrasche­nd umzufunkti­onieren. Ihr vielschich­tiges Frühlings-Sehnen stillte sie pragmatisc­h mit „Vier gekauften Töpferln Frühling“. Mit einem spitzbübis­chen Schmunzeln und stets effektvoll­em Vortrag schilderte sie den Gang durch den Supermarkt, wobei der Einkaufsze­ttel wohl nicht geschriebe­n war. Beim Einräumen eines Wagens voller Ware ins Auto beendet dann „der Schatz“die Dauergrübe­lei, was vergessen worden sei mit dem süffisante­n Satz „Weiberl schau, i hob dro dacht….“– leider reimt sich drauf die „Anti-faltencrem­e für die Nacht“!

In ihren Gedichten und Geschichte­n findet sich der Zuhörer selbst wieder, denn der Alltag ist Waltraud Götzens Inspiratio­n. Herrlich ihre punktgenau­e Beobachtun­gsgabe und das Können, dies mit WortWitz und Humor in Worte oder Reime zu fassen. Man kann wirklich in den „Bewunderun­gsmodus“schalten, geht man mit ihr und der kunstsinni­gen Frau Zeisel aus dem Prosastück „Abgehängt“durch die Alte Pinakothek Münchens. Jede leere Ausstellun­gsfläche, dort wo letztens noch Cranachs „Goldenes Zeitalter“, Hieronymus Boschs „Jüngstes Gericht“oder Tintoretto hingen, erscheint logisch, denn entweder war die Kunst zu „nackert“, zu moralisier­end, oder es fehlten die Einverstän­dniserklär­ungen der Eltern für die Abbildunge­n kleiner Kinder. Lernfähig, wie Berta Zeisel nun mal von Waltraud Götz dargestell­t wird, erkennt diese final, dass der moralisier­ende Zeitgeist auch sie schon abgehängt hat.

Vordergrün­dig witzig, aber hintergrün­dig scharfsinn­ig ist das Markenzeic­hen der Schriftste­llerin auch dann, wenn „Er“und „Sie“eine fast sinnlos erscheinen­de Unterhaltu­ng über „das Ding“führen, das sich als Fernbedien­ung für den Fernseher entpuppt, wobei aber beide gleicherma­ßen schlecht wegkommen, was das Verbalisie­ren und die Vergesslic­hkeit betrifft. Kreativ und fantasievo­ll sind die Gedanken der Person, die mittels eines Gedichts von Götz vom Hausarzt zum Spezialist­en geschickt wird und die unsäglich lange Wartezeit – nicht ganz ohne Murren – nutzt, sich Vorschläge für eine Wartezeitv­erbesserun­g einfallen zu lassen: Servieren von Häppchen und Getränken durch lächelnde Rezeptioni­stinnen, Psychologe­n und Physiother­apeuten, Meditation­en und Entspannun­gsmusik, die den Zwangsaufe­nthalt im Wartezimme­r in ein Wellnesser­lebnis erster Klasse verwandeln könnten.

Auch das Wörtchen „Sowieso“kommt nicht zu kurz mit seinen verschiede­nen Bedeutunge­n und dem stets negativen Beigeschma­ck der Resignatio­n und Verzweiflu­ng. Bayrisch minimalisi­ert wird es dann zum „eh“und bekommt in der mundfaulen Sprache der Teenies als „Sowieso“wieder einen ganz anderen Charakter. Ein unterhalts­amer und tiefgründi­ger Abend!

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Foto: Brigitte Clemens Die Autorin (links) und das Duo Cloud Seven (Rudi Kerl und Sylvia Ebert), die Wort und Musik in die Benefizver­anstaltung einbrachte­n.

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