Wer für Neuburg im Landtag saß
Über einen Landrat, der in den Landtag einzog, und einen Abgeordneten, der gerne Landrat geworden wäre
Der Freistaat Bayern feiert heuer seinen 100. Geburtstag. In einer Serie stellt der Historiker Dr. Markus Nadler, Leiter der Landtagsbibliothek und Ausschussmitglied im Historischen Verein, die Abgeordneten in diesem Zeitraum vor. Den dritten Teil der Serie lesen Sie in der heutigen Ausgabe. München/Neuburg Zwei Wahlperioden – von 1962 bis 1970 – übte der Bertoldsheimer Rudolf Roßkopf (*1925, †1994) das Neuburger Direktmandat für den Landtag aus. Er war bereits seit 1952 in der Kommunalpolitik tätig gewesen, war 2. Bürgermeister seiner Heimatgemeinde, Kreisrat und Fraktionsvorsitzender der CSU im Kreistag Neuburg und wurde dann im Herbst 1962 erstmals und 1966 erneut für den Stimmkreis „Neuburg a. d. Donau – Stadt u. Land“in den Landtag gewählt.
Dort war er Mitglied im Ausschuss für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung (1962-67), im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (1962-66), im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden (1966-70) und im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr (1966-70). Von 1967 bis 1970 war er auch Gefängnisbeirat für Niederschönenfeld und Kaisheim. Er stellte eine Reihe von Anträgen zu den Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft, Infrastruktur und Bildung. Besonders befasste er sich mit der Energiewirtschaft, angeregt durch das Anfang der 60er Jahre in Bertoldsheim geplante Atomkraftwerk und die dann tatsächlich gebauten Wasserkraftwerke an der Donau.
Bei der Landtagswahl 1970 kandidierte anstelle Roßkopfs der junge Richard Keßler erfolgreich für den Stimmkreis Neuburg. Roßkopf durfte sich dagegen Hoffnung auf den Posten als Landrat machen, und zwar für den durch Zusammenlegung neu entstehenden Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Aber es setzte sich 1972 mit Dr. Walter Asam ein Kandidat aus dem südlichen Landkreis durch und Roßkopf wurde stellvertretender Landrat.
Geboren am 16. April 1925 in Bertoldsheim, hatte Roßkopf zunächst die Volksschule besucht und später sowohl eine Landwirtschaftslehre absolviert als auch einen kaufmännischen Beruf erlernt. Zweieinhalb Jahre hatte er Kriegsdienst geleistet. Ab 1957 führte er dann den landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters, zu dem auch ein Lebensmittelund Landhandel gehörten. Rudolf Roßkopf starb am 1. November 1994 in Bertoldsheim.
Sein Vorgänger als ‚Neuburger’ Abgeordneter im Landtag war von 1952 bis zu seinem Tod 1959 Wilhelm Gaßner. Er kam per Nachwahl für den am 23. Oktober 1952 im Alter von 69 Jahren verstorbenen Neuburger Georg Gromer in den Landtag. Bemerkenswert ist gerade aus heutiger Sicht, dass Gaßner als amtierender Landrat von Neuburg in den Landtag nachrückte. 1948 war er erstmals und 1952 erneut zum Landrat gewählt worden und er gab dieses Amt dann auch als Abgeordneter nicht auf. Damals war es noch möglich, gleichzeitig Landrat und Abgeordneter zu sein. Bei den Wahlen zum Bayerischen Landtag 1954 und 1958 gewann Gaßner jeweils den Stimmkreis Neuburg. Im Landtag gehörte er von 1955 bis 1957 dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr an.
Gaßner war am 5. April 1906 in Stammham bei Ingolstadt geboren worden, hatte das Humanistische Gymnasium besucht und dann Chemie studiert. Anschließend war er in der Industrie bei Zeiß und DaimlerBenz beschäftigt und in der Kriegszeit mehrere Jahre als Eisenhüttenmann in der Artillerie-Abteilung des Heereswaffenamtes.
Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimatregion zurück und wurde in Neuburg Leiter des Ernährungsamtes. Mit dem Eintritt in die CSU begann seine politische Karriere, die durch seinen frühen Tod mit gerade einmal 53 Jahren endete. Wilhelm Gaßner starb am 14. Juni 1959 in Neuburg.