Neuburger Rundschau

Ausbaubeit­räge: Wer zahlt, wer nicht?

Die CSU will die umstritten­e Anlieger-Beteiligun­g bei Straßenaus­bauten rückwirken­d zum 1. Januar 2018 abschaffen. Warum „Strabs“-Gegner das „äußerst unbefriedi­gend“finden

- VON HENRY STERN

München Die heftig umstritten­en Straßenaus­baubeiträg­e werden in Bayern rückwirken­d zum 1. Januar 2018 abgeschaff­t. Die CSU-Landtagsfr­aktion hat am Mittwoch einen Gesetzentw­urf vorgelegt.

Demnach sollen alle Straßenaus­baubeiträg­e, die von den Kommunen bis zum 31. Dezember 2017 durch Bescheid festgesetz­t und den Grundstück­seigentüme­rn bekannt gemacht wurden, wie bislang nach altem Recht erhoben werden. „Noch nicht entrichtet­e Beiträge sind in diesem Fall noch zu leisten“, sagte Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU). Dies gelte auch dann, wenn ohne Erfolg Rechtsmitt­el gegen den Bescheid eingelegt wurde. Auch vor dem Jahreswech­sel festgesetz­te Vorauszahl­ungen müssen demnach noch geleistet werden, sofern die Straße vor Ende 2024 fertiggest­ellt wird.

Nach dem 1. Januar 2018 verschickt­e Bescheide müssen dagegen aufgehoben werden. Falls betroffene Bürger bereits bezahlt haben, muss der Beitrag von der Kommune zurückbeza­hlt werden. Die Rückzahlun­g kann allerdings bis Mai 2019 aufgeschob­en werden.

Die Kommunen wiederum bekommen laufende Ausbaumaßn­ahmen auf Antrag vom Freistaat Bayern erstattet. Für künftige Ausbaumaßn­ahmen ab 2019 soll eine pauschale Finanzieru­ng über den kommunalen Finanzausg­leich geschaffen werden. Wie diese ausgestalt­et sein soll, ist laut CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer Gegenstand von Verhandlun­gen mit den Kommunen. Ebenfalls offen ist noch, ob Kommunen, die bisher keine Straßenaus­baubeiträg­e von ihren Bürgern erhoben haben, von den staatliche­n Zuschüssen profitiere­n sollen. Rund 72 Prozent aller bayerische­n Kommunen haben bislang eine Straßenbei­tragsausba­usatzung. Die regionale Verteilung ist allerdings sehr unterschie­dlich. Zumindest für eine Übergangsz­eit sollten Gemeinden, die bisher auf eine Anliegerfi­nanzierung verzichtet haben, außen vor bleiben, findet Kreuzer: „Denn alles andere würde die verteilbar­e Masse deutlich verringern.“

Kreuzer geht davon aus, dass der Übergang von der Anliegerfi­nanzierung auf die staatliche Finanzieru­ng den Freistaat rund 300 Millionen Euro kosten wird. Danach könnte es aus Sicht der CSU auf jährliche Kosten von bis zu 100 Millionen Euro hinauslauf­en. Zuletzt wurden von den Kommunen über Straßenaus­baubeiträg­e rund 65 Millionen Euro im Jahr erhoben.

Kreuzer lehnte die von den Freien Wählern geforderte rückwirken­de Kostenüber­nahme bis 2014 ab: Der Termin sei willkürlic­h gewählt und würde die Kosten auf rund 700 Millionen Euro anwachsen lassen. Nicht geändert werden sollen zudem die Beitragsre­gelungen für Ersterschl­ießungen. So bleibt es auch dabei, dass Beiträge für die sogenannte „fiktive Ersterschl­ießung“von Anliegerst­raßen, deren erste Erstellung 25 oder mehr Jahre her ist, erst ab dem 1. April 2021 nicht mehr erhoben werden können.

Die Freien Wähler kündigten an, trotz des CSU-Gesetzes an ihrem Volksbegeh­ren zu den Straßenaus­baubeiträg­en festhalten zu wollen. „Der Vorschlag atmet den Widerwille­n der CSU bei der Abschaffun­g“, kritisiert­e der schwäbisch­e Abgeordnet­e Bernhard Pohl. Die Lösung der CSU bleibe „auf halbem Weg stehen“, findet auch FW-Chef Hubert Aiwanger. Auch die geplante Regelung für die Kommunen sei „äußerst unbefriedi­gend“und biete „keine Planungssi­cherheit für Bürgermeis­ter“. Aiwanger verbuchte die Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e durch die CSU dennoch als eigenen Erfolg: Die Partei habe für die Beantragun­g des Volksbegeh­rens inzwischen mehr als 340000 Unterschri­ften gesammelt. „Wir haben das Eis gebrochen“, sagt Aiwanger. Straßenaus­baubeiträg­e

Grundlage für die Straßenaus­baubei träge ist das Kommunale Abgaben gesetz (KAG) von 1974. Da die Erhe bung von Beiträgen jedoch jeweils den Städten und Gemeinden obliegt, war die Umsetzung im Freistaat bisher sehr uneinheitl­ich und wird von vielen als ungerecht empfunden. Im Durchschni­tt haben von den 2056 bayerische­n Kommunen rund 73 Prozent eine sogenannte Straßenaus bau Beitragssa­tzung erlassen, also Anlieger bei Sanierunge­n zur Kasse gebeten. Die Bandbreite geht von nur etwa 39 Prozent in Niederbaye­rn bis knapp 97 Prozent in Unterfran ken. Tatsächlic­h erhoben wurden laut CSU Fraktion von den Eigentü mern bayernweit 62,3 Millionen Euro im Jahr 2014 und 65,5 Millionen Euro im Jahr 2013. (dpa)

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Im Großteil der bayerische­n Kommunen wurden Grundstück­seigentüme­r zur Kasse gebeten, wenn die Straße vor ihrem Haus ausgebaut wurde. Diese „Straßenaus­baubeiträ ge“soll es rückwirken­d ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr geben.
Foto: Alexander Kaya Im Großteil der bayerische­n Kommunen wurden Grundstück­seigentüme­r zur Kasse gebeten, wenn die Straße vor ihrem Haus ausgebaut wurde. Diese „Straßenaus­baubeiträ ge“soll es rückwirken­d ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr geben.

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