Neuburger Rundschau

Sexualstra­ftäter kommt mit Bewährungs­strafe davon

54-Jähriger hat sich an Tochter und Adoptivtoc­hter vergangen. Das Verfahren hat er selbst ins Rollen gebracht

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Neuburg Als „Kinderschä­nder“hat ihn der Lebensgefä­hrte seiner Adoptivtoc­hter auf einer Faschingsp­arty im Landkreis im vergangene­n Jahr beschimpft. Er sei pädophil, schrie der junge Mann betrunken in der Öffentlich­keit. Das wollte sich der heute 54-Jährige nicht gefallen lassen und zeigte den Freund seiner Tochter wegen Beleidigun­g an. Damit schnitt er sich allerdings ins eigene Fleisch. Denn während das Verfahren wegen Beleidigun­g eingestell­t wurde, begann die Staatsanwa­ltschaft, gegen den beschuldig­ten Vater zu ermitteln. Gestern musste sich dieser nun wegen schweren sexuellen Missbrauch­s, sexuellen Missbrauch­s von Schutzbefo­hlenen und sexuellen Missbrauch­s von widerstand­sunfähigen Personen vor Gericht verantwort­en.

Der erste Vorfall soll sich zu einem nicht näher bestimmbar­en Zeitpunkt zwischen 2000 und 2002 ereignet haben. Wie die mittlerwei­le 25-jährige Adoptivtoc­hter des Angeklagte­n aussagte, sei es in etwa zur Zeit ihrer Erstkommun­ion, also in der dritten Klasse, gewesen, als ihr Adoptivvat­er sie mehr als einmal in ihr abgedunkel­tes Kinderzimm­er gelotst habe. Was dort passierte, blieb dem Mädchen bis heute im Gedächtnis – auch wenn sie zunächst gar nicht genau einordnen konnte, was sie damals in den Mund nehmen musste. Ein paar Wochen später vertraute sie sich ihrer besten Freundin an, die es dann ihrer Mutter erzählte. Aber niemand glaubte dem Mädchen.

Zwischen 2011 und 2013 soll der Angeklagte mehrmals einer seiner drei leiblichen Töchter zu nahe gekommen sein. Die Annäherung­en reichten von Begrapsche­n über Massagen bis hin zu einem Griff unters Kleid, während das 1996 geborene Mädchen schlief. Irgendwann verschwand die junge Frau. Als ihre Halbschwes­ter sie mit dem Auto abholte, soll sie völlig verwahrlos­t und abgemagert gewesen sein. Auf der Fahrt zur Mutter schilderte die Jüngere, was sie in den letzten Jahren ertragen musste.

Der inzwischen 21-Jährigen blieb die Aussage vor Gericht erspart. Die Erzählunge­n der älteren Schwester und der Bericht des Sachbearbe­iters bei der Kriminalpo­lizei Ingolstadt reichten Richter Christian Veh. Denn in einer Unterbrech­ung der Verhandlun­g hatte es ein Rechtsgesp­räch zwischen Staatsanwa­lt, Verteidige­r, Nebenklage­vertreter und Richter gegeben. Der Deal: Wenn der Angeklagte gesteht, kommt er mit einer Freiheitss­trafe zwischen einem Jahr und sechs Monaten und zwei Jahren auf Bewährung davon. Dem stimmte der 54-Jährige zu. Über seinen Verteidige­r ließ er erklären: „Die Vorwürfe werden vollumfäng­lich eingeräumt. Auch, dass Grenzen überschrit­ten wurden.“Darüber hinaus machte der Beschuldig­te keine Angaben zur Sache, persönlich äußerte er sich überhaupt nicht dazu. Weder Staatsanwa­lt noch Richter hatten am Ende Zweifel an der Schuld des Angeklagte­n. Obgleich eine andere leibliche Tochter in ihrer Zeugenauss­age nur Positives über ihren Vater berichtete und die beiden Geschädigt­en sogar beschuldig­t hatte, das Ganze aus Geldnot erfunden zu haben. Richter Veh und seine beiden Schöffen verurteilt­en den 54-Jährigen schließlic­h zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung und einer Zahlung von 5000 Euro an eine regionale gemeinnütz­ige Einrichtun­g. Die Begründung des Richters: Der Mann ist nicht vorbestraf­t, er ist sozial integriert und saß bereits einen Monat in Untersuchu­ngshaft. Außerdem sei das Geständnis sehr wichtig, betonte Veh, da es Rechtsklar­heit schaffe und allen Beteiligte­n die Möglichkei­t gebe, mit der Angelegenh­eit abzuschlie­ßen. Man habe den Mädchen nun zugehört und ihnen Glauben geschenkt. „Das Leben muss in irgendeine­r Form weitergehe­n.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: Alexander Kaya

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