Ist die Aktienhausse vorbei?
Zinsangst, Zollangst und jetzt noch Kriegsangst: Die Unsicherheiten am Markt nehmen zu
Bislang ist die fundamentale Lage an den Aktienmärkten gut: Die Weltwirtschaft und die Unternehmensgewinne sind stabil und die Aktienbewertungen aufgrund der zweimonatigen Kurskonsolidierung entspannt. Doch ist die gute Konjunkturstimmung durch einen drohenden Handelskrieg zwischen den USA und vor allem China bedroht. Eine sich dadurch verschlechternde Weltwirtschaft könnte sich für deutsche Exporttitel zum Super-GAU entwickeln.
Die bislang handelsprotektionistischen Drohgebärden haben bereits erkennbare Reibungsverluste in der US-Industrie hinterlassen. Es mehren sich die Befürchtungen vor steigendem Kosten- und damit Margendruck aufgrund zollbedingt anziehender Einfuhrpreise für Vorprodukte. Doch auch die Angst vor grundsätzlich abflauenden Neuaufträgen kommt im verarbeitenden Gewerbe zum Ausdruck. Obwohl sich die Neuauftragseinschätzung noch auf absolut hohem Niveau bewegt, hat sich mit der dritten Verschlechterung in Folge ein Abwärtstrend etabliert. Trumps martialische Handelsrhetorik fordert ihren Tribut auch am US-Aktienmarkt.
Immerhin wirkt den jahresanfänglichen Zinsängsten eine auf Kontinuität ausgerichtete US-Notenbank entgegen. Was die Zinsen in den USA betrifft, will die Fed weiter einen umsichtigen Weg beschreiten.
Für die Finanzmärkte schwer einzuschätzen ist die Kriegsangst, die US-Präsident Trump durch seine martialische und widersprüchliche Positionierung im Syrien-Konflikt pflegt. Ist der Aktienfrieden insgesamt bedroht?
Wie gesagt, dieses Thema ist für die Finanzmärkte schwer zu fassen. Denn die Positionierung des US-Präsidenten im Syrien-Konflikt ist ähnlich wechselhaft wie das Aprilwetter. Während er noch vor zwei Wochen den Komplettrückzug Amerikas aus dem Krisenland verkündete, spricht er anschließend davon, Russland zügig die neuen smarten US-Raketen im SyrienEinsatz zu zeigen. Grundsätzlich müsste der Gesprächsfaden zwischen den Präsidenten der USA und Russland wieder geknüpft werden. Das russische Gesprächsinteresse wird wohl kaum durch die jetzt neu verhängten US-Sanktionen gestärkt. Sie versetzen der russischen Wirtschaft einen sehr empfindlichen Tiefschlag. Die bisherige Praxis Amerikas, von wirklich harten Sanktion gegen Russland abzusehen, ist beendet. Konkret müssen US-Investoren bis zum 7. Mai ihr Anlagegeld aus allen russischen Firmen abziehen, deren Entscheidungsträger eng mit der Kreml-Führung verbunden sind.
Haben politische Börsen aber auch diesmal kurze Beine? Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern ein potenzieller Militärschlag der USA in Syrien für eine Zuspitzung des Konflikts des Westens mit Russland sorgt. Steigende Öl- und Goldpreise signalisieren sicherlich ein Stück Kriegsangst, mindestens aber Unsicherheit über das, was noch kommt.
Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapitalmarkt analyse der Baader Bank und einer der führen den Börsenexperten.