Neuburger Rundschau

Diesel Klagen – was deutsche Volkswagen Kunden jetzt beachten sollten

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● Wie steht es um die Aufarbeitu­ng des Dieselskan­dals? Das Debakel hat den Autoriesen Volkswagen laut Bi lanz bereits mehr als 25 Milliarden Euro gekostet. Der überwiegen­de Teil wurde in Nordamerik­a fällig. In den USA haben neben diversen Bundesstaa ten, Behörden und Händlern zwi schen 400 und 500 Privatleut­e gegen Volkswagen, aber auch gegen Zulie ferer wie Bosch geklagt. Mittlerwei­le sind die Klagen der Kunden generell durch Vergleiche beigelegt worden. Von den Ergebnisse­n profitiere­n nicht nur die Kläger, sondern alle etwa 500 000 geschädigt­en Diesel Fahrer in den Vereinigte­n Staaten. Das macht die Sa che für VW und Co teuer. Schätzun gen gehen von bis zu zehn Milliarden Euro aus, die für Entschädig­ungen und Fahrzeugrü­ckkäufe fällig wurden.

● Wie viel Geld bekam jeder US Kunde? In den bisherigen Verglei chen haben sich die Kläger im Gegenzug für Entschädig­ungszahlun­gen zu Stillschwe­igen verpflicht­et. Offizielle Zahlen, wie viel Geld VW den einzel nen Betroffene­n zahlt, gibt es daher nicht. Generell zahlte der Konzern je dem US Diesel Kunden aber zwischen gut 5000 und 10 000 Dollar Ent schädigung und kaufte die Fahrzeuge zum Zeitwert zurück. Zusammenge nommen bedeutet dies, dass – grob ge rechnet – jeweils der Neuwert des Fahrzeugs erstattet wurde.

● Womit können geprellte Diesel Kunden in Europa rechnen? Die ju ristische Schlacht verlagert sich seit eini ger Zeit zusehends nach Europa. Al lein die Kanzlei Hausfeld, die auch in den USA VW Kunden vertreten hat, hat in Deutschlan­d nach eigenen Anga ben rund 40 000 Klagen gebündelt. Hinzu kommen weitere rund 10 000 ge prellte Diesel Kunden im EU Aus land, die die Berliner Dependance der US Kanzlei vertritt. Aber auch andere Anwälte sammeln Kläger ein – in Spa nien, Frankreich oder auf dem Balkan klagen ebenfalls Diesel Fahrer. Seit ei nigen Monaten machen zudem rund 2000 Schweizer Kunden ihre Rechte ge genüber Volkswagen geltend.

● Wie sind die Chancen für Betroffe ne in Deutschlan­d? Christophe­r Rot her, Deutschlan­d Chef der Kanzlei Hausfeld, beurteilt die Klagechanc­en als gut. „Klagen haben ganz überwie gend Aussicht auf Erfolg“, sagt er. Auch der Rechtsanwa­lt und frühere Bundesinne­nminister Gerhart Baum sagt: „Wir setzen jetzt voll auf Klagen.“ Besitzer von Diesel Fahrzeugen müs sen sich aber beeilen: Ende des Jahres droht eine Verjährung, daher sollten Ansprüche bis Ende Juni angemeldet werden. Denkbar sind Klagen wegen Betrugs und sittenwidr­iger vorsätzlic­her Schädigung. Möglich sei deshalb die Rückabwick­lung eines Kaufvertra­gs, aber auch Entschädig­ungszahlun­gen oder ein Neuwagen könnten Ergebnisse eines Gerichtspr­ozesses sein. Der ADAC spricht dagegen von einem „im mer noch unsicheren Klageausga­ng, auch wenn die Tendenz Richtung Ver braucherfr­eundlichke­it geht“, wie der Autoklub schreibt. Tatsächlic­h scheitern die Verbrauche­rklagen oft in erster Instanz. Im Berufungsv­erfahren erklärt sich Volkswagen dann aber nach Ex pertenauss­agen oft zu einem Vergleich bereit. Ziel dieser Taktik ist es, das Thema unterhalb der Wahrnehmun­gs schwelle zu halten und ein letztin stanzliche­s Urteil im Sinne eines Präze denzfalls zu vermeiden.

● Welches Risiko trägt der Kläger? Knackpunkt sind die Prozesskos­ten, die für den Kläger teuer werden können. Oft werden sie von einer Rechts schutzvers­icherung übernommen, so fern der Fall verloren geht. Es gibt noch einen risikolose­ren Weg. Diesen bereiten Prozessfin­anzierer wie das Berliner Unternehme­n Myright. Es ent bindet den Kläger von allen Kosten, wenn er vor Gericht unterliegt. Wird der Prozess gewonnen, streicht Myright aber satte 35 Prozent der erstritten­en Summe ein. Der Rest geht an den Kläger. Die Hausfeld Kanzlei etwa ar beitet mit Myright zusammen und bündelt hunderte, wenn nicht tausende gleich gelagerte Fälle, um sie vor dem Oberlandes­gericht Braunschwe­ig gegen Volkswagen durchzufec­hten. Ähnlich machen es andere Kanzleien. (Walther Rosenberge­r und afp)

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Foto: Jim West, dpa Pontiac, Michigan: Gebrauchte VW Die sel stehen auf Halde.

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