Bei uns gibt es keine rechtsfreien Räume
Zieht die Große Koalition bei der Steuerung und der Begrenzung der Zuwanderung denn an einem Strang? Beim Familiennachzug verlangt die SPD ja bereits eine liberalere Auslegung des Verabredeten.
Strobl: Was an den Fehlinterpretationen des Koalitionsvertrages durch die SPD liberal sein soll, erschließt sich mir nicht. Horst Seehofer hält sich beim Familiennachzug an die klare Vereinbarung, die im Koalitionsvertrag steht. Und die lautet: maximal 1000 Nachzüge pro Monat. Hätten wir uns auf eine Übertragbarkeit geeinigt, stünde im Koalitionsvertrag, dass es im Jahr maximal 12 000 Nachzüge geben soll. Die gemeinsame Formulierung heißt aber: maximal 1000 pro Monat. Ich erwarte, dass sich auch die SPD an den Koalitionsvertrag hält und den Bundesinnenminister vorbehaltlos und ohne Störgeräusche unterstützt.
In den meisten Bundesländern geht die Zahl der Straftaten leicht zurück. Warum haben trotzdem so viele Menschen das Gefühl, dass Deutschland unsicherer geworden ist?
Strobl: Die jüngste Kriminalstatistik für Baden-Württemberg zeigt - wie die bayerische übrigens auch - hervorragende Zahlen bei der Kriminalitätsbelastung und bei der Aufklärungsquote. Freilich haben Sie recht: Die objektive Sicherheitslage und das Empfinden der Bürger klaffen zuweilen auseinander. Zwar haben wir in bestimmten Bereichen, Das mag für sein Bundesland Nordrhein-Westfalen lange gegolten haben, nicht aber für Bayern oder BadenWürttemberg. Da liegt Jens Spahn falsch. Ich denke, ich spreche für meinen bayerischen Kollegen Joachim Herrmann mit, wenn ich sage: Bei uns gibt es keine rechtsfreien Räume und keine kriminellen Gangs, die ganze Stadtteile beherrschen. Bestimmte Punkte, an denen Handlungsbedarf besteht, haben wir auch, aber wenn es dort Probleme gibt, gehen wir diese ganz gezielt an und bekommen das dann auch in den Griff.
Trotzdem hat Spahn einen wunden Punkt getroffen. Junge Frauen gehen nicht mehr ohne Pfefferspray aus dem Haus, kaum ein Tag vergeht noch ohne einen Angriff mit einem Messer, bei dem Menschen getötet oder schwer verletzt werden. Müssen wir mit diesem diffusen Gefühl der Bedrohung leben? Strobl: Natürlich müssen wir nicht damit leben. Obwohl die Herausforderungen für unsere Sicherheitsbehörden – etwa durch die Terrorgefahr oder neue Bedrohungen im Cyberraum – noch nie so groß waren, ist die Kriminalitätsbelastung bei uns in Baden-Württemberg und bei Ihnen in Bayern auf einen historischen Tiefstand gesunken, so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Wenn die Zahl der Straftaten insgesamt zurückgeht: Gilt das auch für die Flüchtlingskriminalität?
Strobl: Nach deutlichen Anstiegen in der Vergangenheit sind die registrierten Straftaten von Asylbewer-