Abteilung Attacke schlägt zurück
Uli Hoeneß reagiert ungehalten auf Vorwürfe aus Frankfurt. Die Mannschaft indes zeigt sich unbeeindruckt. Vor allem Sandro Wagner, der auch verbal auffällt
München Die alten Reflexe funktionieren noch. Das galt ja einige Zeit als nicht gesichert. Schließlich hatte sich Uli Hoeneß in den vergangenen Monaten arg zurückgenommen. Wo er früher gerne aus der Haut fuhr, wenn jemand die Qualität der Stadionwurst als mittelmäßig bezeichnete, blieb er nun sogar ruhig, als ihm Unfähigkeit in seinem ureigenen Handlungsfeld unterstellt wurde. Vorwürfe, er würde den Verein nur bedingt zukunftsfest ausrichten, ließ der Präsident unkommentiert im Raum stehen. Nun aber reichte es Hoeneß. So nicht!
In Frankfurt hatte sich zuvor Fredi Bobic zu Wort gemeldet. Der Vorstand der Eintracht konnte dem anstehenden Wechsel seines Trainers Niko Kovac nach München nur wenig Positives abgewinnen. Besonders missfiel ihm das offensive Vorgehen der Bayern. Er empfand es als „unprofessionell, extrem bedenklich und respektlos“. Eine Wortwahl, die Hoeneß auf den Plan rief. Nachdem eine Münchner B-Mann- schaft die Gladbacher nach anfänglichen Problemen 5:1 geschlagen hatte, war sie wieder zu hören: Jene Stimme, die als „Abteilung Attacke“Einzug in den Fußball-Almanach gefunden hat. Gegenüber dem TVSender Sky bezeichnete er seinerseits die „Aussagen von Fredi Bobic als unverschämt“. Eines könne seinem Verein nämlich überhaupt nicht vorgeworfen werden: unprofessionell zu arbeiten. Das Gegenteil sei der Fall. Gebrauch von der Ausstiegsklausel zu machen, die in Kovac’ Vertrag verankert ist, sei „sehr professionell“gewesen.
Letztlich dreht sich vieles in dem Ärger über den Wechsel um gekränkte Eitelkeiten. Wann hat wer wen über den Transfer in Kenntnis gesetzt? (Randbemerkung)
Der Münchner Mannschaft war die Aufregungen der vergangenen Tage nicht anzumerken. Sie hatte ja nicht nur einen neuen Übungsleiter für die kommende Saison präsentiert bekommen. Vor einer Woche sicherte sie sich endgültig die deutsche Meisterschaft, zog kurz darauf ins Halbfinale der Champions Lea- gue ein und bekam dort Real Madrid als Gegner zugelost.
Trainer Jupp Heynckes reagierte auf die Anstrengungen mit einer groß angelegten Rotation. Im Vergleich zum 0:0 gegen Sevilla brachte er gleich sieben neue Spieler. Am auffälligsten davon agierte Sandro Wagner. Der leitete mit seinem Doppelpack in der ersten Halbzeit den Kantersieg ein, nachdem die Gladbacher nach neun Minuten durch Josip Drmic noch in Führung gegangen waren.
Erwartungsgemäß reagierte der Münchner Stürmer mit wenig Zurückhaltung auf die Frage, ob er sich denn gute Chancen auf die Teilnahme an der Weltmeisterschaft verspricht. „Das nervt langsam. Ihr fragt den Hummels und Müller auch nicht jede Woche, ob sie zur WM mitfahren. Und genauso sehe ich das bei mir auch“, sagte er den Journalisten. Nun haben Müller und Hummels ihren Stammplatz sowohl in der Nationalmanschaft als auch beim FC Bayern sicher, während Wagner meist die Rolle eines Zeitarbeiters zukommt. An derartigen Kleinigkeiten reibt sich das Ego des 30-Jährigen aber nicht.
Zu viel des Nachdenkens ist derzeit wohl auch unangebracht. Die Münchner scheinen auf Autopilot geschaltet zu haben. Am Dienstag steht das Halbfinale im Pokal gegen Leverkusen an. Es folgt – unterbrochen von der Bundesliga – das zweimalige Treffen mit Real Madrid. Partien, wie sie die Münchner seit Jahrzehnten kennen. In den Spielzeiten unter Ancelotti und Guardiola aber gerieten sie meist zu glücklosen Dramen. Vielleicht aber sind es nicht nur Hoeneß’ Reflexe, die an frühere Zeiten erinnern.
Bayern München Ulreich – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba (73. Rafinha) – Rudy – Müller (46. James), Tolisso, Thiago, Bernat – Wagner (70. Lewandowski) Mön chengladbach Sommer – Elvedi, Ginter, Vestergaard, Wendt – Zakaria (81. Strobl), Kramer – Hofmann (65. Grifo), Raffael, Hazard – Drmic (65. Cuisance) Tore 0:1 Drmic (9.), 1:1 Wagner (37.), 2:1 Wagner (41.), 3:1 Thiago (51.), 4:1 Alaba (67.), 5:1 Lewandowski (82.) Zuschauer 75 000 Schiedsrichter Kampka (Mainz)