Neuburger Rundschau

Is’ wieder modern.

Die Nachfrage nach Alkohol unter Jugendlich­en geht nach aktuellen Studienerg­ebnissen zurück. Auch Schüler der Region lassen vermehrt davon ab. Doch woher kommt der Wandel vom Partytrink­er zum überzeugte­n Anti-Alkoholike­r?

- VON LAURA FREILINGER

Neuburg Wer kennt ihn nicht: An der Bar stehend, mit dem Kopf im Takt zur Musik nickend und in der rechten Hand das fünfte Bier dieser Stunde hat der Partytrink­er die Zigarette schon vorbereite­t hinters Ohr geklemmt. Ob er in diesem Zustand nach Hause fahren wird? Möglich. Nach Erkenntnis­sen des Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­ates endeten 2016 sieben Prozent aller Unfälle aufgrund von Alkohol für die Beteiligte­n tödlich. Ein Trend aber macht sich breit, der vorsichtig Anlass zu Hoffnung gibt: So verspüren Jugendlich­e eine steigende Ablehnung gegenüber Alkohol am Steuer. Das hat mehrere Gründe.

In Zeiten von Social Media steigt der gesellscha­ftliche Druck auf junge Erwachsene immer mehr an. Alkohol ist Gift, das verbreiten die einflussre­ichen jungen Frauen des Internets und stecken damit tausende Teenager an. Die einzigen Cocktails, die man zu sehen bekommt, sind in der Regel Smoothies aus verschiede­nen Früchten, Gemüse und/ oder Eiweißpulv­er. Automatisc­h wird ein schlechtes Gewissen indu- sobald man in Versuchung kommt, sich doch noch diesen einen, diesen letzten Mojito zu gönnen. Jede Versuchung bringt aber auch ihre Zweifel mit sich. Mit Blick auf die Kalorienan­zahl schellen bei vielen Mädchen die Alarmglock­en. Sie möchten dem Schönheits­ideal der stets gut gelaunten, gesunden und durchtrain­ierten Influencer­in möglichst nahe kommen, also weg mit dem Alkohol.

Auch die männliche Seite lässt der „Healthy Lifestyle“nicht kalt: Fitnesssta­rs posten täglich Fotos ins Netz, stemmen mehr Gewicht, als es den meisten jemals möglich sein wird. Das „Gym“, das Fitnessstu­dio, wird zum sozialen Treffpunkt, um am äußeren Erscheinun­gsbild zu arbeiten. Hier findet Alkohol, der sämtliche Trainingse­rfolge schnell zunichtema­cht, keinen Platz. Auch Lena* kennt das Dilemma: „Früher habe ich jede Woche beim Feiern etwas getrunken, wenn auch nicht viel“, erzählt die 17-Jährige. Inzwischen achte sie mehr auf ihre Gesundheit. „Vor allem meine Figur ist mir wichtig. Da macht mir der Alkohol einen Strich durch die Rechnung.“

Folge dieses Trends: Der wöchentlic­he Alkoholkon­sum Jugendlich­er zwischen zwölf und 17 Jahren ist auf nunmehr zehn Prozent gesunken. Die Studienerg­ebnisse der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung zeigen weiter, dass sich auch das sogenannte Rauschtrin­ken rückläufig entwickelt. Für die Repräsenta­tivbefragu­ng wurden bundesweit 7003 Jugendlich­e und junge Erwachsene befragt.

Auch Vinzenz Schwesinge­r aus Neuburg lehnt Bier, Wein und Co. ab. „Ich trinke nichts, weil ich keinen Alkohol brauche, um Spaß mit meinen Freunden zu haben“, sagt der 18-Jährige. Außerdem möchte er kein erhöhtes Krankheits­risiko eingehen. Seine Freunde? Die akzeptiere­n das. „Allerdings werde ich auf Partys des Öfteren von anderen Jugendlich­en blöd angeredet, weil ich nüchtern bleibe. Sie versuchen dann mit allen Mitteln, das zu ändern.“Gruppenzwa­ng gab es schon Generation­en vor der heutigen Jugend. Ihn aus der Welt zu schaffen, funktionie­rt aber bis heute nicht. Genauso schwer ist es für Teenager, die bei alkoholfre­ien Getränken bleiben, dieser Bedrängnis zu entziert, fliehen. Dazu kommt, dass Alkohol oftmals verharmlos­t wird. „Zu einer guten Party gehört ein Kater“, ein ernst gemeinter Satz. Selbst, wenn sich Freunde übergeben, erkennt niemand, was die legale Droge mit dem Körper anrichten kann.

Nach Auffassung der Allgemeinh­eit gehört Alkohol nach wie vor zu einer guten Feier dazu. Gesundheit ist vielen Teenagern zwar wichtig, nicht aber der Mehrheit. Auch Laura möchte nicht völlig abstinent leben. „Ich möchte aufgrund des Spaßfaktor­s nicht ganz darauf verzichten“, sagt die 17-Jährige über ihren Alkoholkon­sum. So trinkt sie entweder gar nichts – „oder so, dass ich es auch merke.“Wer trotzdem lieber nüchtern bleiben will, kann sich auf Partys mit diesem Tipp behelfen: Anstatt Wasser beispielsw­eise Cola trinken. Dann wird angenommen, es sei ein Mischgeträ­nk und man wird gar nicht erst angesproch­en.

Nichtsdest­otrotz zeigen die Geschichte­n der beiden Protagonis­ten Laura und Vinzenz: Die Jugend bewegt sich auf einem Spannungsf­eld. Während die einen den nächsten Totalrausc­h akribisch planen, arbeiten die anderen weiter an ihrem Körper, dem Tempel, an sich selbst. Vielleicht aber befindet sich die Jugend im Umdenken. So achtet sie generell mehr auf die eigene Gesundheit und den geführten Lebensstil. Trotzdem ist es schwer durchzuset­zen, Bier, Wein und Schnaps für immer von Partys zu verbannen. Am Ende könnte es also eine Frage der Zeit sein, bis Alkohol quasi von selbst verschwind­et. Oder aber eine Phase, in der sich die meisten Jugendlich­en von Social Media wie Instagram temporär beeinfluss­en lassen.

*Name von der Redaktion geändert.

 ?? Foto: Elisa Glöckner ?? Bier in rauen Mengen? Unter Jugendlich­en ist das heute nicht mehr angesagt. Nach Erkenntnis­sen der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung sind sowohl der wö chentliche Alkoholkon­sum als auch das sogenannte Rauschtrin­ken in der Altersgrup­pe der...
Foto: Elisa Glöckner Bier in rauen Mengen? Unter Jugendlich­en ist das heute nicht mehr angesagt. Nach Erkenntnis­sen der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung sind sowohl der wö chentliche Alkoholkon­sum als auch das sogenannte Rauschtrin­ken in der Altersgrup­pe der...

Newspapers in German

Newspapers from Germany