Von Bestien, Außerirdischen und Don Jupp
Für den Fußballfan – um mit Beckenbauer zu franzeln – ist heut scho’ wieder Weihnachten. Viel mehr geht im Vereinskick nicht: München gegen Madrid, Superstars gegen Weltstars, ein Batzen Geld gegen einen Monsterhaufen Kohle. Selbstverständlich geht es nicht um Leben und Tod. Die Lage ist, um mit dem britischen FußballPhilosophen Bill Shankly zu sprechen, viel ernster.
Im Gipfeltreffen stecken brisante Duelle. Zwei Trainer-Generationen treffen aufeinander. Hier der Grandseigneur Jupp Heynckes, den Vereinschef Uli Hoeneß aus dem Ruhestand zurückholte, weil sein Vorgänger Ancelotti zu sehr italienischen Improvisationskünsten vertraute. In seiner Real-Zeit verdiente er sich den Namen Don Jupp. Dort der Weltstar Zinedine Zidane, der ehemalige Ballstreichler und Kopfstoß-Rüpel. Von seinen Trainerfähigkeiten sind nicht alle Experten überzeugt. Kritiker behaupten, dass mit dem weißen Ballett in Stollenschuhen auch der Facility-Manager von Ronaldo die Trophäen abgreifen könnte.
Womit die Hauptperson des Halbfinales im Spiel ist: CR7, neben dem Floh Lionel Messi die bekannteste Kicker-Marke der Welt. Seine Fähigkeiten am Ball stehen außerhalb jeder Diskussion. Der Fallrückzieher in der Höhe, in der Basketball-Star Dirk Nowitzki seinen Dunking versenkt, ist vielleicht der schönste Treffer der Fußballgeschichte. Doch mit seiner JubelShow spaltet er die Fangemeinde.
Der Portugiese formt nicht mit den Händen süße Herzchen für die Liebste auf der Tribüne oder tanzt Samba an der Seitenlinie. Nein, runter mit dem Trikot und her mit dem Sixpack. Die Bayern können nur hoffen, dass CR7 seine TorVermarktungsstrategie nicht schon wieder durchzieht. Die Statistik spricht für den Portugiesen. In sechs Spielen gegen die Münchner im Real-Trikot schoss der 33-Jährige nicht weniger als neun Tore.
Als erster Spieler traf Ronaldo in zehn aufeinanderfolgenden Champions-League-Partien. Seine Serie begann im Finale 2017 – beim Sieg gegen Turin. Nur wenn die Bayern den Außerirdischen bei den Galaktischen stoppen, können sie wieder zur „Bestia Negra“, zur schwarzen Bestie, werden, vor der sich einst die Madrilenen fürchteten. Nun aber genug von Ungeheuern, ETs und spanischen Hausmeistern. Freuen wir uns auf einen Abend, an dem 22 Männer in kurzen Hosen dem Ball hinterherlaufen.