Die rätselhafte Figur am Altar von St. Peter
Es ist Chrodegang, der Bischof von Metz
Neuburg In der Pfarrkirche St. Peter in Neuburg steht am Hochaltar ein Heiliger, der selbst unserem Stadtpfarrer Rätsel aufgibt. Darüber muss er sich aber nicht grämen, denn auch der Dillinger Bildhauer Johann Michael Fischer, der die Figur um 1760 geschaffen hatte, konnte mit dem Heiligen nichts anfangen. Er stellte ihn einfach mit einem Kreuz in der Hand dar, was man wohl bei allen Heiligen hätte machen können. Obwohl es sich der Überlieferung nach um einen Bischof handeln soll, hat Fischer keine bischöflichen Insignien wie Krümme oder Mitra angefügt. Der Heilige trägt nur eine Mozzetta (Schulterumhang) über einem Chorrock.
Bei der Figur soll es sich um Bischof Chrodegang von Metz handeln. Es gibt in der Kunst nur ganz wenige Darstellungen von ihm, und die befinden sich in Westfrankreich. Dort wird er als Bischof und Kirchenund Klostergründer mit bischöflicher Kleidung und mit einem Kirchenmodell in der Hand gezeigt.
Chrodegang wurde um das Jahr 715 in der Provinz Limburg im heutigen Belgien geboren. Nach einer guten Ausbildung wurde der Spross aus dem Hochadel beim Frankenkönig Karl Martell Privatsekretär und schließlich 732 Kanzler des Frankenreiches. Für seine Verdienste wurde er 742 zum Bischof von Metz berufen. Nach dem Tod von Bonifatius rückte er als Erzbischof des östlichen Teils des fränkischen Reiches nach.
Chrodegang gilt als Reformer und Klostergründer von Gorze, Lorsch und Gengenbach. Für Weltpriester schrieb er 755 die „Regula canonicorum“, die das Zusammenleben in einer religiösen Gemeinschaft ordnete. Es wurde das Grundwerk für die Gemeinschaft von Kanonikern, also von Priestern, die nach diesem „Kanon“lebten, die in einem Haus wohnten, zum Stundengebet zusammenkamen und Seelsorge betrieben. Sie waren keine Mönche, sie legten keine Profess ab und hatten alle ihr Privateigentum. Sie richteten sich in religiösen Dingen vorwiegend nach Vorgaben des hl. Augustinus. Daher ist die zweite Figur auf dem Hochaltar von St. Peter auch der hl. Augustinus.
Im Jahr 1680 ereignete sich in der Peterskirche bei einer flammenden Predigt des Franziskanermönches Marco d‘Aviano das Wunder der Augenwende an einer Marienfigur auf dem Altar. Es wurde vom gesamten Neuburger Hof bemerkt und vom Augsburger Bischof bestätigt. Herzog Philipp Wilhelm, der bei der Augenwende selbst anwesend war, stiftete daraufhin das „Chorstift bei St. Peter“, also ein Kanonikerstift. Jetzt ist verständlich, dass sich diese Chorherren bei der Neugestaltung ihres Hauptaltars, Chrodegang, den Verfasser ihrer Gemeinschaftsregeln, auf den Altar stellten.
Das Chorstift St. Peter existierte von 1681 bis zur Auflösung in der Säkularisation 1803. Es betreute viele Gläubige und Pilger, die zur „Madonna vom Gnadenaug“kamen.