Der Tod ist tabu – oder doch nicht?
Das Thema Sterblichkeit schieben wir gerne weit von uns weg. Aber was denkt eigentlich die Jugend darüber, welche Erfahrungen hat sie gemacht? K!ar.Text hat nachgefragt
Neuburg Darüber spricht man nicht. Gerade wenn sie jung sind, setzen sich viele Menschen mit dem Tod nicht auseinander. Doch es kann heilsam sein und in gewisser Weise auch befreiend, wenn man einmal einen Blick auf diesen düsteren Begleiter des Lebens riskiert. Vielleicht wäre so mancher überrascht, was der bewusste Umgang mit dem Thema Tod bewirken kann.
Ende vergangenen Jahres hat eine besondere Fernsehserie die Zuschauer berührt. Mit der Ausstrahlung der dritten Staffel ging die Reise des „Clubs der roten Bänder“zu Ende. Eine Serie, die gezeigt hat, wie es Kindern im Krankenhaus ergeht. Aber auch eine Serie, die um die Themen Tod und Sterben keinen Bogen gemacht hat. Nun ist klar, dass es sich hier um Jugendliche mit schweren Krankheiten handelt, die im Krankenhaus um ihr Leben bangen müssen. Dass in diesem Umfeld eine Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit unausweichlich ist, versteht sich von selbst.
Auch ein gesunder junger Mensch sollte den Tod als natürliches Phänomen nicht ganz aus den Augen verlieren. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Ansätze, sich dem Thema zu nähern. Das merkt man schnell, wenn man sich auf den Weg durch Neuburgs Straßen macht und junge Leute um ein Gespräch bittet.
Man könnte es zum Beispiel so sehen wie die 25-jährige Raffaela und die 23-jährige Hannah. Die jungen Frauen sind schon mit dem Tod in Berührung gekommen. Hannah hat ihren Großvater durch Krebs verloren. „Das hat schon etwas in mir verändert“, erzählt sie. „Ich habe seinen Weg zum Tod miterlebt, da setzt man sich automatisch mit der eigenen Sterblichkeit auseinander“, erzählt Hannah weiter. Es habe ihr gezeigt, dass jedes Leben einmal zu Ende geht – auch das eigene. Doch man darf über den Schmerz hinweg nicht vergessen, dass der Tod auch etwas Positives mit sich bringen kann, ist Hannah überzeugt. „Natürlich habe ich gesehen, dass mein Opa nicht mehr leiden muss und das war gut so. Ich konnte ihn loslassen“, erinnert sie sich. Auch Raffaela will den Tod nicht als etwas durchweg Schlechtes betrachten. „Für mich ist der Tod in Ordnung, vor allem wenn man sein Leben leben durfte“, sagt die 25-Jährige.
Beide Frauen glauben auch daran, dass nach dem Tod nicht einfach Schluss ist. „Ich könnte mir vorstellen, als Geist auf meine Familie aufzupassen“, erklärt Raffaela. Auch Hannah vermutet, dass es irgendeine Form von Wiedergeburt geben wird. Diese Vorstellung nimmt die Angst vor dem Tod, sind sie sich einig. Sie würden sich wünschen, dass das Thema in unserer Gesellschaft freier behandelt wird. „Kinder sind sehr offen für schwierige Themen, da könnte man auch den Tod ruhig einmal thematisieren. Vielleicht hätten wir dann als Erwachsene weniger Angst davor“, bemerken Raffaela und Hannah.
Ganz anders geht es da der 13-jährigen Marleen. Für sie ist der Tod bisher der große Unbekannte geblieben. Sie musste noch nie eine Beerdigung miterleben oder den Verlust eines ihr wichtigen Menschen. „Zum Glück“, sagt das junge Mädchen, „der Tod macht mir schon Angst. Ich weiß nicht, was danach kommt und das beunruhigt mich.“Das Thema schiebt sie weit von sich weg und macht sich noch keine Gedanken, was es bedeutet, wenn es einmal um das eigene Sterben geht.
Ähnlich erging es Valentin bis vor einem Jahr. Sich mit dem Tod bewusst auseinanderzusetzen, hat er durch seinen Glauben gelernt. Valentin sagt über sich selbst, dass er damals angefangen hat, an Gott zu glauben. Das hat in seinem Leben viel verändert. „Automatisch kam auch das Thema Tod zur Sprache. Ich habe mich durch die Religion auch mit unserer Sterblichkeit befasst“, sagt der 15-Jährige nachdenklich. „Aber ich weiß, dass ich keine Angst zu haben brauche, weil Gott bei mir ist. Nur um meine Familie würde ich mir sorgen machen, weil sie dann um mich trauert.“Der Jugendliche wirkt sehr gefasst, als er über den Tod spricht.
Sein Glaube hat ihn auch dabei unterstützt, den Tod eines Freundes zu verarbeiten. „Wir sollten den Tod nicht ignorieren, damit wir Trauer zulassen können. Trotzdem sollten wir das Thema nicht verharmlosen. Sterben wird immer etwas Besonderes für die Betroffenen sein und das ist okay so“, gibt Valentin zu bedenken.
Auch die 17-jährige Laura und der 18-jährige Joseph sind sich einig, dass über den Tod zu sprechen gut ist. Laura macht sich zum Beispiel Gedanken über ihre Beerdigung. „Dass ich dann weg bin, will ich mir gar nicht so genau vorstellen. Aber ich habe mir überlegt, wie ich mir meine Beerdigung vorstelle. Lieber würde ich verbrannt werden, als in einem Sarg zu liegen“, sagt die Jugendliche. Als Kind habe sie große Angst vor dem Thema gehabt, aber je älter sie werde, desto offener sei sie auch gegenüber dem Tod. Auch Joseph nimmt sich Zeit, um über die Sterblichkeit nachzudenken. „In meinem Freundeskreis sind einige sehr religiös“, sagt der junge Mann. „Wir diskutieren oft über Religion. Dann kommt natürlich auch einmal die Frage auf, was nach dem Tod passiert.“Joseph selbst glaubt daran, dass alles gut wird, wenn man gestorben ist. So würde man im Leben vielleicht Fehler machen und es gebe viel Schlechtes. Wenn man aber stirbt, sei danach alles in Ordnung.
„Leider wird der Tod oft wie ein Tabu behandelt“, sagt Laura zum Schluss. „Man sollte es auch nicht übertreiben, doch darüber zu reden, ist okay. Dann wüsste man besser, wie man damit umgehen soll, wenn jemand stirbt.“