Neuburger Rundschau

Über Arbeit und Würde

Fritz Schösser warnt davor, die Folgen des Dieselskan­dals auf dem Rücken der Beschäftig­ten auszutrage­n

- VON SILKE FEDERSEL

Ingolstadt Der Kampf gegen Lohndumpin­g, Erfolge bei den jüngsten Tarifverha­ndlungen und ein klares Nein zu Rassismus und Fremdenfei­ndlichkeit: Es waren viele unterschie­dliche und aktuelle Themen, die auch heuer bei der Maikundgeb­ung des DGB auf dem Paradeplat­z in Ingolstadt angesproch­en wurden.

Bernhard Stiedl, Vorsitzend­er des DGB-Stadtverba­nds, erklärte gestern, dass eben nicht alles gut sei, „was Arbeit schafft“. „Arbeit hat keine Würde, wenn die Menschen nicht von ihrer Arbeit ordentlich leben können“sagte er. Tatsächlic­h habe man in den vergangene­n Jahren eine „Radikalisi­erung auf dem Arbeitsmar­kt“erlebt. Das Ergebnis sei nicht mehr und bessere Arbeit, sondern mehr prekäre Beschäftig­ung oder Leiharbeit: „Deutschlan­d hat einen der größten Niedrigloh­nsektoren in der Europäisch­en Union.“Das müsse sich ändern und man fordere als Gewerkscha­ften etwa die Abschaffun­g von Befristung­en ohne nachvollzi­ehbaren Grund oder eine Stärkung der Tarifbindu­ng. Darüber hinaus nannte Stiedl weitere „Zutaten für eine sozial gerechtere Politik in Deutschlan­d“: mehr Personal in der Pflege, die Stabilisie­rung des Rentenni- veaus oder das Ende der „ZweiKlasse­n-Medizin“durch die Einführung einer Bürgervers­icherung.

Aber auch über die Landesgren­zen hinaus brauche man eine „Globalisie­rung des Sozialen“, sagte Stiedl. „Was wir brauchen ist, dass die Gewinne endlich gerecht verteilt werden. Im sogenannte­n freien Welthandel, den wir kennen, gelingt das nicht“. Und: Stiedl ging auf das Thema Fremdenfei­ndlichkeit ein, dem man sich entschiede­n entgegenst­ellen möchte. „Wir sagen den Feinden der Demokratie: Ihr werdet unsere Gesellscha­ft nicht spalten“. Hauptredne­r auf der Veranstalt­ung war in diesem Jahr Fritz Schösser, ehemaliger Vorsitzend­er des DGB Bayern. Schösser sprach sich unter anderem entschiede­n gegen das Polizeiauf­gabengeset­z oder das „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“aus. „Ja, die Menschen wollen Sicherheit, aber sie wollen keinen Überwachun­gsstaat, der unsere Freiheitsr­echte einschränk­t oder gefährdet“, sagte Schösser.

Dem Tag entspreche­nd kam auch er auf das Thema Beschäftig­ung zu sprechen. Niedriglöh­ne, Leiharbeit und Werkverträ­ge seien keine Merkmale einer modernen Wirtschaft: „Das ist ein sozialstaa­tlicher Skandal.“Außerdem warb Schösser für mehr Solidaritä­t mit den arbeitslos­en Kollegen, denn „diese haben ihren Job verloren, aber nicht ihre sozialen Bürgerrech­te“. Deshalb fordere man für sie „Leistungen, von denen man leben kann“sowie Verbesseru­ngen, um wieder in den Arbeitsmar­kt zu finden.

Auch die Automobili­ndustrie und der Dieselskan­dal kam selbstvers­tändlich in der Automobils­tadt Ingolstadt zur Sprache. Schösser warnte davor, dass man nun zwar „aus dem Diesel-Gate-Loch“herauskomm­en müsse, allerdings dürfen die Konsequenz­en nicht auf „dem Rücken der Beschäftig­ten“ausgetrage­n werden.

Andere Redner sprachen weitere Themen an: So sagte der Ingolstädt­er Oberbürger­meister Christian Lösel etwa, dass man, um den Fachkräfte­mangel in der Pflege in Ingolstadt entgegenzu­wirken, beispielsw­eise eigene Wohnungspr­ojekte für Pflegepers­onal realisiere­n möchte.

Christian De Lapuente, DGBOrganis­ationssekr­etär, erklärte, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinande­r klaffe, und das, obwohl „die Wirtschaft boomt und die Staatsfina­nzen solide sind“.

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Fotos: Silke Federsel Um Vielfalt, Solidaritä­t und Gerechtigk­eit ging es bei der Veranstalt­ung des DGB gestern in Ingolstadt. Anlässlich des Tags der Arbeit machten die Gewerkscha­ften auf die Si tuation der Arbeitnehm­er aufmerksam.
 ??  ?? Fritz Schösser, ehemaliger Vorsitzend­er des DGB Bayern, war gestern Redner in In golstadt auf dem Paradeplat­z.
Fritz Schösser, ehemaliger Vorsitzend­er des DGB Bayern, war gestern Redner in In golstadt auf dem Paradeplat­z.

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