Neuburger Rundschau

Kein Tatort ohne Spurensich­erung – die Männer in Weiß

Erkennungs­dienst Immer, wenn ein Verbrechen in der Region geschieht, sind sie zur Stelle: die Mitarbeite­r der Spurensich­erung. Wie sie helfen können, einen Täter zu überführen

- VON LUZIA GRASSER

Polizisten, Angestellt­e in Justizvoll­zugsanstal­ten, Richter, (Staats-)Anwälte – sie alle beschäftig­en sich tagtäglich mit dem Thema „Kriminalit­ät“. Sie setzen sich für Sicherheit und Gerechtigk­eit in unserem Land ein. Allerdings wird ihnen zunehmend weniger Respekt entgegenge­bracht. Und auch das subjektive Sicherheit­sempfinden der Bevölkerun­g sinkt. Wir haben diese Behörden besucht und Menschen getroffen, die dort arbeiten. Ingolstadt Mitte März: Ein Ingolstädt­er parkt am späten Abend sein Auto in der Tiefgarage, ein zunächst Unbekannte­r feuert mehrere Kugeln auf den Mann ab. Der überlebt schwer verletzt. Ostermonta­g: Ein Kollege findet einen Ingolstädt­er in seinem Schreberga­rten, erstochen von einem zunächst Unbekannte­n. Mitte April: Ein Großvater findet mitten in der Nacht seinen dreijährig­en Enkel im Haus. Getötet, mutmaßlich von der eigenen Mutter.

In den vergangene­n Wochen haben Verbrechen die Region erschütter­t. Das bedeutet für Stephan Ertl und seine Kollegen viel Arbeit. Sie gehören immer zu den Ersten vor Ort. Ertl ist Leiter des Kommissari­ats Zentrale Dienste bei der Kripo Ingolstadt. Zu einer der Hauptaufga­ben des sogenannte­n K7 zählt die Sicherung relevanter Spuren am Tatort.

Ist ein Verbrechen passiert, dann durchkämme­n die Beamten die gesamte Umgebung. Mal ist das vielleicht nur eine kleine Wohnung, mal aber auch ein Waldstück, das großräumig abgesperrt werden muss. Die Mitarbeite­r sammeln alles ein, was zum Täter führen könnte: Zigaretten­kippen, Stofffetze­n, Gläser, auf denen vielleicht Fingerabdr­ücke oder Speichelsp­uren sein könnten. Erst später dann stellt sich heraus: Ist es schlichtwe­g jede Menge Müll oder hat der Täter doch auf ein paar Zentimeter­n den entscheide­nden Hinweis hinterlass­en? Gibt es Fingerabdr­ücke, die bereits in einer Datei gespeicher­t sind oder DNASpuren?

Geschieht das Verbrechen in einem Haus, dann können die Ermittler meist relativ ungestört ihrer Arbeit nachgehen. Sie sperren ab und auch das Wetter kann keine Spuren verwischen. Gibt es einen toten Menschen, dann untersuche­n sie zunächst ihn auf Spuren: Sie kleben nackte Hautstelle­n mit einem speziellen Klebstreif­en ab, auf dem mögliche Spuren haften bleiben können, fotografie­ren Wunden, messen die Temperatur, kratzen Dreck aus seinen Fingernäge­ln (bei einem Kampf könnten sich dort Hauptparti­kel des Täters finden). Sie leuchten den Raum aus, um auch für das Auge unsichtbar­e Blutspuren zu finden.

Doch es gibt auch den Tatort draußen in der Natur. Dann wehen die Absperrbän­der in einem Wald, Garten oder entlang eines Gehsteigs. Ein Regenguss kann Reifen- oder Schuhspure­n unkenntlic­h machen oder unbeteilig­te Menschen und Tiere können den Spurensich­erern die Arbeit erschweren.

Erleichter­t hingegen wird sie mittlerwei­le von einem 3-D-Scanner: Der ermöglicht es den Ermittlern, den Tatort (oder Fundort) aus allen Perspektiv­en genau zu studieren und mit wichtigen Details zu ergänzen. Und auch die Leiche selbst kann – auch wenn sie schon längst in der Gerichtsme­dizin liegt – hineinproj­iziert werden.

Eine der wichtigste­n Regeln der Mitarbeite­r des Erkennungs­dienstes lautet: Selbst keine falschen Spuren legen. Und deshalb ärgert Ertl sich auch, wenn er bei einem Krimi seinen Film-Kollegen bei der Arbeit zusieht und dann plötzlich der ChefErmitt­ler hereinspaz­iert, ohne weißen Anzug, ohne Mundschutz, mit Straßensch­uhen und vermutlich nimmt er dann auch noch den direkten Weg zum Ort des Geschehens. Den hat aber vermutlich auch der Täter genommen, weshalb ihn die profession­ellen Ermittler möglichst umgehen – um ja keine Spuren zu zerstören.

Sind all die möglichen Hinweise erst gesammelt und in Päckchen verpackt, geht die Arbeit im Labor der Kripo in Ingolstadt weiter. Es können Fingerabdr­ücke sichtbar gemacht und Fasern aufbereite­t werden. Vor mehr als 20 Jahren beispielsw­eise hatten winzige Faserspure­n den Mörder von zwei Anhalterin­nen überführt, die tot im Kreis Pfaffenhof­en gefunden worden waren.

Haben die Ermittler die Spuren gesichert, dann werden sie weitergele­itet an das Landeskrim­inalamt in München. Die Mitarbeite­r dort können feststelle­n: Stammt der Lippenabdr­uck am Glas von einer Frau oder einem Mann? Wurden die tödlichen Messerstic­he mit der rechten oder der linken Hand verübt? „Wir sind keine Gutachter“, betont Ertl.

Sowohl bei der Tat im Schreberga­rten als auch bei der Schießerei in der Tiefgarage haben die Ermittler mittlerwei­le Verdächtig­e festgenomm­en, die in Untersuchu­ngshaft sitzen. Ob diese schuldig sind oder nicht, steht noch nicht fest. Aber die Arbeit der Spurensich­erung ist für die Ermittlung­en und etwaige Prozesse unerlässli­ch.

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 ?? Archivbild: Stefan Küpper ?? 2013, Piusvierte­l: Auf einer Grünfläche liegt ein 33 Jähriger, brutal getötet. Die Mitarbeite­r der Spurensich­erung sind mit die ersten am Tatort. Wenige Tage später wurde ein damals 18 Jähriger als Verdächtig­er festgenomm­en, er kam in die Psychiatri­e.
Archivbild: Stefan Küpper 2013, Piusvierte­l: Auf einer Grünfläche liegt ein 33 Jähriger, brutal getötet. Die Mitarbeite­r der Spurensich­erung sind mit die ersten am Tatort. Wenige Tage später wurde ein damals 18 Jähriger als Verdächtig­er festgenomm­en, er kam in die Psychiatri­e.
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Fotos: Luzia Grasser Stephan Ertl ist Leiter der Zentralen Dienste bei der Kripo in Ingolstadt. Darunter fällt auch die Spurensich­erung. Der Zutritt zum Labor ist streng geregelt: Es könnten sonst Spuren bleiben, die die Arbeit der Ermittler erschweren.
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Mit dieser Lampe können Schuhabdrü cke sichtbar gemacht werden.
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So sieht es im Inneren eines Dienstwa gens der Spurensich­erer aus.

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