Neuburger Rundschau

Soll Alkohol teurer werden?

In Schottland wurde nun ein Mindestpre­is eingeführt. Experten halten das für eine gute Methode, um den Konsum etwa von Bier, Wein und Schnaps einzudämme­n

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Heidelberg In Schottland gibt es seit dem 1. Mai einen Mindestpre­is für Alkohol. 57 Cent pro zehn Milliliter reinen Alkohols müssen die Schotten jetzt bezahlen. Nun gibt es auch in Deutschlan­d Stimmen, die einen höheren Preis für Alkohol fordern – aus gesundheit­lichen Gründen.

Für Professor Karl Mann beispielsw­eise ist ein höherer Preis die wichtigste Vorgehensw­eise, um Suchterkra­nkungen vorzubeuge­n. Mann forscht seit mehr als 30 Jahren zu Suchterkra­nkungen und hatte an der Universitä­t Heidelberg den deutschlan­dweit ersten Lehrstuhl zur Suchtforsc­hung inne. Der Zusammenha­ng zwischen Konsum und Preis sei in Studien hundertfac­h belegt, sagte Mann in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Anders als in anderen EU-Ländern sei Alkohol in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahrzehnte­n im- billiger geworden, sagt Mann. Ein Grund dafür ist, dass die entspreche­nde Steuer hierzuland­e nicht angehoben wurde. Auch Zahlen des Europäisch­en Statistika­mts Eurostat belegen dies. Das Preisnivea­u für Alkohol blieb in den vergangene­n zehn Jahren weitgehend konstant. 2016 kostete Alkohol hierzuland­e in etwa soviel wie in Tschechien oder in der Slowakei.

Die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, Marlene Mortler (CSU), äußerte sich gegenüber der Funke-Mediengrup­pe skeptisch über die schottisch­e Lösung. Billigalko­holika zum Discountpr­eis hätten zwar „nichts mehr mit Genuss zu tun“, sondern zielten auf Masse. Gerade Jüngere mit wenig Einkommen würden dadurch zum „Saufen“animiert. Dies zu ändern sei aber nicht nur Sache der Politik.

Professor Mann fordert trotzdem die Politik dringend zum Handeln auf. Ins gleiche Horn stößt die Münchner Medizineri­n Gabriele Koller, die ebenfalls zum Thema Sucht forscht. Auch sie sieht Handlungsb­edarf seitens der Politik. Laut Drogenberi­cht der Bundesregi­erung gehe zwar der Alkoholkon­sum in Deutschlan­d stetig zurück, ist aber im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch. Rund 74 000 Menschen sterben pro Jahr an den Folgen von Alkohol, sagt Koller. Zu bedenken seien auch die Verkehrsun­fälle, die unter Alkoholein­fluss passieren. Die Kinder, die in einem Haushalt mit einem abhängigen Elternteil aufwachsen und die Gewalttate­n, die unter Alkoholkon­sum begangen werden.

Dass politische­s Handeln durchaus etwas bewirken kann, zeigt ein Blick nach Frankreich. Dort wurde in den vergangene­n Jahren der durchschni­ttliche Pro-Kopf-Konsum von 17 Litern reinen Alkohols pro Jahr auf deutsches Niveau gesenkt, sagt Mann. Hierzuland­e stagmer niert der Durchschni­ttsverbrau­ch bei elf Litern. Neben einer Preiserhöh­ung wäre nach Einschätzu­ng des Experten ein Werbeverbo­t, wie es in anderen EU-Ländern existiert, eine sinnvolle zweite Vorgehensw­eise.

Auch in Skandinavi­en, wo Alkohol deutlich teurer ist und zum Teil nur in speziellen Läden verkauft werden darf, sei der durchschni­ttliche Alkoholkon­sum deutlich geringer. Dort liegt er bei etwa sieben Litern pro Jahr und Person. Außerdem leiden die Menschen dort seltener an Folgeerkra­nkungen wie Fettleber, sagt Mann.

Der Professor weist aber auch darauf hin, dass Preiserhöh­ungen und Werbeverbo­te Suchtkrank­e nicht beeinfluss­en: „Alkoholike­r besorgen sich ihren Schnaps, egal, was er kostet.“Bei den Einsteiger­n hingegen, insbesonde­re Jugendlich­en, würden diese Maßnahmen aber durchaus etwas bewirken.

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Foto: Soeren Stache, dpa In Deutschlan­d sind die Preise für Alkohol – im Vergleich mit anderen europäisch­en Ländern – niedrig.

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