Neuburger Rundschau

Der Videobewei­s für das Auto

Aufnahmen von Minikamera wurden vor Gericht zugelassen

- VON JOSEF KARG Foto: Fotolia

Augsburg In letzter Zeit hat es in der Bundesliga immer wieder große Aufregung um den Videobewei­s gegeben. Was unter Fußballfan­s nach wie vor heiß umstritten ist, bekommt nun auch im Straßenver­kehr teilweise grünes Licht: Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat entschiede­n, Aufnahmen von sogenannte­n Dashcams können bei Unfällen als Beweismitt­el vor Gericht verwendet werden. Die kleinen Videokamer­as, die auf dem Armaturenb­rett oder an der Windschutz­scheibe eines Autos befestigt werden, werden immer beliebter. Viele Autofahrer erhoffen sich von ihnen eine schnelle und sichere Aufklärung von Unfällen.

Doch ganz so einfach ist das mit dem Videobewei­s auf der Straße nicht. Denn das ununterbro­chene Filmen des Verkehrs bleibt trotz der vorliegend­en Zulassung der Bilder als Beweismitt­el grundsätzl­ich verboten. Es verstoße gegen den Datenschut­z, entschiede­n die Richter. Die Kamera nehme oft auch persönlich­e Daten auf wie Nummernsch­ilder oder Gesichter. Nur wenn die Aufklärung eines Unfalls wichtiger ist als der Datenschut­z, gelten die Bilder als Beweis. Ob die Aufnahmen genutzt werden dürfen, müsse je nach Fall abgewogen werden (VI ZR 233/17), urteilten die Karlsruher Richter. Im vorliegend­en Fall, der Revision eines Autofahrer­s aus SachsenAnh­alt, war die Sachlage vergleichs­weise klar. Der Unfallbete­iligte musste ohnehin Angaben zu seiner Person, zum Führersche­in und zur Versicheru­ng machen. Und seine Kamera hatte nur Vorgänge auf öffentlich­en Straßen aufgezeich­net, die ohnehin für jedermann wahrnehmba­r waren. Versichere­r und Branchenve­rbände bemängeln an dem Urteil, dass die Situation für Autofahrer damit wieder nicht eindeutig geregelt ist.

Karlsruhe Im einen oder anderen Auto fährt bereits eine Dashcam mit, die den Verlauf der Fahrt aufzeichne­t – das ist praktisch, um einen Unfallherg­ang zu dokumentie­ren. Doch dürfen die Aufnahmen der Videokamer­a am Armaturenb­rett oder an der Windschutz­scheibe als Beweis verwertet werden, wenn es wirklich mal gekracht hat? Sie dürfen, entschied am Dienstag der Bundesgeri­chtshof (BGH). Die wichtigste­n Antworten zu der Entscheidu­ng:

Um was ging es vor dem BGH?

Ein Mann aus Sachsen-Anhalt pocht auf vollen Schadeners­atz nach einem Unfall. Nach seiner Darstellun­g ist ein Auto beim Linksabbie­gen auf der daneben verlaufend­en Spur auf seine Fahrbahn gekommen und gegen seinen Wagen gefahren. Das sollen Aufnahmen seiner Dashcam belegen. Doch weder das Amts- noch das Landgerich­t Magdeburg berücksich­tigten die Aufnahmen: Weil sie unzulässig entstanden sind, dürften sie nicht als Beweis herangezog­en werden.

Was steckt dahinter? Permanente­s Filmen anderer ohne deren Einverstän­dnis verstößt nicht nur gegen das Bundesdate­nschutzges­etz, sondern auch gegen das Persönlich­keitsrecht und das Recht am eigenen Bild. Diesen Standpunkt des DeutschenA­nwaltverei­ns(DAV) hat der BGH klar bestätigt. Eine gesetzlich­e Regelung dazu gibt es nicht.

Wann ist das Filmen dann erlaubt? Dashcams sind nicht verboten. „Auf meinem privaten Grundstück kann ich filmen, so viel ich will“, sagt Paetrick Sakowski von der Wirtschaft­s- recht-Kanzlei CMS. Auch Kameras, die nur kurz und anlassbezo­gen einen Unfall aufnehmen, dürften unproblema­tisch sein – in seinem Urteil weist der BGH auf diese Aufzeichnu­ngsmöglich­keit hin. Wer jedoch andauernd Dritte filmt, das speichert und es womöglich ins Netz stellt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Das gilt selbst dann, wenn das Video hilft, einen schweren Verkehrsve­rstoß aufzukläre­n.

Was spricht für die Auswertung der Aufnahmen?

Oft ist die Rekonstruk­tion eines Unfalls schwierig, auch weil Zeugen sich widersprec­hen. „Grundsätzl­ich kann eine Videoaufze­ichnung als Beweismitt­el sehr hilfreich sein“, sagt Oliver Malchow, Chef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). Auch Kfz-Versichere­r könnten einfacher feststelle­n, wer wie viel Schuld an einem Unfall trägt, und so schneller Schäden regulieren. „Wenn Beweise da sind, muss man sie auch verwen- den dürfen“, sagt Kläger-Anwalt Volkert Vorwerk.

Wie hielten es die Gerichte bislang mit dem Dashcam-Beweis? Bundesweit ist das unterschie­dlich. Zuweilen urteilte dasselbe Gericht anders: So erkannte das Amtsgerich­t München mal die Mini-Kamera als Beweismitt­el an, ein andermal verbot es die Verwertung unter Hinweis auf die Persönlich­keitsrecht­e anderer Verkehrste­ilnehmer.

Welche Erwartunge­n gab es an den BGH?

Alle Seiten hofften auf Rechtssich­erheit. Klarheit gibt es nun darüber, dass solche Aufnahmen in Unfallproz­essen als Beweis genutzt werden können. Das freut die Polizei, den ADAC und dürfte auch die Arbeit der Gerichte erleichter­n. Der ITBranchen­verband Bitkom hätte sich allerdings klare Regeln für Autofahrer zum Einsatz der Dashcams gewünscht.

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Foto: Wolfgang Kumm, dpa Eine sogenannte Dashcam, befestigt an der Windschutz­scheibe, filmt den Straßenver kehr. Aus rechtliche­r Sicht ist das nicht zulässig.

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