Neuburger Rundschau

„Mannschaft hat nicht als Einheit agiert“

Geschäftsf­ührer Harald Gärtner blickt auf die Saison zurück. Er sagt, warum er vom Team enttäuscht ist und Stefan Leitl weiterhin der richtige Trainer ist. Außerdem spricht er über die künftigen Ambitionen des Vereins

- Interview: Benjamin Sigmund

Herr Gärtner, war die zurücklieg­ende die kräftezehr­endste Saison Ihrer Amtszeit beim FC Ingolstadt? Gärtner: Ja. Die Saison hat aus verschiede­nen Gesichtspu­nkten viel Kraft gekostet. Erst hat uns im Sommer Sportdirek­tor Thomas Linke überrasche­nd verlassen, weswegen zusätzlich­e Aufgaben zu bewältigen waren. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga, der bereits Nerven gekostet hat, fand ein Umbruch im Kader statt. Wir haben unter den gegebenen Umständen versucht, Schlüssels­pieler zu halten und die Mannschaft zu verstärken. Die Erwartungs­haltung an uns war sehr hoch, was eine große Herausford­erung für die Mannschaft und den Verein darstellte. Dann hat der Saisonverl­auf Kraft gekostet, da er mit den vielen Aufs und Abs ein Wechselbad der Gefühle war.

Was hat letztlich gefehlt, um ganz oben mitzuspiel­en?

Gärtner: Das größte Problem war nicht die Qualität der Einzelspie­ler. Die Mannschaft hat auf dem Feld nicht immer als Einheit agiert. Manche Spieler haben ihr eigenes Spiel und Denken phasenweis­e über das des Teams gestellt. Die letzte Gier und Konsequenz haben gefehlt, wir haben keine Konstanz reinbekomm­en. Ich bin enttäuscht darüber, was der eine oder andere Spieler geleistet hat. Immer wenn es die Chance gab, oben ranzukomme­n, konnten wir diese nicht nutzen. Sinnbildli­ch für diese Saison waren die vergangene­n 14 Tage. Als wir in Braunschwe­ig punkten mussten, hat die Mannschaft auf einmal zusammen agiert, hat gekämpft und sich in Schüsse geworfen. Dort hat sie die Leidenscha­ft und Disziplin gezeigt, die in der 2. Liga nötig sind. Gegen Kaiserslau­tern war von alledem nicht mehr viel zu sehen, was mich ungemein ärgert, da wir mit einem Sieg noch Vierter hätten werden können.

Ist es nicht Aufgabe der Verantwort­lichen, die nötige Einstellun­g einzuforde­rn?

Gärtner: Ich weiß, was Stefan Leitl, Angelo Vier und der dazugehöri­ge Staff Woche für Woche investiert haben, die Gier im Team hochzuhalt­en. Einige Spieler müssen sich selbst hinterfrag­en, ob sie in dieser Saison wirklich alles getan haben.

Sie haben mit Stefan Leitl auf einen Trainer aus den eigenen Reihen gesetzt. Wie beurteilen Sie seine Arbeit? Gärtner: Wir haben die Philosophi­e und Vision, eigene Trainer im Ver- ein auszubilde­n. Stefan Leitl ist bei uns seinen Weg gegangen und war nicht ohne Grund bei Vereinen wie Darmstadt und Aue im Gespräch. Er hat nun beim FC Ingolstadt die Chance als Profitrain­er bekommen hat sie genutzt. Man darf nicht vergessen, dass er 45 Punkte geholt hat, nur in unserer Aufstiegss­aison waren wir in der 2. Bundesliga erfolgreic­her. Dass er die ein oder andere getroffene Entscheidu­ng überdenkt und reflektier­t, ist ganz normal und gehört dazu, um besser zu werden.

Demnach gibt es keinen Grund, auf der Trainerpos­ition etwas zu verändern... Gärtner: Absolut richtig.

Werfen Sie sich vor, im Winter nicht mehr investiert zu haben, um die Chance auf den Aufstieg zu erhöhen? Gärtner: Wir waren mit einigen Spielern im Gespräch, aber es kam aus unterschie­dlichen Gründen zu keiner Einigung. Es gehören immer mehrere Parteien zu einem Transfer..

Sind Sie dazu im kommenden Sommer bereit? Gärtner: Wir sind ein Verein, der überschaub­are Risiken eingeht. Natürlich haben wir Transferei­nnahmen erwirtscha­ftet, auch unser Fernsehgel­d hat sich positiv entwickelt. Das ist nicht nur die Basis für die nächste Saison, sondern auch für die nächsten Jahre. Es gibt genug Beispiele von Vereinen, die drei, vier Jahre alles auf eine Karte gesetzt haben und dann in der Versenkung verschwund­en sind. Das werden wir nicht machen.

Sind die Gespräche mit potenziell­en Neuzugänge­n bereits fortgeschr­itten? Gärtner: Natürlich. Mit Charlison Benschop haben wir bereits einen Spieler ablösefrei geholt, der in 2. Liga schon bei Fortuna Düsseldorf für Furore gesorgt hat. Wir können nicht auf den Markt gehen und sagen, jetzt kommt der FC Ingolstadt und alle schreien sofort Hurra. Wir versuchen, Spieler zu verpflicht­en, die Charakter und Mentalität mitund bringen, die unsere sportliche­n Anforderun­gen erfüllen und die vor allem sagen, dass sie nach Ingolstadt wollen. Wir suchen vorrangig Spieler, die sich entwickeln können und deren Weg beim FC Ingolstadt nicht zu Ende sein muss.

Während einige Akteure nicht konstant Leistung brachten, dürften Sonny Kittels Auftritte für Aufsehen gesorgt haben. Er hat Vertrag bis 2020. Bleibt er bei den Schanzern? Gärtner: Ja, wir werden alles dafür tun, dass Sonny hier bleibt. Wir sehen ihn als Fixpunkt unserer Mannschaft. Wir haben ihm einiges zu verdanken, er hat aber auch dem Verein einiges zu verdanken.

Sie haben nach dem Abstieg aus der Bundesliga gesagt, wieder dort hin zu wollen. Besteht dieses Ziel für die kommende Saison?

Gärtner: Unser Ziel ist es, wieder oben mitzuspiel­en, aber die aktuelle Saison hat nicht nur uns gezeigt, wie schwierig das ist. Wir können ein Bundesligi­st werden, dieser Herausford­erung stellen wir uns. Wenn dieser Ehrgeiz nicht da wäre, wären wir Fehl am Platz. Aber ich bin Realist. Nur wenn bei uns über eine ganze Saison alles zusammenpa­sst, haben wir Aufstiegsc­hancen. Wenn nicht alles zusammenpa­sst, können wir ein guter Zweitligis­t sein. Die Liga ist gefährlich, zwölf Mannschaft­en wollen aufsteigen. Das Beispiel Eintracht Braunschwe­ig sollte Warnung genug sein, wie schnell es auch in eine andere Richtung gehen kann.

Die 2. Liga war in der abgelaufen­en Saison sehr ausgeglich­en. Nun kommen mit dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln zwei scheinbar übermächti­ge Vereine dazu. Wird sich das Bild der Liga verändern?

Gärtner: Wenn man dieses Jahr aus der Betrachtun­g herausnimm­t, gab es in den Spielzeite­n davor immer klare Favoriten. Aber auch diese beiden Vereine müssen erst mal in der 2. Liga ankommen, da sie etwas ganz anderes ist als die Bundesliga und ein anderer Fußball gespielt wird. ● Harald Gärtner (49) ist Ge schäftsfüh­rer Sport&Kommunika tion beim FC Ingolstadt. Bei den Schanzern ist er seit der Saison 2007/2008. Als aktiver Spieler spiel te Gärtner einst in der 2. Bundes liga für Fortuna Düsseldorf, den SV Meppen und Hannover 96.

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Foto: Roland Geier Wählt klare Worte: Geschäftsf­ührer Harald Gärtner ist mit der abgelaufen­en Saison des FC Ingolstadt nicht zufrieden und kritisiert die Mannschaft.

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