Neuburger Rundschau

Die Familie hinter der fürstliche­n Brauerei

Carl-Eugen Erbprinz zu Oettingen-Wallerstei­n leitet die Unternehme­n des adeligen Hauses. Bier braut dieses bereits seit 1598

- VON MARTINA BACHMANN

Nördlingen In genau einer Woche startet im Ries das größte Volksfest Nordschwab­ens, die Nördlinger Mess’. Die Vorfreude ist groß: auf eine frisch gegrillte Mess’-Wurst, auf ein Zwiebelspi­tzle, von dem Zugereiste behaupten, es wäre eine Art Semmel mit Röstzwiebe­ln drin. Und wenn dazu noch ein frisches, kühles Bier im Maßkrug schäumt, dann ist das Leben wieder ausgezeich­net. Nur zwei Brauereien dürfen auf der Mess’ ihre Biere ausschenke­n: Maier-Bier und das Fürstliche Brauhaus Wallerstei­n.

Dessen Chef, Carl-Eugen Erbprinz zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstei­n, kann man auf der Mess’ durchaus zwischen Zelt und Wurfbude treffen. Oder an einem normalen Wochentag in der Nördlinger Fußgängerz­one. Und das hat zu Beginn im Ries für Gesprächss­toff gesorgt. Die Familie zu Oettingen-Wallerstei­n hat ihren Stammsitz in der Gemeinde Wallerstei­n, unweit von Nördlingen. Der Großvater des derzeitige­n Unternehme­nslenkers, Carl Friedrich zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstei­n, überwachte von dort die Geschäfte der familienei­genen Unternehme­n. Manche berichten, dass vor ihm und seiner Frau Delia noch geknickst wurde.

Der Enkel pflegt einen anderen Stil – und ist mit Büros der fürstliche­n Verwaltung in die Nördlinger Altstadt gezogen. Der 48-Jährige meldet sich am Telefon mit einem einfachen „Wallerstei­n“, seine E-Mails beantworte­t er meist selbst. Als Kind lebte Carl-Eugen zu Oettingen-Wallerstei­n mit seinen Eltern unter anderem in den USA. Er besuchte zunächst ein Internat, studierte dann Betriebswi­rtschaftsl­ehre: „Ich wollte in der Lage sein, mein eigenes Geld zu verdienen.“Das tat er auch als Unternehme­nsberater. Sein voller Name, so meint er rückblicke­nd, sei in diesem Bereich eher hinderlich gewesen. Ein Prinz, der kommt, um den Betrieb auf Vordermann zu bringen?

Als Nachfolger für seinen Großvater war Carl-Eugen zu OettingenW­allerstein damals schon vorgesehen. Druck, wieder ins Ries zurückzuke­hren, habe er aber nicht gespürt, sagt er heute. „Meine Eltern haben sich weder bei der Entscheidu­ng eingemisch­t, was ich studiere, noch, was ich arbeite.“Er hätte das Erbe auch ausschlage­n können, sich nicht einreihen müssen in die Namen derer, die die Geschicke des Hauses beziehungs­weise seiner Unternehme­n in den vergangene­n Generation­en geprägt haben. Und doch hat er es mit 35 Jahren getan.

Das Erbe umfasst zum einen das Brauhaus, dessen Bier nicht nur auf der Nördlinger Mess’ getrunken wird. Mehrere Sorten werden in Wallerstei­n gebraut. Im Vergleich zum Biergigant­en Oettinger in der Nachbarsch­aft ist die Produktion­s- menge von durchschni­ttlich 60000 Hektoliter­n pro Jahr gering. Oettingen-Wallerstei­n sagt es so: „Wir brauen Craft Beer seit über 400 Jahren.“Genauer seit 1598. Und zwar mit Erfolg: Obwohl der Biermarkt schrumpft, wächst das Fürstliche Brauhaus Wallerstei­n um fünf bis zehn Prozent pro Jahr. Um das moderne Marketing, heißt es hinter vorgehalte­ner Hand, kümmert sich der Chef auch mal persönlich und postet auf dem Instagram-Account des Fürstliche­n Brauhauses. Bier ist für ihn ein emotionale­s Produkt. Wenn die Handwerksk­unst aus einfachen Dingen etwas Gutes macht, ist er begeistert. Jedes Jahr soll das Bier gleich schmecken, egal wie die Hopfen- oder die Gerstenern­te war. „Bei einem Wein ist das völlig normal, wenn ein Jahrgang anders schmeckt als der vorherige“, sagt zu Oettingen-Wallerstei­n. Da brauche es viel Gefühl von den Braumeiste­rn. Auch die trifft man auf der Mess’, konkret im Sixengarte­n, der vom Brauhaus bewirtet wird.

Neben dem Bier spielt der Forst eine wichtige Rolle. Knapp 11000 Hektar Landbesitz gehören der Familie zu Oettingen-Wallerstei­n, 70000 Festmeter Holz werden pro Jahr verkauft. Zum Beispiel an den Papierhers­teller UPM in Augsburg. Der Wald, meint zu OettingenW­allerstein, mache extrem demütig. Wird ein Baum im Jahr 2018 gepflanzt, fällt ihn ein anderer im besten Fall um das Jahr 2100. Oder anders ausgedrück­t: Auf den Gewinn muss man bei diesem Investment so lange warten, dass vielleicht erst die Enkel davon profitiere­n. Auch im Forst will zu Oettingen-Wallerstei­n neue Wege gehen. Die Förster arbeiten mit Tablets, die Mitarbeite­r bekommen ihre Aufträge aufs Handy geschickt. Derzeit wird auch eine Drohne getestet. Die fliegt mit einer Kamera mehrmals über die Bäume, im besten Fall bei gleichen Lichtbedin­gungen. Vergleicht man die Bilder, können Experten beispielsw­eise erkennen, ob sich der Borkenkäfe­r an einer Stelle ausbreitet. Zu Oettingen-Wallerstei­n sagt: „Wir testen, ob wir die Technik für uns nutzen können. Ich bin überzeugt, dass diese Technik für uns eine Rolle spielen wird, es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis diese für uns praxistaug­lich ist.“

Der Wald der fürstliche­n Familie ist aber nicht nur eine Art Holzliefer­ant. Für viele Menschen ist er ein ganz besonderer Ort, auch dank Carl-Eugen zu Oettingen-Wallerstei­n. Der 48-Jährige hatte die Idee, auf seinem Land letzte Ruhestätte­n anzubieten. Auf der Ostalb bei Lauchheim und im Landkreis Donau-Ries bei Harburg können sich Menschen in einem bestimmten Abschnitt im Wald ein Fleckchen unter einem Baum aussuchen, an dem eines Tages ihre Urne begraben wird. Immer wieder werde er auf die Waldruh Naturbesta­ttung angesproch­en, sagt zu Oettingen-Wallerstei­n. Es sind Gespräche, in denen es fast selbstvers­tändlich schnell persönlich wird, geht es doch um die eigene Endlichkei­t. Viele bedankten sich, dass die fürstliche Familie solche letzte Ruhestätte­n anbietet, sagt der Unternehme­nschef. Und mancher schütte ihm sein Herz aus.

Es ist eine weite Spanne vom Lebensende eines Menschen über die Forstwirts­chaft zum Bier, nicht zu vergessen die Immobilien der Familie oder ihre Windräder. Doch es ist genau das, was zu Oettingen-Wallerstei­n gefällt – die Vielfalt der Themen. Vermutlich wird er noch das eine oder andere draufpacke­n, das Erbe seiner Familie weiterentw­ickeln. Der Wappenspru­ch der Oettingen-Wallerstei­ner lautet „Wachsamkei­t und Treue“. Die Treue ergibt sich durch die Historie der vergangene­n Jahrhunder­te fast schon von selbst. Die Wachsamkei­t ist es, die Carl-Eugen zu OettingenW­allerstein antreibt: Man müsse in der heutigen, schnellleb­igen Zeit nicht alles mitmachen. Doch man müsse die Dinge bewusst in Angriff nehmen.

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Foto: Wiebe Carl Eugen Erbprinz zu Oettingen Oettingen und Oettingen Wallerstei­n leitet die Unternehme­n der Familie. Dazu gehört auch das Fürstliche Brauhaus.
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